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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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aufdrängte.
    Und während man da wartete, ohne daß etwas passierte, richtete Longhi an Olander die Frage, ob das die gesuchte Frau sei. Er fragte natürlich nur der Ordnung halber.
    »Nein«, antwortete Olander.
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte nein . Es ist richtig, sie sieht dem Phantombild sehr ähnlich. Aber sie ist nicht die, die mit meinem Kind auf und davon ist. Ich werde ihr Gesicht nie vergessen. Und dieses Gesicht hier ist ein anderes. Verwandt, aber ein anderes.«
    »Meine Güte, Olander, wissen Sie, was Sie da sagen?«
    »Wieso? Denken Sie, ich könnte vergessen haben, worum es geht?«
    »Nein, aber…« Longhi griff sich in den Nacken, als sei dort die Antwort auf alle Fragen versteckt. Aber dort war nichts anderes als ein wenig Verspanntheit. Er richtete sich wieder an Olander und bat ihn, sich die Frau noch einmal ganz genau anzusehen, überlegte es sich aber und sagte schließlich: »Kommen Sie!«
    Longhi nahm Olander praktisch an der Hand und wechselte mit ihm in den Verhörraum. Longhi war leicht in Panik. Das war er selten, so wie er selten stotterte. Er hatte sein Stottern seit vielen Jahren im Griff. Nur nicht im Moment, auch wenn es kaum auffiel, als er jetzt Olander zur Mitte des Tisches wies und gleichzeitig Frau Pero fragte, ob sie diesen Mann kenne.
    »Er ist der Vater des Kindes…er saß im Wagen.«
    Olander, dessen Gesicht kein einziges Mal in den Medien aufgetaucht war, meinte, sich an Longhi wendend: »Das kann sich Frau Pero ja denken, wer ich bin. Jedenfalls bleibe ich dabei, daß sie nicht die Frau ist. Schneiden Sie mir in den Finger, ich bleibe dabei.«
    »In den Finger?«
    »Ich meine, ich lüge nicht.«
    »Es würde genügen, daß Sie sich irren.«
    »Auch das nicht«, erklärte Olander. »Diese Frau ist eine Hochstaplerin. Was immer sie sich davon erwartet. Vielleicht will sie auf diese Weise ins Fernsehen kommen. Ein bißchen berühmt werden. Auch noch eine Belohnung kassieren, was weiß ich. Mag sein, Longhi, daß Sie dieser Frau Ihren Segen geben, meinen aber wird sie nicht bekommen.«
    »Gut, Olander, Sie können gehen«, sagte Longhi.
    »Ja.« Olander bewegte sich aus dem Raum. In der Drehung aber sah er Andrea Pero noch einmal an. Es war ein sehr kurzer Blick, aber ein Blick wie eins dieser Messer in Zirkussen, welche nahe an einer Dame zitternd im Holz landen.
    Longhi folgte Olander nach draußen, schloß die Türe zum Verhörraum und packte Olander am Oberarm. Olander ließ sich den festen Griff gefallen. Er fand, daß Longhi das Recht dazu hatte. Angesichts der Situation.
    »Es ist wichtig«, erinnerte Longhi. »Sind Sie absolut sicher, daß das nicht die Person ist, die wir suchen?«
    »Absolut sicher. Die Frau da drinnen nutzt die Gunst der Stunde, um ein wenig Aufmerksamkeit zu erfahren.«
    »Sie wirkt aber nicht verrückt auf mich«, meinte Longhi.
    »Auf mich ebensowenig. Aber es gibt ja wohl auch clevere Verrückte. – Lassen Sie sie laufen.«
    »Das werde ich tun müssen«, sagte Longhi, »wenn Sie auf Ihrer Aussage beharren.«
    »Ich beharre«, versicherte Olander. Und, als sei er selbst die Polizei: »Wir würden kein Stück weiterkommen, wenn wir diese Frau festsetzen.«
    Ironischerweise entsprachen diese Worte genau dem, was Olander in Wirklichkeit dachte. Daß man nämlich nur weiterkam, indem man diese Frau freiließ. Der Rest aber war Lüge.
    Ja, Olander hatte gelogen. Er hatte die Frau nämlich sehr wohl wiedererkannt. Andrea Pero war unzweifelhaft die Person gewesen, die Clara aus dem brennenden Auto gerettet hatte. Doch in dem Moment, da Longhi ihn danach gefragt hatte, war Olander der Gedanke gekommen, wie sinnlos es wäre, Andrea Pero ins Gefängnis zu sperren. Genau darum nämlich, weil er ihr glaubte. Er glaubte, was sie sagte. Nicht aber die Polizei. Die Polizei konnte es sich nicht erlauben, dieser Frau zu trauen. Die Polizei hätte versucht, Andrea Pero irgendwie festzunageln, hätte verhindert, daß sie freikam. Und wozu? Damit sie dann in einer Zelle saß und sich gar nichts tat?
    Jetzt aber, nach Olanders Aussage, war man gezwungen, sie laufenzulassen. Und dies erschien Olander um einiges vorteilhafter. Er würde dann selbst in der Lage sein, Andrea Pero zu befragen. Und vielleicht sogar würde es ihm möglich sein, sie als Lockvogel zu benutzen. Irgendwie. Er wußte noch nicht wie. Aber es würde ihm beizeiten einfallen.
    Man muß es so sagen: Vinzent Olander begann ein wenig den Verstand zu verlieren. Nicht in Übermaßen. Er drehte nicht

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