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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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plattzumachen.
    Das andere Wort hatte ich noch nie gehört.
    Â»Was ist Fungidings?«
    Â»Gift gegen Pilze.«
    Ich starrte auf die Packung im Regal. »Und so was ist im Müsli?«
    Â»Könnte es jedenfalls sein.«
    Die Pest zu vergiften war ja noch einigermaßen okay, aber das mit den Pilzen fand ich übertrieben. Wenn man im Müsli welche findet, braucht man sie schließlich bloß rausnehmen.
    Als es an der Wohnungstür klingelte, guckte Oskar immer noch hungrig zwischen den Schrippen auf dem Tisch und der Müslipackung im Regal hin und her, als überlegte er, welche Wahl ihm die größere Überlebenschance bot. Ich sprang auf und lief eilig in den Flur. Alle im Haus wissen, dass Mama bis mittags schläft und man sie nicht wecken darf. Die Einzigen, die sich daran nicht halten, sind die doppelten Kessler-Zwillinge.
    Bitte nicht, dachte ich, als ich die Tür aufmachte.
    Sie waren es leider bitte doch.
    Zwar nur die Hälfte, aber ausgerechnet die Mädchen.
    Â»Hallo, Rico!«, brüllte Mele mir ins Gesicht. Eigentlich heißt sie Semele, aber niemand nennt sie so. Über ihre Schulter hinweg sah ich die Tür zur oberen Kessler-Wohnung offen stehen. »Wir sind wieder da!«
    Das wusste spätestens jetzt das ganze Haus. Mit etwas Glück hatte auch Fitzke es gehört und tauchte gleich auf, um Mele wegen Ruhestörung oder öffentlicher Erregung von Ärgernis zusammenzustauchen. Allerdings hatte ich ihn, seit ich aus dem Krankenhaus zurück war, bisher nur ein einziges Mal vom Fenster aus gesehen. Es war, als würde Fitzke sich seit dem Vorfall mit Mister 2000 vor der Welt verstecken.
    Â»Wann seid ihr wiedergekommen?«, sagte ich.
    Â»Heute Morgen, ganz früh!«, brüllte Mele. »Wir haben im Auto geschlafen! Jonathan hat geschnarcht!«
    Tolle Neuigkeiten. Von den doppelten Kesslers sind Jonathan und Ludwig das harmlosere Pärchen, aber sie sind jaauch erst sechs. Mele und Afra sind knapp ein Jahr älter, aber mindestens zehn Jahre nerviger. Ich stellte mir lieber nicht vor, wie die Kesslers zu sechst in ihrem riesigen Wagen gehockt hatten, eingequetscht wie die Ölsardinen, von denen eine auch noch schnarchte. Ich hab’s nicht gerne eng um mich rum.
    Afra stand neben ihrer Schwester, kicherte nur albern und glotzte mich an. Ihre Zunge lugte ein Stückchen aus dem Mund. Ich hatte das schreckliche Gefühl, dass sie mich wie ein Jack Russell anspringen und ablecken wollte. Neben ihr, auf der Türschwelle, war eine kleine grüne Sporttasche abgestellt.
    Es gibt eineiige und zweieiige Zwillinge. Die aus einem Ei sehen genau gleich aus, und manchmal wünschte ich mir, das träfe auch auf die Kessler-Mädchen zu. Dann würde ich mich nur halb so oft erschrecken, wenn ich einer von ihnen im Treppenhaus begegne. Mele und Afra tragen die Haare zwar beide schulterlang, aber das war’s leider auch schon mit der Ähnlichkeit. Mele hat blonde Locken und blaue Augen und ist größer als ihre Schwester, während Afra braune glatte Haare hat und graue Augen.
    Â»Was wollt ihr?«, sagte ich.
    Â»Hallo sagen!«, brüllte Mele. »Dürfen wir reinkommen?«
    Afra giggelte.
    Â»Meine Mutter schläft noch«, flüsterte ich. »Also schrei gefälligst nicht so hier rum!«
    Â»Können wir trotzdem reinkommen?«, sagte Mele, endlichin normaler Lautstärke. »Unsere Ferien waren toll, wie waren deine? Hast du uns vermisst?«
    Â»Kann sein, ich hab mal an euch gedacht.«
    Man muss vorsichtig sein mit dem, was man zu kleinen Mädchen sagt. Sie fangen sonst ruck, zuck an zu heulen, denn sie sind sensible und leicht verletzliche Wesen. Das hat mir Jule mal erklärt, als sie sich mit Mama darüber unterhielt, dass Männer auf den Gefühlen von Frauen immer nur rumtrampeln.  
    SENSIBEL : Empfindsam. Ab zwei Empfindsamkeiten gleichzeitig wird es kritisch, und ab drei bricht man zusammen vor Mitleid. Ohne Empfindsamkeit ist man unsensibel, behält aber immer gute Laune, zum Beispiel, wenn jemand vor einem zufällig die Treppe runterfällt. Man muss ihn dann aber liegen lassen, sonst zählt es nicht.
    Es war ganz klar, dass Mele und Afra bloß hier waren, weil sie alles, was sie im Urlaub über die Entführungen in Berlin gehört, gesehen oder gelesen hatten, noch mal von mir hören wollten. Jede Einzelheit. Der Entführer hatte im selben Haus gewohnt wie

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