Rhosmari - Retterin der Feen
hätten sie Fremde sein können.
»Nun«, sagte ihre Mutter, als der letzte Krümel des Beerenkuchens verspeist und die goldenen Teller abgetragen waren. »Ich habe darüber nachgedacht, was wir jetzt, wo Garan weg ist, tun sollen.«
»Tun?«, wiederholte Rhosmari.
»Ich denke, es wäre voreilig, sofort eine neue Verlobung für dich zu arrangieren, aber vielleicht in ein paar Monaten …«
Rhosmari hatte die Finger fest um ihre Serviette geschlossen und zerknüllte sie. »Also darüber willst du mit mir sprechen? Über einen neuen Ehevertrag? Du findest, ich bin dafür alt genug, aber noch zu jung für einen Ausflug ans Festland, obwohl ich ausgelost wurde?«
»Ein solcher Ausflug ist keine Frage des Alters«, erwiderte Lady Celyn. »Der Zeitpunkt passt einfach nicht. Vielleicht beim nächsten Mal.«
Das klang zwar vernünftig, doch wussten sie beide, dass es Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern konnte, bis Rhosmaris Name wieder gezogen wurde. »Aber ich verstehe das nicht«, sagte Rhosmari. »Warum passt die Zeit für Fioled, aber nicht für mich?«
»Weil Fioled nicht meine Tochter ist«, sagte Celyn sanft, doch war der warnende Unterton ihrer Stimme nicht zu überhören. »In der Welt der Menschen lauern schlimme Gefahren, von denen du nichts weißt.«
»Ich bin sechzehn«, sagte Rhosmari, »und ich lasse mich zur Wissenschaftlerin ausbilden. Ich bin nicht so unwissend …«
»Aber von einigen Dingen weißt du nichts«, fiel Lady Celyn ihr ins Wort, »und das bleibt hoffentlich auch so. Ich will über meine Entscheidung auch gar nicht mit dir diskutieren. Ich gehöre zu den Ältesten und bin deine Mutter und es ist deine Pflicht, dich meinem Urteil zu beugen.«
Rhosmari wusste, dass sie jetzt besser den Mund hielt. Sie senkte den Blick.
»Außerdem«, fuhr ihre Mutter fort, »befinden wir uns gerade in einer angespannten Situation und wir Ältesten müssen viele Entscheidungen treffen. Vielleicht müssen wir unsere Besuche der Welt der Menschen für einige Zeit aussetzen, um uns auf wichtigere Dinge zu konzentrieren.«
»Wie zum Beispiel?«, fragte Rhosmari, ohne im Grunde eine Antwort zu erwarten.
»Wie wir den Namensstein wiederbekommen können«, sagte Lady Celyn.
Rhosmaris Überraschung gewann die Oberhand über ihren Unmut. »Du glaubst, das geht?«
»Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig. Sein Verlust hat unser Volk in einen Aufruhr der Gefühle versetzt. Mit seiner Kraft ist eine Menge Aberglauben verbunden und viele halten sein Verschwinden für ein schlechtes Vorzeichen. Einige behaupten sogar, Rhys sei zornig auf uns und habe uns verflucht.« Lady Celyn lehnte sich zurück und der Bernsteinanhänger an ihrem Hals funkelte im Licht des Feuers. »Man wirft den Ältesten vor, sie hätten nicht auf den Stein aufgepasst und Garan und seine Leute fliehen lassen. Sogar von einer Verschwörung zum Schutze Garans ist die Rede und alle, die ihm nahestanden, werden verdächtigt … auch du.«
Ein kalter Schauer überlief Rhosmari. »Ich? Warum?«
»Man hat dich gesehen, wie du unter vier Augen mit Garan gesprochen hast, kurz bevor er den Ältesten seinen Verrat gestand und verschwand.«
»Er bat mich, der Auflösung unserer Verlobung zuzustimmen! Das weiß doch jeder!«
»Schon, aber manche meinen, du hättest bestimmt gewusst, was dahintersteckt. Er wollte die Verlobung auflösen, kurz nachdem Timothy und Linde bei uns waren, um uns um Hilfe im Krieg gegen die Kaiserin zu bitten. Du hast doch sicher vermutet, dass etwas nicht stimmt?«
Das hatte Rhosmari tatsächlich, aber in anderer Weise, als die übrigen Feen zu glauben schienen. Ich kann dich nicht lieben, wie man es in einer Ehe sollte, hatte Garan gesagt, und es wäre falsch, mich dir zu versprechen, wenn mein Herz nicht dir gehört . Wie hätte Rhosmari das verstehen sollen? Doch nur so, dass die schöne Linde mit ihren großen Augen Garan den Kopf verdreht hatte und er lieber mit ihr zusammen sein wollte.
Erst als Garan sich zum Diebstahl des Namenssteins bekannt hatte und verschwunden war, um dem Eichenvolk zu helfen, hatte Rhosmari ihren Irrtum erkannt. Nur weil man sich, und sei es noch so stark, zu jemandem hingezogen fühlte, den man gerade kennengelernt hatte, verriet man nicht sein Volk, stürzte seine Familie in Schande und verließ die einzige Heimat, die man je gehabt hatte. Und erst recht nicht konnte man mit einem solchen Grund siebenunddreißig weitere Feen zum Mitkommen überreden.
»Ich habe Garan ap Gwylan in keiner
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