Richard Dübell
zuhören …«
65 .
Als Robert über die Brücke und durch den inneren Torbau eilte, ertappte er sich dabei, dass er immer noch hoffte, alles wäre ein Missverständnis und Harald würde im nächsten Moment zu ihnen stoßen. Er sah Rolf und Bülent, die bereits im Innenhof der Burg angekommen waren und sich am Kopfende der Treppe postiert hatten, die nach unten zur Burggastronomie führte. Sie hielten weiterhin die Tarnung als Kamerateam aufrecht. Monika und Florian waren noch nicht von ihren Posten weiter vorn beim Wehrgang angekommen, so dass Robert sich sofort zu dem Brunnen im westlichen Teil des Innenhofs begab; an diesem vorbei konnte man eine metallene Fluchttreppe erreichen. Sobald Monika und Florian beim inneren Torbau angekommen wären, würden sämtliche Fluchtwege versperrt sein. Robert tippte auf seinem ausgeschalteten Handy herum wie jemand, der sich nur für sein Gerät und nicht für sein Umfeld interessiert, aber aus dem Augenwinkel scannte er den gesamten Burghof.
Das Team hatte bisher wie ein gutgeöltes Räderwerk funktioniert. Selbst jemandem, der auf die Anwesenheit der SOKO -Beamten vorbereitet gewesen wäre und nach ihnen Ausschau gehalten hätte, wären sie noch nicht aufgefallen. Wäre die Lage nicht die gewesen, die sie war, hätte Robert Stolz verspürt; doch so fühlte er erstickende Nervosität und eine immer noch stärker werdende Wut auf Harald, der die Professionalität der Kolleginnen und Kollegen und ihre Loyalität mit Füßen trat.
Dann erblickte er Eric Heigl. Es konnte keinen Zweifel an seiner Identität geben. Und der Gefühlsaufruhr, der in Robert tobte, machte der einen Emotion Platz, die Eric Heigl ausströmte wie einen überwältigenden Geruch: alles umfassende, alles verschlingende, schreckliche Angst. Unwillkürlich schnappte Robert nach Luft.
Monika und Florian traten durch den Torbau in den Innenhof. Sie wirkten, als würden sie eine Liste konsultieren, und steckten die Köpfe zusammen. Direkt hinter dem Torbogen blieben sie stehen. Der Burghof war nun eine Falle. Die Falle war zugeschnappt. Aber die Beute war die falsche.
Robert, der so tat, als hätte er endlich die Telefonnummer gefunden, die er gesucht hatte, und warte nun auf die Verbindung, blickte sich erneut verstohlen im Burghof um. Außer dem Team und Eric Heigl befanden sich nur drei weitere Menschen dort – zu wem sie gehörten, war nicht festzustellen, aber sie saßen auf der Bank neben dem Eingang zum Ticketraum der Burg und rauchten. Zwei Kamerateams, die eben noch über den Kies im Innenhof gehastet waren, eilten jetzt die Treppe zu den Arkaden hinauf, zweifellos den hochrangigen Besuchern hinterher, die im Weißen Saal der Burg Interviews geben würden, bevor der Hochzeitsschmuck der Presse zugänglich gemacht wurde. Die Gelegenheit war nie so günstig wie jetzt.
Er blickte zu Eric Heigl hinüber.
Und sah dem Mann direkt in die Augen.
Er erkannte, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hatte das Telefon viel zu lange ans Ohr gehalten, ohne sonst etwas zu tun. Eric Heigls Augen weiteten sich. Der Instinkt des gejagten Wilds ließ ihn offenbar erkennen, dass er eingekreist war.
Robert fluchte und ließ das Telefon sinken. Mit der freien Hand griff er unter seiner Lederjacke nach seiner Waffe.
Eric Heigl ließ die Kamera fallen. Sie prallte auf den Kies, das Objektiv brach ab. Eine Klappe sprang auf. Einen Augenblick stand Eric wie erstarrt da.
Robert trat einen Schritt vor. »Eric Heigl, Sie sind verhaftet«, rief er, während er schon das Handy wegsteckte und in seiner Hosentasche nach seinem Dienstausweis angelte. Die andere Hand hatte er auf dem Griff seiner Pistole unter der Jacke. Die drei Raucher auf der Bank starrten erschrocken zu ihm herüber. »Heben Sie die Hände über den Kopf und bewegen Sie sich nicht!«
Eric Heigl fiel auf die Knie und riss die Kamera an sich. Sein Gesicht war so verzerrt, dass er sich selbst kaum noch ähnlich sah. Robert sah seine Kollegen ihre Tarnung aufgeben und ebenfalls ihre Waffen hervorholen. Er zerrte seine Pistole heraus.
Eric war schneller. Er fasste in die Öffnung der Kamera, die durch die Klappe verschlossen gewesen war. Ohne auch nur einen Moment innezuhalten und immer noch mit einer Miene äußersten Entsetzens im Blick, brachte er eine Waffe zum Vorschein, sprang auf, zielte auf Robert und krümmte den Zeigefinger.
66 .
Peter war klar, weshalb Flora ihn als Harald angesprochen hatte: um ihn zu warnen und gleichzeitig vor Konstantin Heigl
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