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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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durch die Rechtsmedizin in Tübingen müssen noch abgewartet werden.
    Bürgermeister Hallinger aus Riedhagen, der den Tatort besichtigte, betonte in diesem Zusammenhang, dass Riedhagen nach wie vor als sicheres Gebiet gelte und trotz der schrecklichen Vorkommnisse alles getan werden muss, den Fremdenverkehr anzukurbeln.
     
    Ich faltete mein geliebtes Tagesblatt neben meinem Frühstück wieder zusammen und wunderte mich, dass es Zuder bis zur Schwäbischen Zeitung geschafft hatte. Ich kannte Erwin Zuder. Ich hatte mit ihm zwei Semester Germanistik in Tübingen studiert. Er hatte, ähnlich wie ich, vor allem die Freuden des studentischen Daseins genossen. Und den vom Zeitungsverleger Joseph Pulitzer gestifteten gleichnamigen Preis für hervorragende journalistische Leistungen würde er nie gewinnen. Doch ohne mein tägliches Schwabenblatt war ein Frühstück für mich undenkbar. Und es gab ja beim Blättle nicht nur den Alt-Freak und Nostalgie-Kiffer Zuder.
    An und für sich bin ich ein moderner Mensch, aber Kiffen finde ich die rauchende Ausgeburt posthippieglückseligen Spießertums. Wenn Frauen, die das Klimakterium schon längst überschritten und Halsfalten wie griechische Landschildkröten haben, und Männer mit Schmerbäuchen und eigenen Krautlandstücken abends die Vorhänge zuziehen, ein Stück schwarzen Afghanen aus einem Geheimversteck herausholen und ›In A Gadda Da Vida‹ von Iron Butterfly auflegen, sich trotz zunehmender rheumatischer Beschwerden im Lotossitz vor die Lautsprecherboxen setzen und noch ein Räucherstäbchen mit Patschuliduft in einen Bronze-Buddha stecken – dann finde ich das recht bedenklich.
    Gut, ich konsumiere auch Drogen und das fast jeden Tag. Ich denke schon, dass ein Leben ohne das vergorene, kohlensäure- und alkoholhaltige Naturgetränk viel von seiner Attraktivität verlieren würde. Aber ich mache mich mit dieser kontrollierten Form des Konsums einer legalen Alltagsdroge wenigstens nicht lächerlich.
    Zum Frühstück hatte ich mir die Hälfte der übrig gebliebenen Rindsroulade von gestern Abend einverleibt. Cäci hatte nur eine Gerollte gegessen. Eine kalte Rindsroulade ist nicht zu verachten. Man muss nicht immer warm frühstücken. Man kann kalt auch etwas schneller essen.
    Da die Zeit am Freitagmorgen immer knapp war, schnitt ich den letzten Rest der selbst gemachten, gefüllten Rindfleischspezialität in dünne Rädchen auf und legte sie zwischen zwei daumendicke Bauernbrotscheiben, die untere bebuttert. Ich bewunderte noch einmal die Kunst meines gestrigen kulinarischen Schaffens, bevor die abschließende Brotscheibe die herrlichen Scheibchen verdeckte. Mittig aus dem Rouladenrad betrachtete mich das grüne, senfumrandete Auge, der unentbehrlichen speckumgarnten Essiggurke, die in der Kombination mit mürbem Rindfleisch und fein geschnittenen Zwiebeln den unnachahmlichen Geschmack einer Rindsroulade ausmachte. Das Vesperbrot für meinen harten Berufsalltag an der Gewerblichen Berufsschule war fertiggestellt.
     
    Auch in der letzten Stunde vor den Ferien stellte ich meine wichtigste pädagogische Frage und vermied es, Alisa, die bleiche Schnellstreckerin, anzuschauen:
    »Guten Morgen, wo sind wir denn gestern stehengeblieben?«
    »Haben Sie das von dem Totenkopf im Ried auch schon gehört?«
    »Ja, in der Schwäbischen habe ich es gelesen und in Riedhagen geht so eine Neuigkeit schnell herum.«
    »Glauben Sie, das hat was mit Alexandra zu tun?«
    »Hoffentlich nicht, sonst könnte man davon ausgehen, dass ein Serienmörder unterwegs ist. Der Schädel scheint schon länger im Ried zu liegen. Komisch erscheint mir, dass niemand vermisst wird. Das muss also nichts mit Alexandras Tod zu tun haben.«
    »Vielleicht ist der Kopf von einer Moorleiche.«
    »Oder ein Überbleibsel vom Krieg?«
    Wild spekulierte die Klasse, bis ich einschritt:
    »Wo sind wir stehengeblieben? Inhaltlich!«
    »Sie mussten zum Rektor, was wollte der von Ihnen?«
    »Das geht euch nichts an. Er meinte, wir sollten mal ins Ried gehen, dorthin, wo Alexandra gefunden wurde. Wo waren wir inhaltlich stehengeblieben?«
    »Sie sagten, dass Sie sich auf die Rindsrouladen freuen würden, und ohne Essiggurke würde es nicht gehen. Sie haben uns dann das Rezept diktiert. Aber meine Mama macht ein hartes Ei statt der Gurke rein, ich soll einen schönen Gruß von ihr sagen, das sollen sie auch mal probieren. Wann gehen wir ins Ried?«
    »Verdammt noch mal, wollt ihr mich eigentlich verarschen? Ich sagte

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