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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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wieder der gleiche Roman. Und ich habe wirklich keine Ahnung, was dahintersteckt. Vinzent ist ein sehr kranker Mann. Ich habe das zu spät erkannt. Aber jetzt ist es vorbei, und ich will meine Ruhe. Ich bin von ihm geschieden, und niemand kann mich zwingen, mir um seinetwillen Sorgen zu machen.«
    »Das war auch nicht mein Anliegen«, sagte Grong, versprach, nicht wieder anzurufen, verabschiedete sich und legte auf.
    Okay, im Grunde war es gut so. Kein Kind. Keine kleine Tochter, die entführt worden war. Keine irre Geschichte um einen getöteten Taxifahrer und eine Frau, die sich als Zeugin verdingte. Kein dubioser Mensch mit Sonnenbrille und kein Lastwagenfahrer, den ein betrogener Ehemann eliminiert hatte. Nur ein verrückter Kerl, der jeden Tag unten im Lokal saß und die immergleichen geographischen Punkte seines bedächtigen Alkoholismus absteckte.
    Allein darum, um die geographischen Punkte, brauchte er, Grong, sich zu kümmern. Ihm fiel ein Stein vom Herzen.
    Doch der Stein war ein Bumerang.

8
    Es wurde ein für Hiltroffer Verhältnisse recht warmer Sommer. Zwar lagen die Vormittage im üblichen Nebel begraben, aber ab der Mittagsstunde ergaben sich trockene, milde, helle Stunden, bisweilen war sogar ein Anflug von Hitze zu spüren, eine Kurzärmeligkeit des Wetters, sodaß man etwa die Türen des Hallenbades weit öffnete und eine in den Jahren zuvor stark vernachlässigte Liegewiese von den zusehends farbigen Körpern ausgelassener Kinder bevölkert wurde.
    Auch der Hauptplatz entwickelte sich nun zu einem Ort der Flaneure, wenngleich zumindest die Älteren ihre Jacken anließen. Sie trauten den Verhältnissen nicht, hielten das alles für einen Trick. Und wo ein Trick war, war ein Dämon.
    Punkto Trick und Dämon sollte dieser Sommer eine ganz spezielle Ausformung nehmen. Es geschah nämlich, daß gegen Mitte August, an einem dieser vom Nebel noch eingeschneiten Vormittage, einige Kinder hinauf zum Mariensee gestiegen waren. Sie hatten laut eigener Aussage nichts Besonderes vorgehabt, Steine werfen, vielleicht sogar die Felsglocke besuchen, in der ein Mann fast ertrunken wäre. Jedenfalls hatten sie einen Fotoapparat dabei, eine dieser billigen Unterwasserkameras, die man nur einmal verwenden konnte und dann als Ganzes zum Entwickeln gab. Nicht, daß sie geplant hatten, in das kalte Wasser zu steigen und die Schwärze eines als tot verschrienen Gewässers abzulichten. Die Kamera war einfach dabeigewesen. Nach dem Besuch am Mariensee hatte man sicherlich ins Hallenbad gehen wollen. Dazu aber kam es nicht. Die Kinder, die leicht erhöht am felsigen Ufer standen, sahen etwas. Etwas, daß sie zu Tode erschreckte.
    Aber was heißt das schon? Was heißt es, wenn Kinder, die mit Star Wars, Jurassic Park und Harry-Potter-Verfilmungen aufgewachsen sind, sich zu Tode zu erschrecken?
    Folgerichtig besaß einer von ihnen die Nerven, die Kamera zu zücken und ein Foto von dem Ding zu machen, das sich für wenige Sekunden aus der Mitte des Sees erhoben hatte.
    Das Ungeheuer vom Mariensee.
    Natürlich konnte man es nur als einen schlechten Witz ansehen, daß dieses Foto Tage später in einer regionalen Zeitschrift abgedruckt wurde. Zusammen mit einem nicht weiter kommentierten Bericht der jugendlichen Augenzeugen. Auf der Abbildung war ein Wesen zu erkennen, das sich gleich einer Seeschlange in mehreren Buckeln und zuvorderst mit langem Hals und kleinem Kopf aus der leicht gekräuselten Wasseroberfläche erhob. Dieses Foto, das trotz der eigentlichen Farbigkeit schwarzweiß anmutete, erinnerte in höchstem Maße an jene berühmte Aufnahme des Ungeheuers von Loch Ness aus dem Jahre 1934, das bei den sogenannten Kryptozoologen den Verdacht hatte aufkommen lassen, es handle sich im Falle Nessies um ein lebendes Fossil, einen Nachfahren des Plesiosaurus. Wogegen es freilich viele vernünftige Argumente gab, etwa daß das schottische Gewässer eine zu geringe Größe aufweise und viel zu wenig Nahrung biete, um eine realistische Population solcher Urzeittiere zu gewährleisten. Ganz abgesehen davon, daß die Viecher ständig auftauchen müßten, um Luft zu holen, und dabei geradezu in ein Blitzlichtgewitter der Touristen geraten würden.
    All die ominösen Sichtungen auf dem Loch Ness, die danach noch folgen sollten, wurden als Fälschungen oder Bilder von Ottern, tauchenden Vögeln und großen Stören qualifiziert. Und über das legendäre Foto aus 1934 stülpte sich eine quasi aufklärerische Legende, die darin bestand, es

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