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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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wenigen Arbeitnehmern, die jeden Morgen von München aus nach Nordosten fuhren, um zu ihrer Arbeitsstelle in Landshut zu gelangen. Die meisten waren in der Gegenrichtung unterwegs und verwandelten die Autobahn zweimal pro Woche in Bayerns größten Parkplatz.
    »Wir haben gar keinen Minderwertigkeitskomplex«, sagte Peter. »Uns stört nur, dass die Oberbayern keinen gegenüber uns haben.«
7 .
    Als Peter die Dienststelle verlassen wollte, lief er dem Stiftspropst in die Arme.
    »Ich habe meine Aussage gemacht!«, verkündete Tiodoro. »Und ich habe nachgedacht.«
    »Bevor oder nachdem Sie Ihre Aussage gemacht haben?«
    Der Stiftspropst schnaubte. »Wundert es Sie nicht, dass der Täter nicht versucht hat, in die Kirche einzubrechen?«
    »Was hätte er denn dort gewollt?«
    Der Stiftspropst starrte Peter groß an. »Wir haben schon ein paar Kunstschätze in der Kirche, Herr Kommissar!«
    »Ich stelle mir gerade vor, wie der Kerl mit der lebensgroßen Leinberger-Madonna im Arm durch die Altstadt spaziert.«
    »Zum Beispiel!«
    Peter seufzte. »Wir können das Türschloss des Ostportals auf Fingerabdrücke untersuchen lassen.«
    »Da werden Sie hauptsächlich meine finden«, erwiderte Tiodoro missmutig. »Das Schloss klemmt seit einiger Zeit. Ich hatte damit zu tun, es aufzukriegen. Ich musste ja nachsehen, ob alles in der Kirche in Ordnung ist. Und außerdem«, fügte er ätzend hinzu, »gibt es ja auch noch so etwas wie die täglichen Gottesdienste.«
    »Ich würde öfter kommen«, sagte Peter, der zum Kirchsprengel der Martinskirche gehörte und sich kritisiert fühlte, »aber ich habe immer zum falschen Zeitpunkt Dienst.«
    »Ja, ja. Aber wenn es darum geht, den Martinsturm für Ihre Vorführungen betreten zu wollen, fällt Ihnen das Haus Gottes wieder ein.«
    Peter hätte Geld gezahlt, um den Stiftspropst loszuwerden, weil er viel lieber wie zufällig durch die Stadt geschlendert wäre, in der Hoffnung, Flora und Harald Sander in irgendeinem Café zu finden und sie dann zu stören. Doch jetzt horchte auf. »Was meinen Sie damit?«
    »Ein Herr Connor Lamont – Lamont auf der ersten Silbe betont, wie er erklärte – hat heute Morgen bei mir angerufen und mir erklärt, dass er unbedingt Zugang zum Turm braucht, weil er eine historische Aufführung für Kinder plant und wegen der Ausstellungseröffnung nicht auf die Burg kann! Und zwar schon morgen! Und er fügte hinzu, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche, weil alles unter Polizeikontrolle stünde – weil nämlich Sie, Herr Bernward, bei der Aufführung die Hauptrolle spielen würden.«
    »O Gott!«, sagte Peter.
    »Blasphemien machen es auch nicht besser.«
    »Wenn Sie wüssten, was ich zuerst sagen wollte …!«
    Für einen Moment trat Schweigen ein. Peter holte Atem, um sich zu verabschieden, da sagte der Stiftspropst: »Das geht nicht! Der Turm ist geschlossen …«
    »Vergessen Sie’s, Monsignore«, sagte Peter. »Connor war da wohl etwas vorschnell. Wenn Sie mich nun …«
    »… und geschlossen bleibt er auch! Wenn die Behörden meinen, dass der Turmaufgang nicht den Sicherheitsstandards entspricht – na, dann bleibt er eben zu, der Turm! Gleiches Recht für alle. Das gilt für die Stadträte, die mit irgendwelchen Gästen rauf und damit angeben wollen, dass sie nun auf dem höchsten Backsteinkirchturm der Welt stehen, und das gilt auch für historische Privataufführungen! Über dreißig Kinder, Herr Bernward! Auf den Turm! Ich betrachte es als Unverschämtheit, dass Herr Lamont überhaupt bei mir angerufen hat.«
    »Ja. Ich rede mit ihm. Vergessen Sie’s einfach!«
    »Die Martinskirche ist keine Kulisse für irgendwelches Kasperletheater! Das ist ein Gotteshaus – und dass der Dom als Kirche einzigartig ist und den höchsten Backsteinturm der Welt hat, ist Ausdruck tiefer Frömmigkeit seiner mittelalterlichen Erbauer … und kein Tourismus-Gag!«
    »Ja«, sagte Peter erschöpft. »Deshalb lassen sie ja auch in den Petersdom in Rom keine Touristen rein.«
    Stiftspropst Tiodoro stutzte, dann wandte er sich brüsk ab. »Ich hoffe, ich konnte verständlich machen, dass ich den Turm nicht öffnen werde für Ihre … Ihre …«
    »… Geisterführung.«
    Tiodoros Gesichtsausdruck ließ erkennen, was er vom Konzept einer Geisterführung hielt. Er ließ Peter mit einem ungnädigen Nicken stehen. Peter folgte ihm ein paar Schritte in die Kirchgasse hinein und legte dann den Kopf in den Nacken. Über den Hausdächern erhob sich die kühne,

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