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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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sandfarbene, kniehohe Gras.
    Vor ihren Füßen lag ein totes, braunes Kaninchen, der Kopf war weit nach hinten verdreht, durch die aufgeschlitzte Kehle sah man bis zu den Halswirbeln. Ein Ohr des Tieres war abgeschnitten und lag neben dem Nager. Die Spitze des Ohres war dunkel von verkrustetem Blut. Ich fotografierte.
    »Das ist keine Farbe am Kreuz, das ist Blut, Hasenblut.«
    »Und das Ohr war wohl der Pinsel«, fügte ich, auf den abgeschnittenen Löffel des toten Meister Lampe deutend, hinzu.
    Der stattliche Rolf stieß mit der Fußspitze gegen das entleibte, einohrige Nagetier:
    »Das ist kein Hase, das ist ein Kaninchen, ein Stall-Kaninchen.«
    »Ein Stallhase also«, bemerkte ich.
    Strafend schaute mich Rolf an.
    »Stallhasen sind immer Kaninchen man sagt nur Stallhasen. Hasen hält man gar nicht als Haustiere.«
    Ich war verwirrt und Rolf war stolz.
    »Oh mein Gooott!« Vicky riss beide zitternden Hände, die Finger weit gespreizt vors Gesicht, ohne dies jedoch zu berühren, damit sie die Schminke nicht verschmierte – so wie sie es aus amerikanischen TV-Serien und deren deutschen Plagiaten gelernt hatte.
    Die Schüler schauten mich entsetzt an.
    »Das wird ja immer unheimlicher. Und wenn der Mörder doch noch im Ried ist?«
    Unsicher spähten die Schüler rundum.
    »Oh mein Goooott!« Vicky hauchte ihren Lieblingssatz nur noch.
    Ihre Freundin Anita kam zu ihr und legte schützend einen Arm über ihre Schulter.
    »Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass er noch geschwind vorbeikommt und uns alle ins Jenseits befördert oder die Ohren abschneidet«, versuchte ich die ängstliche Stimmung etwas aufzulockern.
    »Oh mein Gooooott!« Vicky setzte sich auf den feuchten Riedboden. »Ich kann nicht mehr! Oh mein Gott!«
    Anita schaute zu mir, verdrehte die Augen und tippte sich unauffällig an die Stirn.
    Besänftigend, mit pädagogisch weichem, gesenktem Gesicht nickte ich verständnisvoll mit einem langsamen Augenaufschlag zu Vicky hinunter, die ihren Kopf schützend zwischen ihre hübschen Knie gesenkt hatte:
    »Da kann dein Gott auch nichts dafür.«
    »Oh mein Gott, Herr Bönle, halten Sie mich.«
    Sie streckte mir von unten ihre hübsche Hand entgegen. Ich tätschelte sie vorsichtig.
     
    Es dauerte nicht lange, bis die Polizei kam. Der Ort war zwar durch den saftigen Boden mit Fahrzeugen nicht zu erreichen, doch die Dienststelle in Bad Saulgau hatte die beiden Kollegen, die gerade in der Riedwirtschaft die Wirtsleute befragten und einen großen Schwäbischen Wurstsalat aßen, zu Alexandras Kreuz abbeordert. Trotzdem mussten wir noch warten, bis der Rest der ermittelnden Truppe eintraf. Ich war etwas enttäuscht, dass die Blonde nicht dabei war. Ein kleiner, dicker Herr mit Glatze stellte sich mir als Kommissar Festle vor, er sei die Vertretung der Vertretung. Bei jedem Satz lachte er über seine eigenen Späße, und so war das Erstverhör in idyllischer Riedumgebung, bei beständig sinkender Außentemperatur durch Kommissar Festle und seine Kollegen für die Schüler eine spannende Unterbrechung im oberschwäbischen Schülerleben. Der feiste Festle fragte mich zweimal, ob ich nicht wisse, wo sich Tobias Fränkel im Augenblick aufhalten würde. Auch die fesche Vicky hatte sich wieder beruhigt, ich durfte ihre Hand wieder loslassen. Sie nörgelte nur, dass es immer kühler würde. Rolf bot sich an, er wärmte sie ein bisschen. Sein massiger Körper würde nicht so schnell auskühlen.
    Immer früher neigte sich die Sonne nun schamrot hinter die dunklen Tannenbäume über das westliche Ende des Rieds. Fledermäuse nutzten die letzten warmen Tage, um sich für die Winterruhe wenige Gramm Reservespeck anzuspeisen. Wie kleine Pelzseelen gaukelten sie zwischen den Bäumen hinter nichts ahnenden Insekten her.

18 Riedgrab
    Das Buch Ijob
    5:26 Bei voller Kraft steigst du ins Grab, wie man Garben einbringt zu ihrer Zeit.
     
    Hilde hatte das Bedürfnis, ihrem Ex eine E-Mail nach Heidelberg zu schicken. Sie wollte ihn in der Ferne etwas am spannenden Dorfleben teilhaben lassen. Und sie hatte immer noch ein schlechtes Gewissen Philipp gegenüber. Ihn hatte die Trennung sehr mitgenommen. Sie wusste, dass er in Heidelberg einen Therapiekurs ›Trennung nacharbeiten – Trennung verarbeiten – Trennung bearbeiten‹ besuchte.
    Sie hackte auf die Tastatur ein, bis ihre Nase ihr Einhalt gebot.
    »Scheiße, die Pilze kochen über!«
    Sie raste zum Herd, nahm den Topf von der Platte und deckte den Tisch.
    Das Essen

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