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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Arbeit geleistet.«
Pfalzgraf Ludwig und der Erzbischof von Trier hatten es sich nicht nehmen lassen, an der Spitze ihrer hochgerüsteten Truppen den lieben Freund, Fürstbischof Konrad von Thüngen, auf dem Weg von Heidelberg zurück nach Würzburg zu begleiten. Bei Neckarsulm wollte man sich dem großen bündischen Heer anschließen.
Entspannt die Gesichter und im heiteren Gespräch vertieft, trabten sie nebeneinander durch blühende Maiwiesen. Nahe dem Dorf Malsch jedoch mussten die Herren mit Schnupftüchern ihre Nasen schützen. Nicht der Geruch aus den noch rauchenden Trümmern, es war der süßliche Gestank nach verbranntem Fleisch, der sie belästigte. Die Straße führte durchs Dorf. Alle Häuser waren niedergebrannt. Kadaver von Pferden und Kühen säumten den Weg. In der Ortsmitte geriet der Tross vollends ins Stocken. Schweine fraßen aus den aufgebrochenen Leibern der erschlagenen Bauern und ließen sich nur unwillig von ihrer Mahlzeit verjagen.
Sekretär Lorenz Fries lenkte das Pferd neben seinen Fürstbischof. »Es wäre äußerst lehrreich und von gemeinem Nutz, wenn solches hier die aufrührerischen Bauern in Franken auch sehen könnten.« Dicht vor ihnen versuchte ein Schwein den gerade herausgerissenen Bissen gegen den Stock eines Waffenknechts zu verteidigen. Fries betrachtete zustimmend das furchtbare Schauspiel. »Ohne Zweifel, Herr, würden sich die Empörer bei diesem Anblick besinnen und sich nur allzu klar werden, wohin ihr Weg führt. Sie würden umkehren, um sich selbst, wie auch Weib und Kind, vor solch einem Ende zu bewahren.«
»Gott möge den Verirrten helfen.« Bischof Konrad schnalzte seinem Ross. »Auch möge er meinem Würzburg gnädig sein und den Bürgern Vernunft schenken. Denn Wir kommen zurück, und Wir sind entschlossen, bei aller Milde Unseres Herzens, Recht und Frieden wieder einzusetzen.«
Einen halben Gulden für jeden. Die beiden Wachposten am Pleichacher Tor öffneten die Riegel an der engen Pforte und wandten sich ab. Hinter ihnen schlüpften Hans Bermeter und Florian, angetan mit Federhut, Koller und Schwert, aus der Stadt, dicht gefolgt von einer hageren Gestalt im dunklen Umhang, das Gesicht war unter dem Rand der grauen Filzkappe nicht zu erkennen. Rasch entschwand die Gruppe in der Abenddämmerung.
Ein lauer Wind wehte. Am Bach hatten sich die Büsche schon in schwarze Fabelwesen verwandelt, der Himmel aber trug noch das Hell vom Tag und ließ die blasse Mondsichel nur erahnen. Ein Stück weit liefen die Männer schweigend den Uferweg entlang in Richtung Mühlhausen. An einer schmalen Brücke blieb Bermeter stehen, nahm den Hut vom Kopf und riss mit schnellem Griff den wippenden grün und rot gefärbten Federbusch herunter. »Vorbei. Der Hauptmann wird entlassen.« Er wischte nach Florian. »Na los, Kleiner. Runter mit dem blauen Luftfeger. Auch den Adjutanten werden wir hier ins Wasser werfen.« Das Fingerschnippen galt der dürren Gestalt. »Schnappenspengler, her mit dem Rucksack. Und jetzt zück deine Schere und schneidere uns aus den Hüten einfache Kappen!«
Die bunten Federn treiselten davon. Florian hatte seinen Lederkoller schon halb abgestreift, als er wieder zögerte. »Die Sachen sind doch noch gut. Viel zu schade fürs Wegwerfen.«
»Soll uns jeder gleich als Freund der Bauern erkennen?« Aus dem Handgelenk heraus gab ihm Bermeter einen Klaps gegen den Hinterkopf. »Und jetzt frag nicht, gehorche einfach. Sobald wir in Sicherheit sind, erklär ich es dir gerne lang und breit.«
Auch die grellbunten Hosen mussten geopfert, nur die Stulpenstiefel durften behalten werden. »Das versteht jeder. Die haben wir uns von irgendeinem Erschlagenen geliehen.« Mit schnellen Fingern überprüfte Bermeter den Sitz der beiden prall gefüllten Geldkatzen um seine Mitte, dann zog er für sich und Florian schlichte schwarze Röcke und braune Strümpfe aus dem Rucksack. »Von nun an, Kleiner, wird wieder gewürfelt. Oder du gehst mit dem Hut rum, wenn ich auf dem Markt die Flöte spiele.«
Er rieb die Handflächen aneinander, klatschte einige Male und trat dicht vor den Schneider hin. »Schnappenspengler, nur bis hierher, so hatten wir’s ausgemacht. Hier trennen sich unsere Wege.« Scharf sah er ihm in die Augen, gleichzeitig nutzte er das Halbdunkel, unmerklich sank die Hand auf den Dolchgriff. »Du bist zufrieden? Oder?«
»Ich bin’s.«
»Wir haben die Sachen von den Domherren gut im Bauernlager verkauft und gerecht verteilt. Sag du es auch, weil ich keinen Arg

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