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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Lust, Mutter zu werden. Und habe heute noch keine Lust dazu. Eigentlich wollte ich abtreiben. Aber die Vorstellung, etwas Lebendes aus seinem Körper herauskratzen zu lassen, war mir dann doch zuwider. Also habe ich das Kind ausgetragen und zur Adoption freigegeben. Das mag Ihnen hart erscheinen, aber damals war ich eine mittellose Studentin im ersten Semester, ohne Kontakt zur eigenen Familie, ohne irgend jemand, der mir geholfen hätte. Und ohne die Lust, mein Leben in einem Berg von Sorgen zu begraben. Nein, es war eine gute Entscheidung, die ich nicht bereue. Man kann solche Dinge auch sachlich betrachten. Ein Kind soll dort sein, wo es gewollt wird. Alles andere ist nur der Anfang vom Unglück.«
    »Wer hat das Kind adoptiert?«
    »Ich habe keine Ahnung. Ich wollte es nicht wissen, und man sagte mir, die Adoptiveltern seien damit einverstanden. Somit kann ich Ihnen also nicht sagen, wo Clara heute lebt. Ich habe mich nie darum gekümmert und werde einen Teufel tun, das Kind aufzustöbern und dadurch zu verunsichern, daß plötzlich seine richtige Mama in der Tür steht und irgendwelche Gefühle einfordert.«
    »Olander hat das anders gesehen, nehme ich an.«
    »Als er erfuhr, daß ich eine Tochter habe, hat er ein Riesentheater gemacht. Daß wir das Kind zu uns nehmen müßten und so weiter und so fort. Der übliche sentimentale Quatsch, ohne Rücksicht auf die Psyche des Kindes. Von der rechtlichen Seite einmal abgesehen. Vinzent hat von Verantwortung gesprochen. Für mich aber besteht meine Verantwortung darin, dieses Kind in Ruhe zu lassen. Man setzt keinen Baum im Wald ein, um ihn Jahre später auszugraben und in den eigenen Garten zu stellen.«
    »Ist Ihre Ehe darum zerbrochen?«
    »Sagen wir, es war nicht förderlich. Vinzent hat mich ständig gedrängt, über die Sache zu sprechen. Dabei waren wir uns bei der Heirat doch einig gewesen, keine Kinder bekommen zu wollen. Aber von da an, wo Vinzent von Clara wußte, war er wie ausgewechselt.«
    »Das Mädchen müßte jetzt zehn Jahre alt sein.«
    »Elf im Oktober.«
    »Und Sie wissen wirklich nicht, wo es sich befindet?«
    »Ich habe sofort nach der Geburt eine Mauer zwischen mich und das Kind gesetzt. – Wer meint, der Sinn einer Mauer bestehe darin, sie zu überwinden, hat das Wesen von Mauern nicht verstanden.«
    »Aber der Name…Clara…war doch Ihre Idee, oder?«
    »Ja. Das wollte ich noch selbst erledigen. Es war wie ein kleines Geschenk an dieses Wesen, ihm einen Namen mitzugeben. Aber heute ist mir klar, daß es fairer gewesen wäre, es den Adoptiveltern zu überlassen, wie ihr Kind heißt.«
    »Ich könnte mir vorstellen, daß Olander versucht hat, Clara auf eigene Faust zu finden.«
    »Vielleicht. Aber wie hätte er das schaffen sollen? Er wußte doch gar nicht, wo anfangen. Ich habe ihm nicht einmal verraten, an welchem Ort ich entbunden habe. Ob überhaupt in Mailand. Auch wäre er nie an solche Informationen gelangt. Er war mein Mann, nicht mein Vormund.«
    »Apropos Mann. Wer ist der Vater des Kindes?«
    »Ich weiß es nicht. Ich hatte damals viel Sex. Geschützten Sex zwar…«
    »Ach was!«
    »Keine Ahnung, bei wem der Schutz versagt hat. Es kämen eine Menge in Frage, und es hat mich nie interessiert.«
    »Eins noch: Wer hat die Adoption organisiert?«
    »Das geht Sie nichts an. Ich habe Ihnen das alles erzählt, damit Sie vielleicht verstehen, was in Vinzent vorgeht. Er hat sich aus Gründen, die ich nicht kenne, nach diesem Kind gesehnt. Und als er dann in dem brennenden Taxi eingeklemmt gewesen war, hat es wohl auch in seinem Hirn zu brennen begonnen. Eine Folge davon scheint zu sein, daß er sich ein Kind einbildet, dem er nie begegnet ist. Das Kind steckt in seinem Kopf. – So! Können wir das jetzt beenden?«
    »Ja, natürlich«, sagte Lukastik. Ruhig löste er sich von seinem Stuhl, betrachtete den Raum wie am Ende einer Besichtigung und erklärte: »Ich danke Ihnen.«
    Er wollte schon gehen, aber es war nun Perrotti, die ihn zurückhielt: »Ich habe gehört, daß man dort, wo Vinzent jetzt lebt, eine Frauenleiche gefunden hat.«
    »Ein Skelett.«
    »Hat Vinzent etwas damit zu tun?« fragte Yasmina Perrotti.
    »Nein, ich glaube nicht«, antwortete Lukastik, verabschiedete sich und trat hinaus.
    Warum hatte er das gesagt? Er wußte es nicht. Es war spontan gewesen. Sein Instinkt – der in Wiener Polizeikreisen gefürchtete Lukastik-Instinkt – hatte einen neuen Weg gewiesen. Das Klima hatte sich geändert. Die Dinge rochen

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