Richard Dübell
drei Kollegen, die die SOKO verlassen wollten.
Plötzlich wurde die Tür mit einem Schwung geöffnet, der Robert verriet, dass der Ankömmling mindestens genauso wütend war wie er selbst. Er erwartete die Rückkehr der Sachbearbeiterin, die Harald hinausgeekelt hatte, aber zu seiner Überraschung waren es zwei andere Polizisten. Einer war Peter Bernward. Hinter ihm trat Haralds Exfrau durch die Tür.
Harald sagte mit demonstrativer Freude in der Stimme: »Flora! Ich habe nicht gehofft, dich so schnell wiederzusehen!« Peter Bernward hingegen ignorierte er.
Robert war seit dem Wortwechsel im Besprechungsraum überzeugt, dass der Landshuter Beamte nicht zu unterschätzen war. Harald hatte abgewunken, als Robert eine diesbezügliche Bemerkung gemacht hatte, aber Robert hatte erkannt, dass Harald im Grunde nicht anders dachte und es nur nicht zugeben wollte. Menschenkenntnis war einer der Vorzüge, die ein guter Polizist in reichem Maß besaß. Was Harald betraf, stand ihm jedoch zumindest im Fall Peter Bernward sein eigenes Ego im Weg. Seine heftige Abneigung gegen Bernward war Robert nicht unbedingt klar. Es war zu erwarten gewesen, dass zumindest einer der Landshuter Beamten bei Haralds Ansprache aufbegehren würde. Harald und er, Robert, hätten es im umgekehrten Fall nicht anders gemacht. Peter Bernward reagierte auf Harald ebenso allergisch. Die beiden verhielten sich wie zwei verliebte Nebenbuhler.
Was Flora Sander betraf, war es Robert ein Rätsel, wie Harald sie hatte verlassen können. Mittlerweile hatte er den Verdacht, dass das Ende von Haralds Ehe vielleicht nicht ganz so verlaufen war, wie Harald es auf der Fahrt nach Landshut dargestellt hatte.
Und dann war ihm plötzlich klar, dass Harald und Peter tatsächlich Nebenbuhler waren – als der Landshuter Beamte die Tür, die er aufgerissen hatte, trotz seiner offensichtlichen Wut aufhielt, damit sie seiner Kollegin Flora nicht ins Gesicht fiel.
Als ob die Lage nicht schon beknackt genug gewesen wäre! Eifersucht zwischen dem neuen und dem abgelegten Mann in Flora Sanders Leben!
Robert schob den Stuhl vor seinem Arbeitsplatz zurück und löschte dabei wie unabsichtlich die letzte Suchabfrage. Es stellte sich heraus, dass seine Vorsichtsmaßnahme umsonst gewesen war. Peter Bernward warf eine Postkarte auf den Tisch zwischen ihnen. Robert kannte das Motiv zur Genüge; das letzte Mal hatte er es auf Haralds BlackBerry gesehen. Er blickte zu Peter Bernward auf, der sich auf den Tisch stützte und Harald anstarrte. Wie es schien, hatte auch er, Robert, den Landshuter Kommissar unterschätzt.
Den brauchen wir in unserem Team und nicht gegen uns , dachte Robert, und gleich danach wurde ihm klar, dass es das Team nicht mehr gab. Es bestand noch auf dem Papier, aber Harald hatte es bereits zerstört.
»Soll ich Ihnen ein Autogramm geben?«, fragte Harald mit ätzendem Spott. »Wer ist das? Ihre Großmutter?«
Bernward packte den Bildschirm vor Harald schneller, als dieser reagieren konnte, und drehte ihn zu sich. » Hedwig, Hochzeitsschmuck, Broschen, Halskette, Perlennetz «, las er die Suchkriterien laut vor, die Harald nicht aus der Suchmaske gelöscht hatte. »Was ist das? Die Einkaufsliste für Ihre Großmutter?«
»Harald, weswegen seid ihr hier?«, fragte Flora. »Und hör auf, uns irgendeinen Scheiß zu erzählen.«
»Er hier«, sagte Harald und deutete auf Peter, »wäre doch gar nicht in der Lage, Scheiße zu erkennen, wenn er sie auf dem Teller liegen hätte.«
»Gott, Harald, du bist dir treu geblieben«, sagte Flora.
»Ich bin jedenfalls in der Lage, einen großen Scheißhaufen zu erkennen, wenn er vor mir sitzt und so tut, als wäre er ein Polizist«, sagte Peter Bernward.
Robert stand rasch auf, öffnete die Bürotür, schaute nach draußen und schloss sie wieder. Es war ein Zeichen dafür, dass dieses Gespräch vertrauchlich war, und gab Harald hoffentlich die Pause, die er brauchte, um sich wieder zu beruhigen. Dann deutete er auf die Postkarte. »Das ist Hedwig von Bayern, als sie noch Hedwig Jagiellonica war, die Tochter des polnischen Königs«, sagte Robert. »Sie trägt auf diesem Bild ihren Brautschmuck, weil es für Georg von Bayern angefertigt wurde, ihren Bräutigam – den Sohn des Landshuter Herzogs.«
Peter Bernward musterte Robert schweigend. Haralds Stellvertreter wagte ein Lächeln, weil er erkannte, dass der Landshuter Kommissar ihm gegenüber längst nicht dieselbe Antipathie verspürte wie gegen Harald.
»Der Kerl,
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