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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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gebräunt. Eine Brille lag neben ihm auf der Theke, wie eine Waffe, die er zur Not benutzen konnte. Lukastik war überzeugt, es handle sich um Herrn Roland, der hier im Licht eines schräg einfallenden Lichtstrahls wie unter einem geknickten Baum verweilte. Es schien, als träume er mit offenen Augen. Jedenfalls blieb er stumm, und auch Lukastik sagte kein Wort.
    Ein solches würde freilich fallen müssen, nachdem Lukastik nun über die breiten Treppen ins Freie getreten war. Der Himmel lag blau, aber von Dunst getrübt über der Landschaft. Lukastik erkannte einen schmalen Grünstreifen, welcher die Tankstelle von der Straße trennte. Ein Umstand, der seinen Eindruck von gestern nacht korrigierte, als ihm alles ein wenig verschmolzen erschienen war.
    Die Überdachung filterte das Sonnenlicht, so daß Lukastik wie unter einer dichten Laube stand. Am Rande dieser Laube parkte der Polizeiwagen, aus dem jetzt zwei uniformierte Beamte stiegen und auf Lukastik zukamen. Bei ihm angekommen, salutierten die beiden, wobei der ältere, fast alt zu nennende Mann diese Geste mit einer lockeren Schneidigkeit vollführte, als guillotiniere er einen Luftgeist.
    Lukastik ersparte sich einen derartigen Gruß, nippte an seinem Kaffee und murmelte etwas von wegen seines Namens und seines Dienstgrades. Er war augenblicklich auf die arrogante Schiene aufgesprungen, obgleich die Schulterstücke des älteren Gendarmen auf einen Rang verwiesen, der über jenem Lukastiks lag.
    »Grüß Gott«, sagte der Oberleutnant und stellte sich als Leiter des Postenkommandos Zwettl vor. Sein Name war Karl Prunner. Er war mehr eine Uniform als ein Mann. Aber nicht unsympathisch. Mit einem Blick aus zwei feuchten Augen sah er hinüber zu dem mattgoldenen Ford Mustang, der im grünen Schein der transparenten Überdachung wie vergoldetes Gemüse wirkte.
    »Sieht man selten, so einen Wagen«, sagte Prunner.
    »Was wollen Sie?« fragte Lukastik, als sei er bemüht, jemand von seinem Grundstück zu scheuchen.
    Prunners Ton blieb ungebrochen freundlich, als er jetzt erklärte: »In der Regel informieren uns die Wiener Kollegen, wenn sie einen ihrer Beamten in unsere kleine, friedliche Welt entsenden.«
    »Mich hat niemand entsendet , Herr Prunner. Ich verfüge über eine Freiheit, die es mir gestattet, nicht jede Auslandsreise vorher anmelden zu müssen.«
    Prunner senkte seine Lider halb, wie um nicht den ganzen Lukastik, den ganzen impertinenten Großstädter betrachten zu müssen. Sodann erwähnte er die beiden anderen Wiener Kriminalpolizisten, von denen gemunkelt werde, sie seien ebenfalls nach Zwettl gekommen. Nur, daß niemand sie gesehen habe.
    »Mich sehen Sie«, sagte Lukastik. »Das sollte doch eigentlich genügen.«
    »Sie werden verstehen, Inspektor Lukastik, daß ich wissen möchte, was in meinem eigenen Revier gespielt wird. Außerdem würde ich Sie gerne unterstützen. Auch wenn ich noch nicht wissen kann, wobei eigentlich. Das müssen Sie mir schon erklären.«
    »Erklärt wird im Gartenpalast«, sagte Lukastik, stellte seine leere Tasse auf einer der Zapfsäulen ab und winkte Sternbach zu sich, der soeben ins Freie getreten war.
    »Gartenpalast?« fragte Prunner, den eine erste Unsicherheit erfaßt hatte, vergleichbar einem Eisschnelläufer, der sich genötigt sieht, in der Kurve auf die Eisfläche zu greifen.
    Lukastik war bereits zum Gehen gewandt, als er Prunner jetzt empfahl, sich an Major Albrich zu wenden, welcher gewiß gerne bereit sei, über die Einzelheiten des Falls Auskunft zu geben und die Zusammenarbeit zwischen Wien und Zwettl auf das passende Niveau zu heben. Wozu er, Lukastik, keinesfalls in der Lage sei. Jetzt aber habe er zu tun.
    Mit diesen Worten ließ er die beiden Gendarmen einfach stehen und begrüßte Sternbach. Beziehungsweise drängte er den Friseur von Prunner weg und lotste ihn hinüber zu seinem mattgoldenen Gefährt.

10       Oborins Haus lag auf einer Anhöhe, von der man einen schönen Blick auf die Stadt besaß, die im tiefstehenden Sonnenlicht und im Dampf aufsteigender Feuchtigkeit den Eindruck frischer, nasser, weißer Wäsche machte. Die einzelnen Häuser verschwammen zu langen Reihen aufgespannter Laken. Bereits jetzt am Morgen war die Sonne ein bissiges und aufdringliches Wesen. Lukastik fluchte angesichts der erneuten Hitze, welche dazu angetan war, die Geschehnisse eines Tages zur Suppeneinlage zu degradieren.
    Als Lukastik nun vor dem zweistöckigen Wohnhaus stand, das gleich einer

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