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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Schläfen, als verkitte er zwei Löcher in der Wand. Dann drehte er sich um und ging mit raschen Schritten auf das Hotel zu.

Wieder Wien
    18       In der Wärme des folgenden Tages steckte ein gehöriges Maß an Feuchtigkeit und machte alles noch schlimmer. In bezug auf das Unwohlsein und die Kopfschmerzen und die sonstigen Nebenwirkungen. Lukastik erwachte in der Art eines Sturzes, wie ein eben noch in Gedanken versunkener Spaziergänger über einen Ast stolpert und diesen Ast als dominante Wirklichkeit erkennen muß.
    Während eines Frühstücks auf der Terrasse, inmitten einer Vielzahl verkaterter Kurgäste, trat Frau Dr. Gindler an Lukastiks Tisch. Sie schlug sein Angebot aus, sich zu setzen, blieb aber dicht an seiner Seite stehen, so daß er gezwungen war, eine unbequeme Haltung einzunehmen, um der Ärztin ins Gesicht zu sehen.
    »War der Hubschrauber wirklich nötig?« fragte Dr. Gindler. »So stellt man sich vor, klingt es, wenn Krieg ist.«
    »Nicht meine Schuld«, erklärte Lukastik. »So wenig wie der Tod Ihres ehemaligen Patienten Sternbach.«
    »Ein Selbstmord, sagte man mir.«
    »Ein Selbstmord«, bestätigte Lukastik. »Das war nicht zu verhindern.«
    »Gott sei Dank. Ein verhinderter Suizid ist ja auch das Dümmste, was man sich denken kann. Dumm wie ein Schwangerschaftsabbruch.«
    Die Äußerung befremdete Lukastik. Was meinte Dr. Gindler? Daß die Verhinderung keimenden Lebens – wenn man sich die Entscheidung des Keims als eine freie vorstellte – genauso anmaßend war wie die Verhinderung eines gewollten Todes?
    Das war nun wahrlich kein Thema, über das sich Lukastik an diesem feuchtheißen Morgen unterhalten wollte. Weshalb er seinen Kopf zur Seite legte, die offen daliegende Schulter kurz anhob und wieder senkte. Dann erklärte er, der Fall wäre so gut wie abgeschlossen, Sternbach habe vor seinem Freitod ein Geständnis abgelegt. Das Motiv sei so banal wie vielschichtig: eine Kränkung, aber eben eine komplizierte Kränkung.
    »Ein gutes Motiv«, bestimmte Dr. Gindler.
    »Ein Allerweltsmotiv«, sagte Lukastik und meinte dann – in Erinnerung an eine Bemerkung der Ärztin vom Vortag –, er spare sich weitere Erklärungen. Die Details würde die Frau Doktor ja ohnehin aus der Zeitung erfahren.
    »Natürlich«, gab sich Dr. Gindler unaufgeregt, während ihr Blick hinunter auf den Kiesweg fiel, der, von fortgesetzt müden Fahnen flankiert, das Hotel mit der Straße verband. In der Mitte des Weges standen Burton und Bacon. Burton riesig, aber völlig starr, ein Kalb, Bacon daneben winzig, aber bewegt, ein zitternder, springender Punkt vor dem weißen Hintergrund. Die Leute machten einen großen Bogen um die beiden.
    Lukastik folgte Gindlers Blick hinunter zu den Hunden und meinte, es wäre vielleicht besser, die beiden philosophischen Köter nicht frei herumlaufen zu lassen.
    »Wie? Soll ich sie vielleicht anketten?« fragte die Ärztin, wartete aber keine Antwort ab, sondern erkundigte sich, ob das Ipso Facto geholfen hätte.
    »Ich habe Kopfschmerzen«, erklärte Lukastik, »und mir brennen die Augen.«
    »Das kommt davon, wenn man sich gegen die positive Wirkung wehrt. Sie gehören zu den Leuten, die gar nicht gesund werden wollen.«
    »Unsinn«, sagte Lukastik.
    Aber Dr. Gindler war bereits grußlos gegangen, an einen der benachbarten Tische getreten und unterhielt sich in der charmantesten Weise mit ihren Patienten.
    Eine halbe Stunde später saß Lukastik in seinem Ford Mustang, froh um die Klimaanlage, auch froh um die Abgeschlossenheit einer solchen Karosserie, in der man wie in einem kleinen Mond hockte. Einem Mond mit Fenstern.
    Auf dem Nebensitz saß Dr. Paul. Er war Lukastik über den Weg gelaufen, genauer gesagt über den Kiesweg, als beide Burton und Bacon gerade auswichen. Dr. Paul hatte die Nacht ebenfalls im Hotel verbracht und eigentlich geplant gehabt, mit Leuten von der Spurensicherung zurück nach Wien zu fahren. Es war ihm aber lieber, von Lukastik mitgenommen zu werden, obgleich eine kleine Peinlichkeit zwischen ihnen lag, die darin bestand, daß Dr. Paul das im Schwimmbad gefundene Hörgerät fälschlicherweise der Leiche zugeordnet hatte. Doch Lukastik verlor kein Wort darüber. So wie er übrigens auch mit keinem Wort erwähnte, daß Egon Sternbach vor seinem Tod den Hinweis gegeben hatte, bei Barwick zu klingeln, im fünften Stock desselben Hauses, auf dessen Dach Tobias Oborins Leiche gefunden worden war.
    Natürlich bedeutete es eine weitere,

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