Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
sich geweigert hatte, zur Untersuchung mit ins Krankenhaus zu gehen.
Die blonde, ermittelnde Beamtin, die in Friedas Reich wohl noch auf der Suche nach Tobi gewesen war, hatte versucht, das erste Tohuwabohu zu ordnen, bis die angeforderten Beamten eingetroffen waren. Alle, die etwas gesehen oder gehört hatten, mussten in der Gaststätte bleiben. Und das waren alle.
»Keiner verlässt ohne meine Erlaubnis den Raum!«
Frieda wurde mit dem Dienstpersonal gebeten, ein Auge auf die Gäste zu haben. Es waren bestimmt 60 Personen. Allmählich beruhigte sich die aufgewühlte Stimmung und auf ein nicht wahrnehmbares Zeichen hin war es auf einen Schlag still in der Gastwirtschaft. Alle schauten auf die Kommissarin und ihre bewaffneten Begleiter.
»Butzi! Warum ist Butzi immer noch nicht da?«, schrie plötzlich Cäci.
Im Durcheinander hatten wir völlig vergessen, dass er immer noch hinter dem Schützen herjagte. Mittlerweile waren 20 Minuten vergangen.
Die Blonde beruhigte:
»Ich habe schon eine Fahndung nach Ihrem Freund und dem Skoda rausgegeben. So weit können die ja noch nicht sein. Mit den Fahrzeugen!«
In diesem Augenblick wurde die Tür aufgestoßen und Butzi wankte keuchend mit Sergej am Schlawittchen herein. Sofort bildeten sich kleine Pfützen unter ihnen.
»Hallo, kann jemand meine Harley holen und mir das Arschloch abnehmen?«
Sergej wollte sofort auf Tobi losgehen, als er diesen mit einem Kopfverband am Tisch sitzen sah.
»Ich dich umbringe, du Sau. Du chast meine Schwester auf Gewissen!«
Schäumend vor Wut hatte er sich von Butzi losgerissen. Schnell kreuzten drei eifrige Beamte seinen Weg.
Härmle, der mittlerweile ebenfalls eingetroffen war, nickte nur und murmelte:
»Handschellen.«
Der tobende Sergej rief immer wieder in Richtung Tobi:
»Dafür du wirst bezahlen! Wenn du gestern auf Hof gewesen, chätte ich dir kalt gemacht wie Sau. Dann chätten dein Eltern auch Wurst von dich gemacht.«
Härmle hielt eine Hand auf seinen Bauch und rief:
»So, Ruhe jetzt, wir trennen mal die Spreu vom Weizen.«
Er deutete auf die MIKEBOSSler, Sergej, Tobi, Herrn und Frau Fränkel, die von zwei eifrigen Beamten abgeholt worden waren, Cäci und mich.
»Ab ins Nebenzimmer! Vier Beamte mit! Der Rest bleibt hier, übliche Routine!«
Frieda schob die Butzenscheibenglastrennwand vor, wir bildeten einen intimen Zirkel von Zeugen und Verdächtigen. Von draußen aus dem großen Schankraum hörte man keinen Mucks, alle versuchten sie als dunkle Schatten, dicht an die mehrfarbige Scheibe gedrängt, zu lauschen.
Härmle deutete unauffällig in seine Magengegend und nickte der imposanten Blonden auffordernd zu. Sie stand breitbeinig, unbändige Tatkraft suggerierend, die Hände in die festen Hüften gestemmt, auf der schmalen Erhebung, auf der auch der Kachelofen stand.
»Ich bitte Sie alle hierzubleiben. Wenn jemand einen Rechtsanwalt anrufen will, bitte! Einige Fragen möchte ich gern sofort stellen, wenn wir schon alle auf einem Haufen zusammen haben. Übrigens, Herr Hold, brauchen Sie einen Arzt?«
Sergej schüttelte seinen Kopf und meinte lakonisch:
»Ich nix brauche, nur mein Waffe, um den da totschießen!«
Sergej deutete auf den blassen Tobi.
»Du Russenarsch, wie oft soll ichs dir noch sagen, ich habe deiner Schwester nichts getan! Ich habe sie geliebt!«
»Dann ist das also Ihre Waffe?«
Die Beamtin in Blond nickte einem Kollegen zu, der die Pistole mit spitzen Fingern in einer Plastiktüte hochhob. Sergej nickte, er wusste, dass man seine Spuren finden würde.
»Wir machen das nun so: Alle bleiben hier, Sergej Hold und Tobias Fränkel kommen mit nach Saulgau.«
»Handschellen?«, fragte ein treuer Beamter mit einem schnellen Blick auf Tobias.
Die Kommissarin nickte kurz und bestimmt.
»Was soll das?«, schrie Tobi verzweifelt auf.
»Ich habe der Alex doch nichts getan!«
Seine letzten Worte gingen in ein Schluchzen über.
In diesem Augenblick wurde die Schiebetür aufgerissen und eine Frau mit dunklen Haaren und funkelnden Augen stürmte herein.
»Lassen Sie Tobi in Ruhe, der hat nichts damit zu tun. Ich wars, ich habe die beiden Frauen getötet!«
Die Frau, die sich Luna nannte, stand mit einer schier unglaublichen Präsenz im Raum. Ihre Lippen zitterten, als sie noch einmal rief:
»Der Tobi hat nichts damit zu tun. Ich wars!«
Im Neben- und im Gastraum hätte man ein Spätzle fallen hören können. Niemand atmete, nicht einmal der mächtige entleibte Keiler, der über dem Kopf der
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