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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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heißt, daß sie keinen Mord begehen können. Aber dafür würden die nicht an einen Ort fahren wie…«
    »Hiltroff.«
    »Die Peros leben in der Bronx. Alles was sie tun, erledigen sie auch dort. Doch wenn Sie wollen, Herr Lukastik, können Sie sich die Familie Pero ja einmal ansehen. Nette Leute. Ich würde Ihnen einen Kollegen mitgeben, zum Hinfahren und zum Übersetzen.«
    »Ja, das Angebot nehme ich an. Die Bronx , das klingt gut.«
    Longhi machte ein Gesicht wie von verdorbenem Apfelmus und schob sein Ei zur Seite. Dann fragte er, wann das Skelett freigegeben und nach Italien überführt werde.
    »Wir sind noch bei der Untersuchung«, antwortete Lukastik, dem die Langsamkeit seiner Leute peinlich war.
    »Na, eilt ja nicht«, gab sich Longhi großzügig.
    Diese beiden Polizisten unterschieden sich deutlich. Longhi mochte ein guter oder zumindest ordentlicher Kriminalist sein, aber ihn kümmerte nicht wirklich, was in der Welt geschah. Eben schon gar nicht, was sich in der Bronx abspielte. Wenn er dort hinfuhr, nahm er ein paar Leute fest, als sei er auf Büffeljagd, danach fuhr er wieder nach Hause und genoß die Verhältnisse eines privilegierten Daseins. Eine Komposition von Albinoni stand ihm näher als der Sumpf der Stadt.
    Lukastik hingegen, mit seinem Ekel vor den Dingen, war immer ganz bei der Sache. Es gab für ihn kein Leben außerhalb dessen, mit dem er sich von Berufs wegen zu beschäftigen hatte. Alles Private hatte er ausgeschieden. Wozu in letzter Konsequenz auch gehört hatte, seine Liebe zu Wittgenstein zu eliminieren. Philosophie war okay, aber nicht Liebe. Liebe war für Lukastik eine Kinderkrankheit für Erwachsene. Davon hatte er sich befreit (oder glaubte es wenigstens). Es ist ja bekannt, daß man Masern und Windpocken in der Regel nur einmal bekommt. Es gab somit nichts, womit man Lukastik hätte erpressen können. Und ganz gleich, ob man ihn als einen guten oder schlechten oder merkwürdigen Kriminalisten einstufte, eins war er ganz gewiß, ein ganzer und damit auch perfekter Polizist.
    Kurz nach der Mittagszeit saß der perfekte Polizist in einem hellen, weiten, von warmer Luft durchwehten Büro, das zum Teatro de la Scala gehörte. Yasmina Perrotti, einer der Stars der europäischen Bühnenbildnerei, saß ihm gegenüber und schenkte ihm einen Blick, der geeignet gewesen wäre, einen Steinpilz zu vergiften.
    Aber Lukastik war kein Steinpilz. Er war unvergiftbar. Zumindest solange er seinen Anzug trug. Er legte die Fingerkuppen aufeinander, bedankte sich dafür, empfangen worden zu sein, und brachte das Gespräch auf ein Mädchen namens Clara.
    »Es gibt keine Clara«, sagte Frau Perrotti. »Wissen Sie das nicht?«
    »Ihr geschiedener Mann versucht mir aber ständig einzureden, daß ein Kind mit diesem Namen existiert.«
    »Wollen Sie mich provozieren«, fragte Perrotti, »indem Sie so tun, als würden Sie diesem Verrückten glauben?«
    »Ich möchte nur gerne begreifen, was Herrn Olander dazu veranlaßt, sich eine solche Geschichte auszudenken.«
    »Da sind Sie nicht alleine.«
    »Warum kam er überhaupt nach Mailand? Ich meine an diesem bestimmten Tag, als der Unfall geschah.«
    »Wir hatten noch ein paar finanzielle Dinge zu regeln.«
    »Viel Geld?«
    »Kleinkram.«
    »Ich wäre Ihnen sehr verbunden«, erklärte Lukastik, »wenn Sie mir sagen könnten, was ich wissen muß.«
    »Ich weiß nicht, was Sie wissen müssen«, reagierte Frau Perrotti und spitzte ihren Blick. Ein Steinpilz wäre jetzt tot gewesen.
    Lukastik aber saß da und wartete. Es war ganz klar, er wollte hierbleiben, bis er etwas in die Hand bekam, was ihn halbwegs weiterbrachte. Was ihn motivieren würde, aufzustehen und den Raum zu verlassen.
    »Soll ich etwas erfinden für Sie?« spottete Perrotti.
    »Nein«, antworte Lukastik und wartete weiter.
    Die Frau begriff. Hier saß nicht der Lebemann Longhi. Hier saß nicht irgendein Mensch, der seinen Job tat. Hier saß wahrscheinlich überhaupt kein Mensch. Eher eine Maschine, die wie die meisten trickreichen Maschinen die Kabel nicht heraushängen ließ. Und nicht blinkte und blitzte und wie durch einen Lautsprecher redete.
    »Also gut…«, meinte Perrotti und stieg über das eigene Zögern, »da ist etwas, das ich Ihnen …«
    »Ich höre.«
    »Es gibt tatsächlich ein Kind, ein Mädchen…Clara.« Sogleich hob sie hervor, daß dieses Kind nicht von Vinzent Olander sei. »Ich war relativ jung, als ich schwanger wurde, gerade achtzehn. Ich hatte nicht die geringste

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