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Richter 07

Richter 07

Titel: Richter 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gulik
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mit seinen hervorquellenden Augen ernst ansah. »Erstens die Unterhaltung von Spielsälen und Bordellen, das ist das Geschäft unsres Chefs Feng. Zweitens die Versorgung mit Essen und Trinken, das ist Herrn Taus Geschäft. Drittens der Ankauf und Verkauf von Antiquitäten, damit befaßt sich Herr Wen. Es ist eine ganz natürliche Sache, daß die drei Gewerbe in engstem Zusammenhang stehen. Wenn ein Besucher am Spieltisch viel gewinnt, geben wir die gute Nachricht weiter an die Vertrauensleute von Tau und Wen. Möglicherweise möchte der Glückspilz ein rauschendes Fest geben, oder er ist bereit, sein Geld in prächtigen Altertümern – raffiniert nachgemacht – anzulegen. Wenn dagegen so ein Kerl schwer verliert, forschen wir nach, ob der Mann vielleicht eine gut aussehende Konkubine oder ein hübsches Kammerkätzchen zu verkaufen hat, oder Wens Leute treten an ihn heran, ob er vielleicht einige brauchbare Antiquitäten verkaufen will. Und so geht es weiter. Ihr könnt Euch alle möglichen Kombinationen selber ausdenken.«
    »Eine gesunde Geschäftsorganisation!« bemerkte Ma Jung.
    »Vollkommen ist sie!« stimmte der Krebs zu. »So haben wir also Feng, Tau und Wen. Unser Chef Feng ist ein ordentlicher, ehrlicher Mann; deshalb ernannte ihn die Regierung zum Vorsteher auf der Insel. Und er hat seine Hand überall im Spiele, was ihn zum Reichsten der drei macht. Aber er hat auch Arbeit damit, das könnt Ihr mir glauben! Wenn der Vorsteher ehrlich ist, erzielt jeder hier seinen guten Nutzen, und auch die Kunden sind zufrieden. Nur wer betrogen sein will, wird übers Ohr gehauen. Ist der Vorsteher unehrlich, wachsen die Gewinne aufs Zwanzigfache an, seine eignen natürlich auch. Doch dann geht der ganze Betrieb vor die Hunde. In unglaublich kurzer Zeit. So können wir von Glück sagen, daß Feng ein ordentlicher Mann ist. Nur hat er keinen Sohn, bloß eine Tochter. Wenn er also stirbt oder sonstwie in Ungelegenheiten kommt, fällt der Posten an jemand anders. Tau Pan-te ist ein Herr, der sich gern als Gelehrter gibt. Er will nicht auffallen und möchte niemals Vorsteher sein. Jetzt kennt Ihr Feng und Tau, zwei vornehmliche Bürger, genau. Wen Yüan erwähnte ich nicht, so ist’s doch, Krabbe?«
    »So ist’s!« bestätigte die Krabbe ernst.
    »Wozu sagt Ihr beide mir das alles?« fragte Ma Jung verärgert.
    »Er deutete Euch die Lage an«, antwortete die Krabbe.
    »Richtig!« sagte der Krebs selbstzufrieden. »Ich beschrieb sie, wie ich sie beobachtete. Aber da Ihr ein guter Mitmensch zu sein scheint, Herr Ma, will ich noch etwas hinzufügen, was ich nur vom Hörensagen weiß. Vor dreißig Jahren beging Taus Vater, ein Mann namens Tau Kwang, im Roten Pavillon Selbstmord. Bei vergittertem Fenster, die Tür von innen abgeschlossen. Und vor dreißig Jahren, in derselben Nacht, wurde der Kuriositätenhändler ebenfalls in der Nähe der Herberge gesehen. Man kann es Zufall nennen.«
    »Gut«, sagte Ma Jung frohgelaunt, »ich werde meinem Chef sagen, daß er in seinem Schlafzimmer mit zwei Gespenstern zu rechnen hat. Aber nun, da wir das Geschäftliche besprochen haben, erbitte ich mir Euren Rat in einer rein persönlichen Angelegenheit.«
    Die Krabbe seufzte. Gelangweilt sagte er zum Krebs:
    »Er will ein Mädchen.« Und zu Ma Jung: »Lieber Himmel, Mensch, spaziert doch in irgendein Haus in der nächsten Straße, gleich um die Ecke. Da findet Ihr alle gewünschten Typen in jeder Größe, behende in allen auszudenkenden Kunstfertigkeiten. Bedient Euch einfach!«
    »Gerade weil Ihr hier ein so reich assortiertes Lager habt«, erklärte Ma Jung, »will ich was ganz Besonderes haben. Ich bin in Fu-ling beheimatet, einem Ort in dieser Provinz. Und heute nacht möcht’ ich ein Mädchen von dort.«
    Die Krabbe rollte Kugelaugen.
    »Halt mich fest!« rief er dem Krebs erschüttert zu. »Zu Tränen bin ich gerührt! Ein Mädchen aus seinem lieben Heimatdorf!«
    »Nun ja«, sagte Ma Jung etwas verlegen. »Es kam mir eben in den Sinn, daß ich meinen Liebesgefühlen seit Jahren nicht mehr in meiner Heimatsprache Ausdruck gegeben habe.«
    »Er spricht im Schlafe. Üble Angewohnheit«, kommentierte die Krabbe, zum Krebs gewandt. Zu Ma Jung sagte er fortfahrend: »Also gut. Geht zum Blauen Turm im südlichen Viertel. Richtet der Haushälterin in unserm Auftrag aus, daß sie Silberfee für Euch reserviert. Sie kommt von Fu-ling und ist bessere Klasse über und unter dem Nabel, außerdem eine nette Person. Sie singt gut, denn sie hat

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