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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Zeigefinger diente mir als Innen- und Außenscheibenwischer. Hätte ich nur nie diesen Lehrerjob angenommen. Mit meinem Erbe konnte ich es mir locker leisten, gar nichts zu tun, aber das sah einfach nicht gut aus. Nach dem Unfalltod meiner Eltern hatte ich nicht nur das Häuschen in Riedhagen geerbt, sondern auch noch ein erkleckliches Barvermögen, das meine Zukunft eigentlich hätte rosig aussehen lassen können. Wenn da nur nicht der Nebel wäre.
    Ich musste mir eine Alternative zum Eisen überlegen. Nach der Schule würde ich gleich bei Herrmann vorbei fahren. Herrmann hatte garantiert eine gute Idee.
     
    Die Foto-Grafen tröpfelten langsam herein. Ich trug jeden, der zu spät erschien, in das Tagebuch ein. Ich machte mit einem Sternchen hinter jedem Namen den Vermerk Verspätung wegen Nebels, wusste natürlich, dass der Nebel bei den meisten Dunst war – das leckere Frühstückszigarettchen. Die Stimmung im Klassenzimmer entsprach dem frühen Wetter dieses Montags. Unsicher sagte ich:
    »Der Herr Pischer ist unpässlich. Mathe könnt ihr besser als ich. Also, wo waren wir das letzte Mal in Reli stehengeblieben?«
    Die Klasse machte einen auffallend ruhigen und melancholischen Eindruck. Wie nicht anders zu erwarten war, streckte die blutarme Alisa ihr dünnes, dunkel behaartes Ärmchen in die Höhe und ließ nervös den Ringfinger vom Daumen weg auf den Handballen unterhalb des Daumens schnalzen.
    »Sie haben gesagt, jeder Mann hätte auch das Recht, auf einem Frauenparkplatz zu parken, da ein Mann nichts dafür kann, dass er nicht als Frau zur Welt gekommen ist und niemand dürfe wegen seines Geschlechtes diskriminiert werden und es sei …«
    »Ähmmm. So habe ich das nicht gesagt, ich meinte lediglich …«
    »Doch, so haben Sie es gesagt!«
    Aus der mittleren Reihe ging Gottseidank eine neue, schnipsende Hand hoch.
    »Herr Bönle, in der Schwäbischen Zeitung steht, dass es die Leiche einer jungen Frau ist, die man im Ried gefunden hat. Stimmt es, dass es die Alexandra ist?«
    Nun war die Frage heraus, die die Klasse belastet hatte. Jetzt war an einen normalen Unterricht nicht mehr zu denken. Ich versuchte, mich nicht festzulegen und meine Unsicherheit durch schulische Routine zu überspielen:
    »Ich weiß es nicht. Hoffentlich nicht! Ich befürchte … Wer fehlt denn heute?«
    Außer Sergej und Alexandra waren alle Schüler anwesend. Pflichtbewusst notierte ich dies im Heiligen Buch der Klasse.
    »Wer war der sechsjährige Junge, der die Leiche gefunden hat?«
    Ich musste meinen Schülern nun Rede und Antwort stehen. Da sie bestimmt schon aus Tratschquellen und von Tobi einiges wussten, überlegte ich mir genau, was ich sagte.
    »Der Junge vom Bürgermeister.«
    »Stimmt es, dass beim Tobi auf dem Hof, ähm, so Leichenteile gefunden wurden? Sie waren doch auch dort. Der fährt doch bei Ihnen mit.«
    Tobi verschränkte die Arme vor der Brust und sein Blick wanderte desinteressiert zum Fenster hinaus. Mein aufforderndes Nicken, Stellung zu nehmen ignorierte er.
    »Das wisst ihr doch alles schon von Tobi selbst. Ansonsten müsst ihr die Polizei fragen oder abwarten, was die Rechtsmedizin herausbekommt.«
    »Denken Sie, dass die Leiche Alexandra ist?«
    »Vielleicht. Sie fehlte seit Anfang letzter Woche, ich hoffe, dass sie noch auftaucht … lebendig.«
    Ich musste heftig schlucken.
    »Wann weiß die Polizei, ob es sich um die Alexandra handelt?«
    »Bestimmt schon heute, vielleicht wussten sie es sogar schon am Freitagabend, die Leiche schien noch nicht arg verwest zu sein. Und wenn die Angehörigen anhand von Aussehen, Schmuck oder Kleidung sagen können, dass es Alexandra ist …«
    »Wie ist das, wenn man tot ist? Sie haben doch Theologie studiert.«
    »Gute Frage, aber kein Mensch kann sie beantworten.«
    »Doch, die, die schon tot waren, bei einem Unfall oder bei einer Operation. Die sehen dann alles von oben und gehen durch einen Tunnel und so. Die gehen wie durch ein Rohr auf ein helles Licht zu und dann sehen sie ihr ganzes Leben noch einmal.«
    Ich versuchte in die medial geprägten Vorstellungen meiner Schüler von Sterben und Tod etwas Ordnung zu bringen:
    »Aber richtig tot waren die nicht, sonst wären sie nicht wieder ins Leben zurückgekommen.«
    »Doch, die waren richtig tot, da gibt es auch den Film mit der, die so super aussieht, der Julia Roberts, wow. Und die sind auch richtig tot. Das sieht man an den Instrumenten ganz genau, und das sind ja sogar Ärzte.«
    Wieder einmal hatte

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