Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
ihren Ellbogen in meine Seite.
»Ja, die Idee mit dem Zeichen. Cäci hatte Racko voll unter Kontrolle, sie hat ihn mit Gummibärchen gefüttert. Und ich hatte dann eben die Idee, dass wir Müllers Liebling nur mit einer geheimnisvollen Botschaft wieder zum Herrchen entlassen sollten. Mit einem Feuerzeug haben wir dann einen trockenen Stecken angekokelt und Racko ein Pentagramm auf den hellen Pelz gemalt. Und weil die besten Ideen bei der Tat kommen, habe ich dann die schwarzen Streifen mit meinem Messer nachgezeichnet, sodass das Zeichen wie rasiert aussah. Und weil es zu rasiert aussah, haben wir mit Erde und Ruß das Teufelssymbol nachgezeichnet. Das sah schon beeindruckend aus. Weil Racko brav still hielt und vor Freude mit dem Schwanz wedelte und Cäcis Gesicht leidenschaftlich leckte, haben wir das Zeichen auch noch auf die andere Seite tätowiert. Das war eigentlich alles, eigentlich nichts Besonderes!«
»Aber die Wirkung!«, jauchzte Frieda, »die Wirkung, als der Hund wieder winselnd und völlig verstört hier ankam! Das nehm ich euch nicht ab, dass der so still gehalten hat. Der kam doch völlig aus dem Häuschen bei uns wieder an!«
Cäci und ich schauten zu Tobi, wir nickten ihm auffordernd zu.
»Ja, daran bin wohl ich schuld. Als Cäci ihn weggeschickt hat, habe ich ihm kräftig den Schuh in den Arsch geschlagen. Mich hat es einfach angestunken, dass er sich in meine Stiefel verbissen hatte.«
Frieda schaute zufrieden in die Runde:
»Soll ich euch noch was bringen? Und jetzt mal ehrlich, war das alles so schlimm? Läuft der Laden oder läuft er nicht? Tut das der Region gut oder nicht? Und Tobi, sei mal ehrlich! Das hat dir doch richtig Spaß gemacht? Und jetzt hattet ihr gestern und heute Pause …«
Tobi nickte eifrig, für ihn schien das Riedtheater die beste Therapie zu sein. Der Glanz des Lebens war in seinen Augen zurück. Manchmal schien es mir, als hungere er nach neuem Leben, wenn er mit uns die Ried-Living-Ghost-Show inszenierte.
Eigentlich habe ich nichts gegen Psychotherapien, Aufstellungen, Rückführungen, Konfrontationstherapien, Urschreitherapien, Vollmondgesprächstherapien und all das Zeugs. Es war ja auch Vorlesungsbestandteil meines unruhigen Studentenlebens.
Ich habe aber etwas gegen Therapien, bei denen die Leidenden nicht die Patienten sind, also patiens, leidend, sondern die Therapeuten sind aus niedrigen Gründen leidend, weil sie wieder mal stundenlang, mit dem Schlaf kämpfend, vor einer Couch saßen oder gelangweilt verschiedenste Menschen in verschiedensten Rollen aufgestellt haben, um diese zu therapierenden Menschen dann mit den Zusatzproblemen, die man in der Therapie in vielen Stunden geschaffen hat, allein zu lassen und sie nun doppelt beladen in die Freiheit entlässt. Auch habe ich etwas gegen sogenannte Konfrontationstherapien, in denen man Arachnophobikern eine achtbeinige Riesenspinne mitten ins Gesicht setzt oder gar der Schwiegermutter, um somit die Angst vor beiden zu tilgen. Auch muss man jemanden, der Angst vor Bungeespringen hat, nicht zum Bungee-Jumping zwingen, damit er diese Angst verliert. Vielleicht macht es ja Sinn, Angst vor dem Bungeespringen zu haben, denn bei einigen war auch schon mal das Seil zu lang. Auch habe ich etwas gegen Schreitherapien, in denen Unzufriedene den mitleidenden, hörgeschädigten Therapeuten ihre Ängste in sogenannten Urschreitherapien lauthals um die Ohren schlagen, um somit die Angst im Raum zu lassen – meist beim Therapeuten, dem die zu Therapierenden immer unheimlicher werden. Eigentlich hat es nur Joe Cocker geschafft – Woodstock – aber hallo, merkt das überhaupt jemand? Joe Cocker, der weiß genau, welche Therapie funktioniert, er hat es ja gesungen: With a little help from my friends. Und er hat es anders gesungen als die Beatles, diese Oberlangweiler mit ihren Frisürchen! Er hat es im August 1969 in Woodstock als Botschaft an alle künftigen Psychotherapeuten in die Welt hinausgebrüllt: With a little help from my friends! Ja, nur so kann therapiert werden, mit Freunden, und mit Tobi haben wir einen Freund gewonnen.
Tobi nickte rotwangig noch einmal kräftig:
»Ja, das hat irre Spaß gemacht.«
Er senkte geschamig seinen Blick auf den Tisch und murmelte ganz leise:
»Danke, danke euch allen.«
»Mama, das muss ein Ende haben.«
»Was?«
»Frag nicht so blöd, Mama, das weißt du ganz genau. Das wächst uns langsam über den Kopf. Schau mal in die Zeitungen rein, der Teufelshund ist
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