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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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sogleich: »Es gibt immer jemand, der langsamer ist als man selbst. Und überraschter als man selbst. Aber so richtig glücklich hat mich das nicht gemacht. Was sollte ich mit dem Mann und der Frau denn anfangen? Darum ja der Bunker. Ich mußte die zwei mit meinem Wagen hinkarren. Eine fürchterliche Fahrerei. Und trotz des Wagens natürlich auch eine fürchterliche Schlepperei. Bloß um diese Leute in Sicherheit zu bringen.«
    »Höre ich recht? In Sicherheit?«
    »Na ja, so ungefähr. Zu unser aller Sicherheit. Jedenfalls hatte ich nie vor, den beiden etwas anzutun. Das schwöre ich.«
    »In dem Punkt glaube ich Ihnen«, sagte Lukastik. »Erstaunlich nur, daß Sie nicht sofort Ihre Koffer gepackt und von Rolands Teich fort sind.«
    »Ich dachte, ich hätte wenigstens soviel Zeit, um die Nacht in meinem Bett zu verbringen. Ich hasse es, in der Dunkelheit mit dem Auto zu fahren, so ein wenig auf gut Glück. Außerdem stellt sich die Frage, ob ich wirklich ernsthaft an Flucht dachte. Wohin denn flüchten? Immerhin, ich habe es bis hierher geschafft. Nicht zuletzt dank Ihrer Hilfe. Ich liebe diesen Ort. Ein schönes Hotel, eine wunderbare Ärztin. Ein Ort der Ruhe. Der Mond wirkt größer als anderswo. Das Gras ist grüner und dicker und saftiger. Der Himmel gewölbter. Die Bäume voller. Und die Menschen gesünder, wenigstens einige.«
    »Und dennoch haben Sie mir diesen Hinweis gegeben, der mich hierher führte. Huflattich!«
    »Sie hatten eine zweite Chance verdient, Chefinspektor. Und haben sie genutzt. Das ist gut so, sehr gut. Jetzt aber, denke ich, sollten wir Schluß machen.«
    »Genau das«, beeilte sich Lukastik, »sind Sie mir noch schuldig, einen Schluß nämlich. Zwar weiß ich nun, warum Oborin sterben mußte, so schwer es mir anfänglich gefallen ist, ein Hölderlin-Zitat als Grund anzuerkennen. Aber bitte, es gibt dümmere und billigere Anlässe. Doch was jetzt noch fehlt, ist die Frage nach der Art des Todes.«
    »Ein Hai, wie Sie wissen«, sagte Sternbach.
    »Wo ist der Hai?« fragte Lukastik. Beinahe schrie er.
    »Sehen Sie im Haus nach«, riet Sternbach.
    »In welchem Haus?«
    »Auf dessen Dach Sie Oborins Leiche gefunden haben.«
    »Und in dem Sie eine Wohnung angemietet haben«, ergänzte Lukastik. »Eine Wohnung, in der man Oborins Buch fand, mit einem Foto darin. Ein unscharfes Foto. Aber die Haie sind zu erkennen. Grauhaie, genauer gesagt Viecher von der Sorte Carcharhinus leucas.«
    »Sieh an«, meinte Sternbach mit einem öligen Lächeln, »Sie wissen sogar über die Art Bescheid. Respekt! Ich habe das Foto an dem Tag aufgenommen, als Oborin starb. Kein sehr gutes Bild, ich weiß. Aber die Bedingungen waren nicht die besten.«
    Lukastik zündete sich eine Zigarette an, die er sich in der üblichen Weise vom Leib hielt. Als Aschenbecher benutzte er sein Glas Wein. Er fand, daß er genug getrunken hatte. Er sagte: »Ja, ich kenne den Hai. Kurze, runde Schnauze, kleine Augen, dafür eine Unmenge Testosteron im Körper. Und ich weiß, daß Oborin genau einem solchen Tier zum Opfer gefallen ist. Stellt sich nur noch die Frage, wie das geschehen konnte. Wenn man bedenkt, wo es geschehen ist.«
    »Es heißt doch immer«, begann Sternbach, während er sich langsam erhob und hinter das Sofa trat, »die meisten Täter könnten der Verlockung nicht widerstehen, an den Ort ihres Verbrechens zurückzukehren. Leider – oder auch Gott sei Dank – werde ich dazu keine Möglichkeit mehr haben. Das müssen Sie schon selbst erledigen, Chefinspektor. Quasi als mein Vertreter. Wenn Sie das möchten. Und natürlich auch im Namen des Gesetzes, wenn es denn sein muß. Ich schlage Ihnen vor, sich noch einmal das Gebäude anzusehen, mit dem dieser Fall für Sie begonnen hat. Meine Wohnung allerdings können Sie vergessen. Das Buch haben Sie ja. Mehr ist dort nicht zu finden. Auch das Schwimmbad auf dem Dach ist nicht wirklich von Bedeutung, hat bloß dazu gedient, Oborins Leiche an einem Ort unterzubringen, an dem man sie auch finden würde. Denn in dieser Hinsicht habe ich gehandelt wie ein Mörder aus Leidenschaft. Ich wollte keinesfalls, daß Oborins Leiche unentdeckt bleibt. Was wäre das auch für ein Mord gewesen?«
    »Ein lächerlicher«, unterstrich Lukastik. »Ein Mord ohne Polizei.«
    »Sehr richtig. Genauso habe ich das empfunden. Die Leiche mußte einen guten, einen glaubwürdigen Platz erhalten. Eben jenes Schwimmbad unter den Sternen. Die Wahrheit aber, lieber Inspektor, liegt viel tiefer. Sie liegt im

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