Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
jetzt tun?«
29 Wirtschaftsgespräche
Das Buch Jesus Sirach
8:17 Führe kein vertrauliches Gespräch mit einem Toren; er kann dein Geheimnis nicht für sich behalten.
Ferien, echte, durch mehr oder weniger harte Arbeit verdiente Ferien. Ich konnte es gar nicht glauben. Am Freitag war ich mit der Klasse noch im Ried und jetzt immer noch: Ferien. Ich frohlockte jeden Morgen. Früher, nach meinem Studium hatte ich ständig Ferien, aber das war bei Weitem kein so ein erhebendes Gefühl wie diese Ferien. Und dann noch so ein Wetter. Blauer Himmel, bunte Bäume und milde Herbstabende – wie im Sommer. Da braucht man nicht auf die Malediven.
Es war Dienstag und das Unternehmen living ghost war besser angelaufen, als wir alle gedacht hatten. Am Samstag und am Sonntag waren unsere Einsatztage. Es war für Cäci und mich eine wahre Freude, mit welch geistigem Engagement Tobi zurück ins Leben stürmte. Vor jedem unserer Auftritte als Riedweib war er mit fröhlichem Lampenfieber erfüllt, er gab sich selbst den Spitznamen: Geistobi.
Cäci und mir war die Sache eher peinlich, da selbst die Bildzeitung titelte:
Riedfrau oder Riedshow?
Es war nur der Tatsache, dass wir drei jeden begehbaren Flecken im Ried kannten, zu verdanken, dass wir von der Meute der wilden Reporter und dorfansässigen, selbsternannten Geisterjäger nicht gefasst wurden. Auch legten wir größten Wert darauf, kurze, aber stilvolle Auftritte mit einer ansprechenden Choreografie zu präsentieren. Und somit steigerte sich das Niveau der Darbietungen mit jedem Auftritt.
Tobi hatte die kreative Idee, während der Sonntagsvorstellung als Riedweible über das Wasser zu gehen. Zwischen zwei Tannen spannten wir ein Seil über einen Tümpel, dann hängte sich Tobi bei dieser Premiere mit seiner untergezogenen Bergsteigerausrüstung in das oben gespannte Seil mit einem Karabinerhaken ein und wir zogen ihn ganz langsam, knapp über der Wasseroberfläche, an das gegenüberliegende Ufer des nächtlichen Gewässers. Für diese einzigartige Inszenierung hatten wir uns eine Stelle ausgesucht, die von der Südseite des Rieds her nicht begehbar war und somit Schutz vor den gierigen Reportern und den mittlerweile mit Mistgabeln bewaffneten, bäuerlichen Geisterfängern bot. Einige der Reporter und selbst ernannte Hobby-Ghostbuster sanken bei dem Versuch, den Spuk zu begreifen, bis zur Brust in den morastigen Boden ein. Jeder der Verdutzten wollte so nahe wie möglich an das Riedweible herankommen. Doch wir hatten alles bestens berechnet, wir wollten ja nicht den Reportern mit ihren Kameras und Mikrofonen und den aufgebrachten Riedhagenern zum Opfer fallen.
Die Aufnahme in der Bildzeitung war sensationell. Der Herr von Bild hatte offensichtlich das lichtstärkste Teleobjektiv und somit das beste Bild in Bild.
Schemenhaft, aber trotzdem eindeutig konturiert sah man das hell gewandete Riedweiblein mit bleichem, fast leuchtendem Gesicht, wie es mit ausgestreckten Armen über das Wasser lief. Besonders eindrucksvoll wirkten die übergroß geschminkten, dunklen Augen, die dem Kopf mit den langen Haaren und dem weit aufgerissenen Mund einen totenschädelartigen Ausdruck verliehen. Ein Windstoß im richtigen Augenblick sorgte dafür, dass die schwarzen, wehenden Haare und das flatternde, weiße Gewand in ihrer surreal anmutenden Dynamik die Magie dieses Fotos ausmachte. Die Aufnahme, die in dunkelster Nacht geschossen wurde, war jedoch immer noch so grobkörnig, dass man Seil und Haken nicht erkennen konnte.
Den Bildern der Reporter wiederum war es zu verdanken, dass sowohl der Goldene Ochsen als auch die Riedwirtschaft jeden Tag proppevoll waren. Frieda strahlte von morgens bis abends über ihr schweißglänzendes Gesicht.
Cäci und ich suchten in einer ruhigen Minute das Gespräch mit ihr:
»Mama, wir müssen damit aufhören, die schnappen uns bald. Am Sonntag hatte der Müller sogar seinen Schäferhund dabei und ihn auf uns gehetzt. Tobi ist gebissen worden.«
»Welcher Müller?«
»Danis Nachbar, der Frührentner.«
»Ach der! Der Köter ist doch harmlos. Dann wart ihr das mit dem Hund, mit dem Unheilszeichen?«
Voller Respekt nickte Frieda uns zu.
»Sein Hund ist aber nicht harmlos. Der kennt das Ried und ist wie eine Gazelle über die Grasbatzen gesprungen und trocken bei uns angekommen.«
»Ja, und?«
»Dann ist er auf Tobi losgegangen. Wir waren doch in unseren Verstecken. Wie hätte das ausgesehen, wenn plötzlich zwei hektische Riedweible versucht
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