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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Affen «, erklärte der Direktor. »Es ist ein mißverständliches Wort.«
    Lukastik trat näher an die Gruppe der arbeitenden Frauen heran.
    »Eine Spezialfarbe«, meldete sich jetzt der jugendliche Prokurist zu Wort. »Entläßt keinerlei Giftstoffe in den Alkohol. Das Genehmigungsverfahren war alles andere als einfach. Aber unser Produkt hält stand. In jeder Hinsicht.«
    »Wie schön«, meinte Lukastik und beugte sich zu einer der Figuren hinunter. Ein Affe, der ein Ei in die Höhe hielt und selbiges eingehend betrachtete. Jede der Arbeiterinnen hatte gerade ein solches Motiv in Arbeit.
    »Das ist derzeit unser Themenschwerpunkt. Forschende Ahnen«, erklärte der Direktor.
    »Interessant«, sagte Lukastik. »Der Affe betrachtet das Ei, aus dem er stammt.«
    »So würde ich das nicht sehen«, erwiderte der Direktor. »Der Ahne studiert ein unbestimmtes Ei, nicht unbedingt ein Überraschungsei. Nein, das würde mir zu weit gehen, wobei natürlich der Konsument letztlich selbst entscheidet, was er da sieht.«
    »Tut er das?«
    »Selbstverständlich«, sagte der Direktor mit einiger Empörung. Er fürchtete, daß Lukastik in irgendeiner Weise ein Antikapitalist war. Antikapitalisten gehörten nicht in die Polizei, sondern auf die Straße.
    Die Arbeiterinnen taten indessen, als würden sie keine Sekunde mitbekommen, daß sie nicht alleine waren. Sie werkten stumm, konzentriert, robotisch.
    Der eigentliche Roboter hier, Lukastik, griff nun in seine Tasche und holte ein kleines Objekt hervor. Denn auch er hatte ja, wie Jahre zuvor Olander, eine Figur aus der Wohnung des Giorgio Straub mitgehen lassen. Er hielt diese Figur nun unter die Nase des Fabrikleiters und erkundigte sich, ob auch dieser Affe in der Hiltroffer Manufaktur hergestellt worden sei.
    Der Direktor nahm das Gebilde in die Hand, drehte es um, drehte es auf den Kopf, betrachtete es mit stark zugespitzten Augen, schüttelte den Kopf und erklärte, daß diese Figur zwar vom Material und der Bemalung her den Hiltroffern Erzeugnissen ähnlich sei und auch die Kennzeichnung auf der Sockelunterseite dem Original entspreche, er jedoch mit Gewißheit erklären könne, daß niemals – niemals! – ein Ahne produziert worden sei, welcher etwas derart Groteskes…
    Er vermied es, fertig zu sprechen, und gab Lukastik die Figur zurück. Meinte bloß noch, daß es sich dabei wahrscheinlich um eine chinesische Fälschung handle. So sei das ja meistens, wenn etwas nicht stimme. Nichts gegen China an sich, eine großartige Kultur, aber das aktuelle China entwickle sich zur weltweiten Plage.
    Lukastik steckte den kleinen Affen wieder in seine Tasche und erwähnte nun die Giraffen-Figur. Doch auch diesmal verneinte der Direktor. Ebenso sein Prokurist. Nein, keine Giraffe. Nichts dergleichen.
    »Ist es möglich«, fragte Lukastik, »daß diese Figuren ohne Ihr Wissen hergestellt wurden? Ich meine, hier in der Fabrik. In kleinster Auflage.«
    »Was glauben Sie eigentlich?« Der Direktor war rechtschaffen erregt. Seine Stimme schwoll an. Er machte darauf aufmerksam, daß man sich nicht in der Skulpturenklasse einer Volkshochschule befinde. Und daß man hier nicht ein und aus gehen könne, wie es einem beliebe.
    »Wenn Sie wüßten, was ich weiß«, sagte Lukastik, »würden Sie leiser reden.«
    »Ich rede so laut…«
    »Schon gut«, beschwichtigte Lukastik, bedankte sich, und bevor noch einer etwas sagen konnte, drehte er sich einfach um und verließ den Raum.
    Es war ein typischer Lukastik-Auftritt gewesen. Lukastik ließ eine schlechte Stimmung zurück, ein Unbehagen, nicht zuletzt das Unbehagen darüber, daß man nicht sicher sein konnte, wieviel er eigentlich wußte, ja, ob er überhaupt etwas wußte oder nur so tat. Und wenn er denn ein Blender war, ob er nicht gerade dadurch ans Ziel kam, indem er sich gewissermaßen ins Ziel hineinblendete.
    Die drei Leute, denen Lukastik so abrupt den Rücken gekehrt und sie bei einem Dutzend Arbeiterinnen und einem Dutzend Plastikäffchen zurückgelassen hatte, meinten natürlich, daß der unsympathische Wiener Polizist sich nun alleine zum Ausgang zurückbegeben würde. Was Lukastik aber keineswegs tat, sondern den Weg, den er gekommen war, an einer Abzweigung verließ und durch eine automatisch sich öffnende, hohe Metalltüre in einen Bereich eintrat, der während der Betriebsbesichtigung ausgespart geblieben war.
    Jedoch war da nichts anderes zu erkennen als eine weitere Halle mit weiteren Maschinen und Arbeitskräften, nur daß

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