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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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ihm.«
    Johanna wies auf eine Art Turm inmitten der Rebanlage, es war ein hüfthohes Fundament aus Feldsteinen, und an den Ecken ragten Sparren in die Höhe. »Was ist das?«
    »Das haben die Juniorpartner aus Geisenheim mitgebracht.« Philipp Achenbach zuckte mit den Achseln. »Ob es funktioniert? Keine Ahnung. Es ist ein Öko-Turm. Manuel hat ihn gebaut. Weinberge sind im Grunde genommen Monokulturen, ziemlich leblos, voller Chemie mit verdichteten Böden. Wenn man jetzt anfängt, so wie wir, die Böden zwischen den Weinstöcken zu begrünen, kommt das Leben zurück, aber nur, wenn man ihm eine Wohnung gibt. Die Türme sind für Vögel, für Insekten und für Eidechsen, der Turm ist als Brutplatz und Zufluchtsort gedacht.«
    »Was für eine nette Idee«, sagte Johanna; tatsächlich empfand sie diesen Turm als lächerlich – mit Pfadfindermetho den die Welt retten – rührend geradezu.
    Philipp Achenbach sah ihr die Gedanken an. »Fragen Sie mich nicht, wie viele Insektenarten jährlich aussterben. Die fehlen uns zur Bestäubung. Aber John Deere wird sicherlich eine Landmaschine erfinden, die das übernehmen kann, und die Deutsche Bank leiht uns das Geld, um sie zu kaufen.« Bei den letzten Worten war seine Stimme schneidend geworden. »Deshalb hat Manuel, wie früher jeder Bauer, direkt hinter dem Haus unseren Nutzgarten angelegt; er wird sich um die Selbstversorgung kümmern und hat bei Neumond im März die ersten Obstbäume gepflanzt.«
    Johanna verkniff sich weitere Bemerkungen. Im Grunde genommen empfand sie es als gut und richtig, aber war es nicht verlorene Liebesmüh? Und gleichzeitig zweifelte sie, ob sie das Recht hatte, sich über Menschen zu stellen, die hier mit Schwung und voller Freude etwas Neues aufbauten. |69| Eine halbe Stunde später erreichten sie das Weingut. Thomas Achenbach saß über Listen gebeugt am Schreibtisch, sein Vater erledigte einige Telefonate. Johanna betrachtete das Foto der Frau auf seinem Schreibtisch.
    »Was sagt Ihre Frau zu dem Mord in Geisenheim? Der Gedanke, dass da ein Mörder herumläuft, ist für eine Mutter bestimmt beängstigend.«
    Philipp Achenbach brauchte einen Moment, bis er darauf kam, was Johanna auf den Gedanken gebracht hatte. »Sie meinen die Frau auf dem Foto? Nein, das ist meine Freundin. Sie kommt zu uns, wenn sie ihre Galerie zugemacht hat. Und was Thomas’ Mutter angeht   ...«
    »Die ist weit weg.« Thomas hatte zugehört. »Es interessiert sie nicht mehr, was wir so treiben – oder ob sich hier irgendwo ein Mörder herumtreibt.«
    Johanna fühlte sich von Philipp Achenbach aufgefordert, ihm nach draußen zu folgen. Es machte ihr deutlich, dass er vor seinem Sohn nicht über dieses Thema reden wollte. »Holen wir Ihr Gepäck aus dem Auto. Ich zeige Ihnen dann Ihr Zimmer. Sie werden nach dem Essen und einigen Gläsern kaum zurückfahren wollen?«
    »Ich habe mich darauf eingestellt.« Johanna war sich jedoch nicht mehr sicher, ob sie die Einladung annehmen sollte. In letzter Zeit war sie zu oft allein, um es zu ertragen, wenn ihr heiles Familienleben vorgespielt wurde. Es konfrontierte sie viel zu sehr mit sich, mit ihrer Einsamkeit, und sie sah sehr deutlich, was sie vermisste, seit sie von Carl mehr oder weniger getrennt lebte. Aber diese Landkommune, bestehend aus Vater, Sohn, Freund und Freundin empfand sie als amüsant, und sie sagte zu. »Wo Manuel mich derart charmant eingeladen hat, kann ich schlecht Nein sagen   ...«
    »Das freut mich.« Philipp Achenbach ging zu Johannas Wagen und wartete am Kofferraum. »Das mit dem Mord ist für das Opfer wie für Manuel eine Katastrophe. Bei seinem |70| Hintergrund kann ihn das aus der Bahn werfen. Seit er bei uns ist, hat er sich stabilisiert. Ich bin sehr froh, dass die beiden Jungs sich so gut verstehen.«
    »Was meinen Sie mit seinem Hintergrund? Wenn man die jungen Leute nur ein- oder zweimal in der Woche sieht und unten im Hörsaal vor ihnen steht, weiß man so gut wie nichts über sie. Sie kommen höchstens mal vorbei, wenn sie eine Terminverlängerung für ihre Arbeit brauchen oder eine Klausur zum zweiten Mal schreiben müssen.«
    »Bei Manuel wird das kaum der Fall sein«, sagte Philipp Achenbach und forderte Johanna auf, ihm in den Keller zu folgen. »Sie sollten sich mal die Lüftungsanlage ansehen. Da sind wir ungestört. Manuel muss nicht merken, wenn über ihn geredet wird. Wir haben sowieso die halbe Nacht Theorien gewälzt   ...«
    »...   wer die junge Frau umgebracht haben

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