Richard Dübell
kamen gedämpft die Geräusche eines üppigen Frühstücks, das ohne sie beide stattfand.
»Willst du Maier anrufen?«
Peter schüttelte den Kopf. »Mit nichts als einer Ahnung, dass Konstantin Heigl in Wirklichkeit Blofeld ist und die Mission beendet, die sein Vater angefangen hat? Nein, ganz bestimmt nicht.«
»Was dann?«
»Flora, was ich gestern gesagt habe, stimmt immer noch: Eigentlich ist das unser Fall und nicht der der Münchner Kollegen, was immer Harald sagt oder meint. Wir sind uns ziemlich sicher, dass Eric Heigl Blofelds Komplize ist, aber nicht das Hirn hinter den Raubüberfällen. Das ist Blofeld. Wir sind uns auch sicher, dass es Blofeld nicht um irgendwelche historischen Artefakte geht, sondern nur um den Hochzeitsschmuck von Herzogin Hedwig. Dass er in Wittenberg andere Schaukästen ausgeräumt hat, diente nur dazu, sein eigentliches Ziel zu verschleiern. Wäre der Hochzeitsschmuck nicht ausgerechnet an dem Tag, an dem er seinen Überfall geplant hatte, ausgelagert gewesen, stünden wir heute gar nicht hier. Eric Heigl ist also nicht in die Sache verwickelt, weil er einen Sanka fahren kann und Geld braucht wegen des Pflegeheims, in dem sein Vater untergebracht ist, sondern weil das eine Familienangelegenheit ist. Und es geht nicht darum, den Schmuck zu Geld zu machen oder ihn im Tresor eines skrupellosen Sammlers zu verstecken, sondern um die offizielle Stellungnahme zu erzwingen, dass Heigls Vorfahr den Schmuck nicht gestohlen hat. Es geht um die Rehabilitation des Familiennamens vor der Geschichte! Gott, ist das nicht krank? Tristan Heigl hat seine Frau damit in den Tod getrieben, und sein Sohn Konstantin hat dafür schon zwei Morde begangen!«
»Widerspricht das aber nicht dem, was wir wissen? Dass Konstantin sich von der Familie distanziert hat?«
»Aber Konstantin ist der, der in Passau Mediävistik studiert hat! Das stand in mehreren Zeitungsartikeln, die damals verfasst wurden und die mein Pa aufgehoben hat. Der alte Heigl ist ein gebildeter Laie; Eric hat wegen seiner Legasthenie nie ein Studium aufgenommen – nur Konstantin hat das zum Lebensinhalt gemacht, was seinen Vater ein Leben lang umtrieb.«
»Er scheint seinen Vater doch aber als Jugendlicher abgelehnt zu haben.«
»Und jetzt sitzt sein Vater als vom Schlaganfall gezeichnetes Wrack im Pflegeheim. Vielleicht hat er umgedacht. Vielleicht hat Tristan Heigl ihn aber auch damals schon auf seine Seite gezogen.«
Flora musterte ihn lange, dann wandte sie sich ab und schaute in das Laub der alten Bäume hinaus, die die Sicht auf den riesengroßen Parkplatz der Grieserwiese blockierten. Peter konnte ihr ansehen, dass sie skeptisch war. Noch bevor sie etwas sagen konnte, meldete sich Peters Mobiltelefon.
»Bernward?«
Eine Sekunde war Schweigen in der Leitung, dann ertönte eine unsichere Stimme: »Hier ist Marko Klopek.«
Überrascht sagte Peter: »Guten Morgen, Herr Klopek.« Er winkte Flora heran, die bei der Nennung des Namens aufgehorcht hatte, drückte auf den Lautsprecherknopf des Mobiltelefons und regelte die Lautstärke herunter. Flora stellte sich dicht neben ihn und lauschte.
»Wieso haben Sie gestern nichts zu dem Anruf meiner Mutter gefragt?«, erkundigte sich Marko Klopek. »Ich dachte, deswegen wären Sie eigentlich gekommen. Nicht dass ich Ihnen erzählen will, wie Sie Ihre Arbeit zu tun haben – aber ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht.«
»Welcher Anruf?«
»Na, wegen Onkel Tristan. Ich meine, was Tante Hannelore meiner Mutter erzählt hat, bevor sie sich umbrachte.«
»Ihre Mutter hat Hannelore Heigl kurz vor deren Tod angerufen?«
»Nein, meine Mutter hat bei der Polizei angerufen …« Marko brach ab. »Ja, wissen Sie das denn nicht?«
»Wenn wir’s wüssten, hätten wir danach gefragt«, sagte Peter. »Am besten, Sie weihen uns jetzt ein. Meine Kollegin, die gestern mit bei Ihnen war, hört mit.«
»Ich verstehe das nicht«, stieß Marko hervor. »Das hätte doch zu den Akten genommen werden müssen. Jetzt wird mir klar, warum nie jemand der Sache nachgegangen ist.«
»Herr Klopek, so unwahrscheinlich es klingt, aber auch die Polizei macht mal Fehler«, sagte Peter. »Worum geht es?«
»Die Untersuchung des Selbstmords meiner Tante hat kein Fremdverschulden festgestellt«, antwortete Marko Klopek. »Als wir das erfuhren, holte meine Mutter uns zusammen und fragte uns, was sie tun solle. Meine Tante hatte ihr kurz vor ihrem Selbstmord erzählt, dass Onkel Tristan so bösartig wie nie
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