Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
mager genug sein, schau dir doch die Modelle im Fernsehen an, da kann man ja jede Rippe zählen. Da holt sich ein Mann ja blaue Flecken! Früher war an allem mehr Speck dran, selbst an der Sau.«
Ich nickte.
»Eine furchtbare Geschichte, und das bei uns am Hof. Die denken ja immer, ich krieg nichts mehr mit, aber … Holzauge, sei wachsam.«
Sie kicherte und deutete mit ihrer rechten Hand auf ihr linkes Auge, um das die feinen Runzeln wanderten. Ein Kügelchen des Rosenkranzes aus böhmischem Granat schlug gegen ihr Gebiss und gab ein porzellaniges Geräusch von sich.
»Und der Depp wollte sich gleich an die blonde Kommissarin ranmachen, das passt doch nicht zusammen. Ein ruinierter Metzger und halblebiger Bauer und eine studierte Kommissarin! Der und seine Weiber alleweil, der kann einfach nicht die Finger von denen lassen. Ja, sag mal, erzähl mal von dir. Ich hab gehört, dass du jetzt Lehrer bist. Musst jeden Tag auf Saulgau fahren? Ja, aber das hast du mit deinem Erb doch nicht nötig, dich von den Jungen ärgern zu lassen. Stimmt das, dass dir dein Vater so viel hinterlassen hat?«
Ich nickte.
»Den einen fällts in Schoß, die anderen treibts in Ruin, ohne dass sie was dafür können.«
Ich nickte langsam.
»Du musst den Horst schon verstehen, er war nicht immer so. Aber wenn halt alles den Bach runtergeht und man hat geschafft und geschafft. Das ist halt schon ein Elend.«
»War die Hilde gerade bei euch?«
»Die geschuckte Lehrerin mit ihren Lamas? Ja, wegen der Eier.«
»Wegen welcher Eier?«, forschte ich nach.
»Wie meinst du das?«
»Wie, wie meinst du das?«
»Hast du da Hintergedanken?«
Verlegen kratzte ich meinen Kopf und sagte:
»Nein, aber Sie haben ja vorhin selbst gesagt, dass er die Finger nicht von den Weibern lassen kann.«
Sie nahm die aufgeschlagene Bibel und blätterte kundig einige Seiten weiter:
»Hier stehts im Buch Judit. Das ist schön, dass nicht nur Mannsbilder in der Bibel schreiben:
Ein einzelnes Weib der Hebräer hat Schande über das ganze Haus des Königs Nebukadnezar gebracht. Seht her: Holofernes liegt am Boden, und er hat keinen Kopf mehr. Die Strafe kommt immer. Ja, ja, wer Schande bringt! Die Weiber heut sind so kokett, da hat es mein Bub nicht immer leicht. Die holen sich heut das Mannsbild, das sie wollen. Früher wars grad andersrum. Da wär man gern noch mal jung.«
Sie nickte vielsagend und ihre wasserblauen Augen schienen durch mich hindurch zu schauen. Ich blickte wohl etwas verwundert.
»So ein Ripp bringt heute jeden Mann in Kalamitäten! Oh, ich hör den Traktor, hau ab, sonst muss ich bloß wieder Red und Antwort stehen, wenn er sieht, dass wir miteinander gesprochen haben.«
Eigentlich hatte nur sie gesprochen.
»Wo ist Tobi?«, fragte ich beim Aufstehen.
»Schnell, hau ab! Es war schon genug Unglück! Guck, der Rab sitzt auf dem Dach, oh je, der bringt Unglück!«
Mit zitternder Hand und schaukelndem Rosenkranz deutete sie durchs Fenster auf eine Krähe, die auf dem Giebeldach der Gesindekammer saß.
15 Riedsex
Das Hohelied
5:10 Mein Geliebter ist weiß und rot, ist ausgezeichnet vor Tausenden.
5:14 Seine Finger sind wie Stäbe aus Gold, mit Steinen aus Tarschisch besetzt. Sein Leib ist wie eine Platte aus Elfenbein, mit Saphiren bedeckt.
5:15 Seine Schenkel sind Marmorsäulen, auf Sockeln von Feingold. Seine Gestalt ist wie der Libanon, erlesen wie Zedern.
4:1 Schön bist du, meine Freundin, ja, du bist schön. Hinter dem Schleier deine Augen wie Tauben. Dein Haar gleicht einer Herde von Ziegen, die herabzieht von Gileads Bergen.
7:3 Dein Schoß ist ein rundes Becken, Würzwein mangle ihm nicht. Dein Leib ist ein Weizenhügel, mit Lilien umstellt.
7:4 Deine Brüste sind wie zwei Kitzlein, wie die Zwillinge einer Gazelle.
Meike aus Bergisch Gladbach hatte ein Problem. Sie war verheiratet, aber Kinderglück war ihr verwehrt geblieben. Ihr Mann war im mittleren Management beim krisengebeutelten Opelkonzern. Meike hatte eine Putzfrau, eine Tiefkühltruhe, eine Spülmaschine, eine Waschmaschine, einen Kaffeevollautomaten und einen Mikrowellenherd. Also wusste sie den ganzen Tag nicht, was tun. Daher trank sie Martini. Gegen den morgendlichen Kater nahm sie Kopfschmerztabletten, die gingen auf den Magen, für den Magen nahm sie Tropfen, die gingen in die Gelenke. Irgendwann war sie auf Tillidin. Meike war abhängig, sie war ein Tabletten- und Martinijunkie und ein psychisches Wrack, sie fühlte sich unverstanden und unnütz.
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