Richard Dübell
hätte, er hätte nicht funktioniert«, sagte er wie zu sich selbst. »Zu viel Security, zu viel Polizei, zu viel Medienrummel … und das ist dem Schweinehund natürlich klar. So wie er sich denkt, dass ich versuchen würde, dort oben eine Falle für ihn aufzubauen.«
»Und was lässt Sie glauben, dass er hierherkommt?«
»Weil ich weiß, wie er denkt«, sagte Harald.
Peter musterte ihn lange. Wenn es überhaupt möglich war, war es ihm in den letzten Augenblicken noch kälter geworden. Er begann zu ahnen, was Harald im Schilde führte. »Falsch«, sagte er. »Weil sie ihm uns alle hier als Köder vor die Nase gehalten haben …«
»Das bringt mich zu der Frage, was Sie eigentlich hier zu suchen haben«, schnappte Harald. Er ließ den Waldpfad und die nähere Umgebung keine Sekunde aus den Augen. So wie er ständig den Kopf hin und her bewegte, wirkte er wie ein Verrückter, der seine Nerven nicht unter Kontrolle hatte. »Warum sind Sie nicht bei den anderen?«
»Weil das eine Geisterführung ist«, sagte Peter. »Und ich bin der Geist.«
»Was ist das für eine Scheiße?«, stieß Harald hervor. »Mit Ihnen hab ich nicht gerechnet!«
»Warum sind Sie sicher, dass Blofeld Ihren …«, Peter zwang sich, das Wort auszusprechen, dahinter steckten drei Dutzend Kinder und fast alle Menschen, die ihm lieb und teuer waren, »… Ihren Köder annimmt?«
»Ich sage doch, ich weiß, wie der Kerl denkt.«
»Harald, sagen Sie mir bitte, dass dies hier nur eine Möglichkeit ist, die Sie in Betracht ziehen. Dass Ihr Team weiß, dass Sie hier sind. Dass Ihre Kollegen auf der Burg sind, weil die Wahrscheinlichkeit genauso groß ist, dass Blofeld dort oben ein Ding versucht.«
Harald schaute ihn an. Sein Blick flackerte, aber er hielt Peters stand. Er schwieg.
Peter schluckte. »Um Gottes willen«, sagte er. Er wusste, warum Harald seine Kollegen nicht eingeweiht hatte. Robert Kalp und die anderen hätten seinen Plan vereitelt. Harald hatte sich von seinem Team abgekoppelt, aber vor allem hatte er sich von der Vernunft abgekoppelt. »Was macht Sie so sicher, dass Blofeld hier auftaucht?«
In Haralds Stimme klang ein winziger Unterton von Widerwillen, als er sagte: »Weil er nie wieder auf so einfache Weise über dreißig Geiseln in die Hand bekommt.«
Peter brauchte einen Augenblick, um zu verdauen, dass seine schreckliche Ahnung bestätigt worden war. Dann richtete er sich ruckartig auf. »Sie Drecksack«, sagte er. »Ich gehe jetzt zu …«
Harald sprang auf und packte ihn hinten an seinem Kettenhemd. Peter war so überrascht vom Angriff des SOKO -Chefs, dass er zu Boden ging. Harald schwang sich auf ihn und kniete sich auf seine Brust. Peter schielte in die Mündung der Pistole. Der Lauf zitterte, aber nicht so sehr, dass ein Schuss Peter hätte verfehlen können.
»Sind Sie wahnsinnig?«, zischte Harald. »Sie machen alles kaputt, Sie Idiot!«
»Wenn Sie mich abknallen«, flüsterte Peter, dessen Mund so trocken geworden war, dass er nicht einmal ein Löschblatt hätte befeuchten können, »hört man es meilenweit.«
»Blofeld«, presste Harald zwischen den Zähnen hervor, »hat nur eine Chance, an den Schmuck zu gelangen. Er muss ein Druckmittel haben, das groß genug ist, damit man ihm die Dinger freiwillig aushändigt. Ihre läppische Geisterführung ist genau das Richtige – ein Haufen Kinder mit einer Handvoll bekloppter Erwachsener mitten in der Nacht im Wald. Gott, Sie, Ihren dämlichen schottischen Freund und diese Schnapsidee von Veranstaltung hätte man direkt erfinden müssen, wenn es Sie nicht schon geben würde.«
»Und Sie haben Blofeld darauf aufmerksam gemacht …« Peter brauchte nicht zweimal zu überlegen. »Mit dem Radiointerview.« Ich hätte es mir ganz anhören sollen , dachte er. Bei jeder Komödie kommt das Beste zum Schluss. Die Gedanken jagten sich in seinem Schädel, und noch immer spürte er Fassungslosigkeit. Er hatte noch nie einen Polizisten gesehen, der mit Bedacht fast vierzig Unschuldige einem skrupellosen Verbrecher als Köder anbot.
»Der Mistkerl ahnt nicht, dass er nach meiner Pfeife tanzt«, sagte Harald.
»Der Mistkerl«, erwiderte Peter, »heißt Konstantin Heigl, aber das wissen Sie genauso gut wie ich, deshalb haben Sie meinen Hinweis heute Morgen gar nicht erst beachtet. Sie haben den gestrigen Tag benutzt, um die Akte über Hannelore Heigls Selbstmord verschwinden zu lassen, aus der man hätte ableiten können, dass Sie damals nicht ordentlich nachgefasst
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