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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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fünften Stockwerk. Klopfen Sie bei Barwick an.«
    »Barwick? Wer soll das sein?« fragte Lukastik.
    Sternbach schüttelte den Kopf und sagte: »Als ich beschlossen habe, mich überhaupt mit Ihnen zu unterhalten, war ich mir unsicher, wie lange ich reden würde und worüber. Es hätte sein können, daß ich kein Wort über Lisa verliere, kein Wort über Hölderlin, sondern bloß ein vages Geständnis ablege, einen Blankoscheck von Geständnis. Um die Angelegenheit irgendwie abzurunden. Aber was soll’s, ich habe viel gesprochen, viel erzählt, und Sie haben so gut wie alles erfahren. Wie ich schon sagte, Sie verdienen es. Doch einmal muß Schluß sein. Ein bißchen was muß übrig bleiben, ein bißchen was an Arbeit für Sie. Also! Selber Gebäudetrakt, fünfter Stock. Der Name ist Barwick.«
    »Ich würde dennoch vorschlagen«, sagte Lukastik, »daß wir die Reise nach Wien gemeinsam unternehmen. Und daß wir gemeinsam bei Barwick anklopfen.«
    »Geht nicht«, sagte Sternbach, griff in eine Sporttasche und zog einen Revolver hervor.
    Lukastik hätte nicht einmal sagen können, um welches Modell es sich handelte. Aber das war ja auch nicht die Frage. Die Frage war eine andere. Lukastik stellte sie: »Glauben Sie wirklich, auf diese Art weiterzukommen?«
    »Natürlich«, sagte Sternbach, schob sich den Lauf an die Schläfe und drückte ab.
    Sternbach fiel nicht gleich um, obwohl sein Kopf mit großer Wucht zur Seite gedrückt wurde. Beinahe sah es aus, als wollte sich der Schädel vom Rumpf lösen, um in Richtung des ausgetretenen Projektils davonzufliegen. Doch zog es den Kopf in seine ursprüngliche, aufrechte Position zurück, wie bei einem zurücklaufenden Film, wenn ein soeben zerbrochenes Ei sich sekundenschnell wieder zusammensetzt.
    Sternbach stand also noch immer auf seinen Beinen und wirkte weit weniger lädiert, als man sich das im Falle eines Kopfschusses gemeinhin vorstellt. Was nichts daran änderte, daß er natürlich bereits tot war, denn er hatte sich ja keineswegs verfehlt, sondern eine Perforation geschaffen, die quer durch seinen Schädel verlief.
    Endlich knickte der Körper ein, gleich einem Basketball, der mit einer leichten Drehung durch ein Korbnetz rutscht. Sternbach fiel zu Boden, ohne dabei ein heftiges Geräusch zu verursachen. Es klang nicht anders, als hätte ein Heimgekehrter sein Jackett fallen lassen.
    Lukastik aber blieb sitzen, völlig perplex. Damit hatte er einfach nicht gerechnet. Jetzt war er es, der sich persönlich gekränkt fühlte, gedemütigt durch einen Suizid, der abseits seiner Vorstellungen gestanden hatte.
    Als könnte ihn der Tote noch hören, erregte sich Lukastik lautstark: »Sie sind sich wohl zu gut fürs Gefängnis, Herr Friseur!«
    Lukastik registrierte die eigene Stimme als sinnloses Gekeife. Schwerfällig erhob er sich aus dem Lehnstuhl. Der alte Anflug einer Grippe drückte jetzt schraubenartig gegen seine Glieder. Am liebsten hätte er sich gleich wieder gesetzt, überwand sich jedoch, preßte zwei Finger gegen die schmerzenden Augen und tat die wenigen Schritt hinüber zu Sternbach. Ein Blick genügte. Es war nicht nötig, eine brachliegende Halsschlagader anzufassen.
    Was er statt dessen anfaßte, war sein Handy.
    »Endlich!« drang die Stimme des Majors durch das Gerät. »Ich werde sofort den Befehl geben, in das Gebäude einzudringen, ganz gleich, Lukastik, was Sie sich da wieder  …«
    »Bringen Sie einen Sarg mit«, unterbrach Lukastik und legte auf. Dann ging er zurück zu seinem Stuhl und ließ sich in das von Badetüchern abgedeckte Sofa fallen. Langsam wich der Druck aus seinen Knochen. Aber wirklich gut fühlte er sich dennoch nicht.

17       Lukastik blieb nicht länger als nötig. Während schwerbewaffnete Polizisten die Leiche umstellten und der eben eingetroffene Dr. Paul mit einer wortlosen Geste das Offenkundige bestätigte, nämlich den Tod des am Boden Liegenden, ging Lukastik zusammen mit Albrich ins Freie.
    »Er hätte sich in jedem Fall erschossen«, sagte Lukastik, »ich habe ihn nicht extra darum gebeten.«
    »Hat er ein Geständnis abgelegt?« fragte der Major.
    »Ein Geständnis kann man es nennen, ganz klar«, meinte Lukastik und beschrieb jene tiefe Kränkung, die Sternbach erfahren zu haben glaubte.
    Der Major machte ein entgeistertes Gesicht, das im Mondlicht faltig, schneeweiß und für seine Verhältnisse ziemlich militärisch wirkte. Er sagte bloß: »Man kann sich das Leben auch schwer machen.«
    »Nun, es wäre

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