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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Abschlussrunden im Gourmet-Kreisel an der Kleber Post krönten meine Testfahrt.
    Der Lehrerparkplatz war voll, wie immer waren die Behindertenparkplätze frei. Eigentlich bin ich ja ein toleranter Mensch, aber letztendlich gehören bei einem 160-köpfigen Lehrerkollegium auch 159 Behindertenparkplätze zur Verfügung gestellt.
    Mit diesen Überlegungen parkte ich elegant rückwärts auf einen mit einem Rollstuhl gekennzeichneten Parkplatz ein. Als ich meine winzige Fahrerkabine verließ, hörte ich eine echauffierte Stimme. Die Stimme gehörte Frau Hämmerle-Dufoise. Die berüchtigte, frankophile Lehrerin näselte mich an:
    »Entschuldigung, sind Sie behindert?«
    »Aaah, boschur, Frau Hämmerle Danvos«, begrüßte ich sie mit einer eleganten Verbeugung.
    »Hämmerle-Dufoise, bitte! Sie stehen auf dem Behindertenparkplatz. Sehen Sie denn nicht das blaue Schild?«
    »Bringt das Unglück?«
    »Wie bitte? Ich wollte Sie nur höflich darauf aufmerksam machen, dass Sie auf einem Behindertenparkplatz stehen.«
    »Das sehe ich selbst, woher wissen Sie, dass ich nicht behindert bin?«
    »Äääh, was soll das? Sie haben keinen Aufkleber an Ihrem Gefährt, äääh, an der Windschutzscheibe oder was immer das da sein soll.«
    »Den hole ich mir später noch aus dem Sekretariat. Und ich habe im eigentlichen Sinne keine Windschutzscheibe. Ich bin heute zum ersten Mal mit meinem behindertengerechten Fahrzeug hier. Ein Auto darf ich gar nicht fahren, mit meiner Behinderung.«
    »Oh, Entschuldigung Herr …?«
    »Bönle, Daniel Bönle.«
    »Aber Sie machen – Sie verzeihen meine Direktheit – keinen behinderten Eindruck.«
    »Es gibt ja nicht nur körperliche Behinderungen.«
    Frau Hämmerle-Dufoise war sichtlich verunsichert und zupfte nervös mit ihren Spinnenfingern an ihrem bunt geblümelten Seidenschal.
    »Ja, Herr Bönle, dann mal nichts für ungut, ich muss dann mal. Die Schülerinnen warten.«
    Frau Hämmerle-Dufoise stakste salzstängeldürr kopfschüttelnd in Richtung Hauswirtschaftsschule, zur sogenannten Puddingakademie.
     
    Die Fotografen-Schüler waren fast vollständig, nur Sergej und Tobi fehlten. Ich vermerkte die Abwesenheit der beiden im Klassenbuch. Ich schrieb langsam, es war ein sakraler Akt des Autoritätserhalts.
    »Weiß jemand was von Tobi?«
    Kumulatives Schulterzucken.
    »Und von Sergej? Offiziell beginnen die Herbstferien erst nächsten Montag. Das gilt übrigens für alle.«
    »Der ist wahrscheinlich in Russland, dort ist doch seine Schwester beerdigt worden.«
    Ich nickte kurz, tatsächlich war es der Wunsch der Eltern, Alexandra in der anderen, in der ukrainischen Parallelheimat in Sevastopol zu beerdigen. In aller Stille.
    »Wo waren wir das letzte Mal stehengeblieben? Bei aller Betroffenheit muss auch wieder Alltag einkehren.«
    Die anämische Alisa hob brav ihr dünnes bleiches Ärmchen und schnipste, indem sie ihren Ringfinger gewohnt heftig in die Handfläche warf. Ich versuchte sie zu ignorieren und schaute auffordernd ins entgegengesetzte Schülereck. Keine Reaktionen.
    »Na, Alisa?«
    »Sie haben gesagt, dass die Japser nur kopieren, dass sie keinerlei Kreativität in ihren gelben Hirnen hätten, dass sie zu doof wären, einen echten V-Motor zu bauen. Da müssten nämlich … Moment mal, ich habs mir aufgeschrieben.«
    Alisa, die Eifrige, blätterte hektisch in ihrem Religionsordner.
    »… da müssten nämlich beide Pleuelstangen auf einem Hupzapfen sitzen und dann haben Sie noch …«
    »Ähmmm. Das hab ich so nicht gesagt und außerdem heißt es Hubzapfen mit b vorn. Der Zapfen hebt etwas, er hupt nicht.«
    »Und dann haben Sie noch gesagt, und wenn ich euch noch mal die Trinität erkläre, davon wird auch keiner in Somalia satt.«
    »Seit wann fehlt denn Tobi?«, fragte ich, um nicht weiter mit meiner Pädagogik konfrontiert zu werden.
    »Steht im Klassenbuch, seit Dienstag – glaub ich.«
    »Danke. Wer von euch weiß noch, wie man Trinität symbolisch darstellen kann?«
    Überraschend viele Hände gingen in die Höhe.
    »So wie am Scheunentor?«
    »Hää?«
    »Ja, wie beim Fränkel.«
    Überraschend viele Köpfe nickten.
    »Da habt ihr recht.«
    »Meinen Sie, der Täter hat das auch religiös gemeint?«
    »Was denkt ihr?«
    »Sie haben uns doch erklärt, das hat was mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist zu tun. Vielleicht hat das ja was mit Tobis Vater, Tobi und mit Weißgottwem zu tun? Auf jeden Fall ist es unheimlich, vielleicht steckt da der Satan dahinter.

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