Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
auf der ersten Seite. Wir hören auf. Lange geht das nicht mehr gut, dann fliegen wir auf.«
Ich nickte zur nachdenklichen Frieda hin, die dann wie beiläufig sagte:
»Ich verstehe euch schon, aber jetzt, wo es so gut läuft, da sollte man noch eins draufsetzen.«
Ich schaute entrüstet:
»Ja, wie denn noch eins draufsetzen? Sollen wir etwa noch durch die Luft fliegen?«
Und schon hatte ich meine spontane Frage bereut. Frieda nickte und meinte mit vollem Ernst:
»Zum Beispiel!«
»Mama, wir wollen aufhören, es wird zu gefährlich. Mehr Gäste fasst doch das Lokal gar nicht mehr, selbst die zusätzlichen Bedienungen sind überfordert. Und dein Straßenausschank, wenn das der WKD erfährt.«
Ich stimmte Cäci zu:
»Frieda, wir müssen wirklich aufpassen, das mit dem Hund war schon nicht mehr witzig. Und wie ich ein paar Dorfdeppen kenne, ziehen die bald mit ihren Gewehren los, um das Riedweiblein zu schießen.«
Ich deutete mit einer fahrigen Handbewegung auf die Trophäensammlung ihres verstorbenen Jägergatten:
»Dann hängen unsere Köpfe auch bald in irgendeinem Jagdzimmer. Das dreiköpfige Riedweible!«
Frieda kratzte sich nachdenklich an ihrer streng nach hinten gekämmten Frisur, die in einem frechen runden Knoten endete.
»Ja, dann macht halt mal eine Pause, ist vielleicht ganz gut so. Dann wird es wieder etwas spannender, wenn ihr dann später vielleicht noch …«
»Maaaaama!«
»Ist ja schon gut, die Arbeit ruft. Soll ich noch was bringen?«
»Nein, danke.«
»Äääh, gern noch, ein Wurstbrot vielleicht? Ich habe schon ein bisschen Hunger.«
Frieda war gerührt:
»Ich bring dir ein halbes Hähnchen mit Pommes. Du brauchst was, du bist jung!«
Tobi strahlte wie das Kernkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986.
Allmählich füllte sich auch der Innenbereich der Gastwirtschaft. Tobi nagte begeistert an seinem Hähnchen, als ich schemenhaft durch die Butzenglasscheibe, die das Jagdzimmer vom großen Schankraum abtrennte, blond und schlank sah.
»Oh je, Cäci geh mal schnell raus und lenk die Krieger ab, die Kommissarin. Ich habe sie gerade durch die Scheibe gesehen.«
Tobi wurde ganz bleich und blickte zur Tür.
»Keine Panik, schnapp dir dein Hähnchen, ich gehe jetzt ganz langsam über die Küche mit dir raus, da kann uns niemand sehen.«
»Doch, die Küchenhilfen!«
»Bleib ruhig, das regle ich schon.«
Über die Küche führte ich Tobi bis zum Treppenaufgang. Als ich wieder durch die Küche zurückging, klatschte ich kurz in die Hände. Die blonden, russischen Küchenhilfen blickten mich erstaunt an. Ich setzte mein verwegenstes Gesicht auf, lehnte mich lässig an den Herd und meinte zu den Mädchen:
»Wenn hier gleich die Bullen antanzen, ihr habt hier niemanden gesehen, ist das klar? Weder mich noch meinen Begleiter, ist das klar? Sollte jemand etwas anders vorhaben, denkt einfach daran: Nicht nur eure Papis haben Connections zur Russenmafia! Auch ich! Vielmehr: Ich bin die Russenmafia!«
Die Mädels kicherten blond, zwei von ihnen kannte ich aus meinem Unterricht. Ich fügte sicherheitshalber hinzu:
»Jetzt mal ganz im Ernst, Mädels. Es wäre nett von euch, wenn ihr meinen Begleiter nicht erwähnen würdet, wenn irgendjemand danach fragt. Danke.«
»Kein Problem, Herr Bönle!«
Wieder kicherte es fünfmal blond.
Im Nebenzimmer saßen schon die beiden Schönen. Einmal blond, einmal brünett. Ein angetrunkenes Bier zu viel stand noch auf dem Tisch. Wenn es jemand merkte, dann die Blonde.
»Aaah, hallo, Herr Bönle!«
Sie streckte mir ihre schöne Hand entgegen. Ich verneigte mich zu einem angedeuteten Handkuss.
»Enchanté, Frau Hauptkommissarin. Ich bin entzückt, Sie bei bester Gesundheit zu sehen. Ich wähnte Sie unpässlich …«
»Setzen Sie sich! Sagen Sie nur etwas, wenn ich Sie frage.«
Cäci hatte ein rotes Köpfchen bekommen und fixierte mich giftig, drehte ihr errötetes Haupt grazil zur Kommissarin und meinte:
»Tut mir leid, Frau Krieger, ich muss ihn nehmen, wie er ist. Er hat auch gute Seiten, wenn auch nur wenige.«
Die kühle Blonde grinste frauensolidarisch:
»Die habe ich leider noch nie kennengelernt.«
Sie deutete auf das dritte Bierglas, das viel Restalkohol besaß, und wollte zu der Frage ansetzen, von der ich durch mein Begrüßungstheater ablenken wollte, als Frieda hereinkam.
»Grüß Gott, Frau Kommissarin. Mal wieder im Dienst, was darf ich Ihnen bringen? Aah, hier hab ichs stehn lassen!«
Sie setzte sich vor Tobis Bierglas und nahm
Weitere Kostenlose Bücher