Richard Castle
getragen“, sagte sie und sah vor ihrem geistigen Auge, wie die Handschuhe den Gewehrgriff umfassten.
„Wir haben keine Garantie, dass uns das weiterbringt“, warnte Raley. „Der Handschuh ist klitschnass und sieht so aus, als hätte ihn ein Hund als Kauspielzeug benutzt oder so was in der Art. Aber es befinden sich eindeutig Blut- und Schmauchspuren daran. Das Labor untersucht ihn auf Fingerabdrücke, sowohl von innen als auch von außen, und natürlich auch auf DNA.“
„Gute Arbeit, Sie beide. Geben Sie das auch an Malcolm und Reynolds weiter.“
„Nein“, widersprach Ochoa. „Für diese Entdeckung heimsen wir die Lorbeeren ein.“
Rook konnte die Veränderung in ihr sehen, als er aus seinem Büro zu ihr kam. „Wir fliegen immer noch“, sagte er. Sie erzählte ihm von dem Handschuh, und seine Reaktion lautete: „Wir fliegen immer noch.“
„Aber ich fühle mich, als würde ich mich verantwortungslos verhalten. Als ob ich in der Nähe bleiben sollte, falls sich bei den Ermittlungen etwas Entscheidendes ergibt.“
„Du bist vom Dienst freigestellt. Und was willst du schon tun, vor der Tür der Spurensicherung sitzen und jede halbe Stunde ‚Beeilt euch‘ rufen?“ Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. „Nikki, wir haben das doch gestern Abend besprochen. Erinnerst du dich an Boston? Dank dieser Reise konnten wir am Ende Nicole identifizieren und sie mit deiner Mom in Verbindung bringen. Das war ein gewaltiger Schritt nach vorn.“
„Also gut“, sagte sie. „Wir fliegen immer noch.“
„Ausgezeichnet. Denn der wahre Grund für meine Beharrlichkeit ist, dass das Geld für die Tickets nicht erstattet wird.“
Ihr Nachtflug brachte sie um sechs Uhr am nächsten Morgen zum Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle. Beide waren an Bord des Flugzeugs tief und fest eingeschlafen, aber Rook hatte vorsichtshalber bereits für den Tag zuvor ein Hotelzimmer reserviert und bezahlt, damit sie sich ein wenig ausruhen und akklimatisieren konnten, ohne den Zeitpunkt für das nachmittägliche Einchecken abwarten zu müssen. „Hübsch“, kommentierte Nikki auf ihrer Aufzugfahrt nach oben.
„Ich weiß, dass es nicht das George V. ist und der Name Washington Opéra nicht sehr französisch klingt, aber was Boutique-Hotels angeht, ist das hier ein echter Geheimtipp.“ Rook erklärte ihr, dass das elegante Gebäude das ehemalige Stadthaus von Madame de Pompadour gewesen sei, und Nikki musste unwillkürlich an die Arbeit ihres Vaters denken, als er in seinen frühen Zwanzigern nach Europa kam, um genau solche Anwesen zu finden, in die seine Vorgesetzten investieren konnten, um sie schließlich umzubauen. Der Gedanke beruhigte und verunsicherte sie zugleich. Sie dachte über die Botschaft ihres Therapeuten nach, dass sie sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen sollte, der sie aus dem Weg gegangen war, und akzeptierte, dass diese Reise gemischte Gefühle beinhalten würde, die sie eben empfinden musste.
In ihrem Zimmer öffnete Rook die Fensterläden, um ihr die älteste Bäckerei in Paris auf der anderen Straßenseite zu zeigen. Der Anblick versprach für jeden Morgen warme Croissants und
pain au chocolat
. „Der Louvre befindet sich nur ein paar Blocks in dieser Richtung“, sagte er und deutete nach links. „Die Opéra liegt zu unserer Rechten und hinter dem Hotel geht es in die Gärten des Palais Royale. Bitte leinen Sie Ihren Hund an.“
„Wenn wir wegen der Sehenswürdigkeiten hier wären, wäre das alles ganz wundervoll“, bemerkte sie. „Oder fällt das unter deine recht lockere Definition des romantischen Ausflugs im Rahmen der Ermittlung?“
„Paris? Wie kannst du von Romantik sprechen, während wir in Paris sind? Wir haben jede Menge Arbeit zu erledigen. Du hast die Telefonnummer von Nicoles Eltern, und sobald die Uhr neun schlägt, rufen wir sie an.“
„Bis dahin ist es noch eine halbe Stunde.“
„Dann würde ich vorschlagen, dass wir uns ausziehen und einen Quickie einschieben.“
„Wie romantisch.“
„Paris, Baby“, erwiderte er, und dann jagten sie sich nackt durchs Zimmer.
NEUN
Lysette Bernardin nahm Heats Anruf entgegen. Sie klang erschöpft und schwach, was Nikki jedoch nicht ihrem Alter, sondern der schrecklichen Trauer zuschrieb, die sie im Laufe ihrer Karriere in den Stimmen so vieler Familienmitglieder von Mordopfern gehört hatte. Die alte Frau sprach ausgezeichnetes Englisch, und ihre Stimmung hellte sich auf, als sie erfuhr, dass es sich bei der
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