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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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nur noch den Refrain und den Schluss, das geht ungefähr so: Raiber ond Vagant ziehet ibers Land mit Stehla ond mit Bettel … Der Schluss geht dann ungefähr so, ich habe mir die CD gekauft, als sie letzten Monat in Saulgau im Stadtforum gespielt haben:
    Em Sommer 1819 war dr Afang vom End
    – do schiaßt oinr vom Schwaaz Vere ama Soldat
en da Grend.
    Ond alle handse gschnappt, bei Waldsee ond bei
Eschach,
    en Ketta glegt, auf d’Wäga nauf ond ab noch Bibe-
rach.
    Em Juli war a G’witter, do war ’n schwera Sturm,
    ond wia ’s dr Deifel will: dr Blitz hauts en da
Turm!
    Dr Vere den hots droffa iber d’Kette an dr Wand.
    Der war ganz verbroda, ganz verbrennt.
    Dr Vere den hots droffa iber d’Kette an dr Wand,
    der war ganz verschmolza mit saim Eisaband!«
     
    Die Stammtischler hatten andächtig zugehört. Sie staunten anerkennend. Der 89-jährige Häberle nickte mit dem Kopf, fuhr sich durch den Bart und meinte:
    »So eine wilde Musik wie ihr Jungen hör ich mir nicht an, aber das stimmt alles. Woher kennst du denn den Text so gut?«
    »Ich hab die CD.«
    Lindemann, der vom Text nicht alles verstanden hatte, schien noch nicht ganz zufrieden. Mit seinem Düsseldorfer Hochdeutsch fragte er nach:
    »Ja, und, was hat das nun mit dieser Riedfrau zu tun?«
    Häberle schlug sich gegen die haarlose Stirn:
    »Ja, denk halt einfach mal nach! Wenn die Bande vom Schwaazen Vere sich im Ried versteckt hat, ja dann hatten die bestimmt auch Weiber dort, verstehst du?«
    »Nicht ganz.«
    »Ja, du Depp, du Fischkopf, das ist doch klar, da geht halt eine von denen um. Von seinen Weibern.«
    »Ach so! Und das soll ich glauben? Das ist doch alles oberschwäbische Bauernfantasie.«
    »Du Seckel, den Vere hats wirklich gegeben. In Saulgau gibt es sogar eine Buchhandlung, die so heißt: Schwaaz Vere.«
    Lindemann öffnete erstaunt seinen Mund:
    »Neee, nicht dein Ernst, nach einem Verbrecher benannt? Eine Buchhandlung?«
    Er dachte kurz, aber heftig nach:
    »Dann ist vielleicht die Rieddame seine Frau gewesen? Diesem Schwatzen-Vere seine?«
    »Nicht schwatz, sondern schwaaz von schwarz.«
    »War das ein Afrikaner?«
    »Oh du Seckel, er hatte dunkle Haare.«
    »Oder auch nicht, vielleicht nur einen dunklen Teint.«
    »Häää?«
     
    Die wenigen Kinder des Dorfes hatten plötzlich keine Lust mehr, im Ried Räuber und Gendarm zu spielen. Zu nachhaltig waren die gestenreichen Erzählungen des bürgermeisterlichen Nachwuchses. Es war nach der Obduktion der Leiche durch den Hallingerschen Tratsch der ganzen Gemeinde bekannt, dass im Körper des Opfers das Gift des Fliegenpilzes und des grünen Knollenblätterpilzes nachgewiesen wurde und dass postmortal die Körperteile entfernt worden waren. Besonderes Interesse fand die Tatsache, dass dem Opfer die unterste, linke Rippe entfernt wurde. Im Dorf wurde von den Frauen außergewöhnlich leise gemunkelt, wenn es um ein heikles Detail der Tat ging:
    »Kurz vor ihrem Tod hatte sie wohl noch Geschlechtsverkehr.«
    Die Männer des Dorfes äußerten sich weniger sensibel:
    »Wenigstens noch einmal gerammelt.«
     
    Gestern wurde der Porsche Diesel fertig.
    »Dein Scheiß-Winterfahrzeug ist endlich fertig, kannst es abholen«, meldete mir die freundliche Stimme Herrmanns auf meinem Anrufbeantworter, den ich jedoch einen Tag zu spät abgehört hatte.
    Der Traktor war wohl doch morscher, als Herrmann mir weisgemacht hatte. Als ich ihn endlich abholte, strahlte Herrmann über seine fleischigen, roten Wangen.
    »Herrgottnochmal, den geb ich nicht gern her. Sieht voll geil aus. Echtes Liebhaberstück. Hat jetzt halt doch länger gedauert, war ne Scheißarbeit. Der ganze Träger hier war durchgefault. Hab aber alles voll super geschweißt.«
    Er drückte mir mit seiner rechten Pratze den Zündschlüssel in die Hand. Die Finger seiner Linken tanzten an einem geschweißten Stahlstück entlang und er grinste mich aus seinen feisten Wangen herausfordernd an:
    »Überraschung! Guck her, die hab ich noch eingebaut. Das Scheißteil ist aus dem alten Benz, der grauen Heckflosse, dort hinten.«
    Er deutete auf einen steinalten Mercedes W 110 mit eleganter Heckflosse, Baujahr 1963.
    Ich schaute in die schmale Fahrerkabine meines neuen Fortbewegungs- und Transportmittels und staunte. Unter das dünne schwarze Lenkrad hatte mir Herrmann ein gebrauchtes Blaupunktradio mit Kassettendeck eingebaut.
    »Zweimal fuffzig Watt. Das war ein Geschiss, bis ich die Scheißlautsprecher eingebaut hatte!«
    »Und das hier ist

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