Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
oder Überwachungskameras zu installieren.
Er öffnete die Tür und schaltete die Taschenlampe ein. Sofort umhüllte ihn der starke, vertraute Geruch nach Rauch und Fisch. Im dunklen Inneren sah alles normal aus. Die schottischen Wildlachse hingen dicht an dicht von der Decke. Er wollte schon gehen, beschloss aber, sich kurz umzusehen, und betätigte die Kurbel, mit der man die Deckenschiene bewegen konnte, um die hängenden Fische zu inspizieren. Da bemerkte er, dass vier große Fische von ihren Haken gefallen waren und auf dem Abtropfbrett darunter lagen.
Wie zum Teufel war das passiert?
Hatte es in der Nacht ein Problem mit dem Räucherofen gegeben? Ein Hightechsystem, in das sie dann doch investiert hatten, war der Temperaturalarm. Falls die Temperatur in einem Räucherofen zu niedrig wurde oder in einem Kühlhaus zu sehr anstieg, erhielt sein technischer Leiter Tom White einen Anruf und musste sofort herkommen. Hatte er hier drinnen gearbeitet? Doch selbst wenn, Tom war ein umsichtiger Mann; er würde niemals vier teure Lachse auf dem Abtropfbrett liegen lassen.
Er rief ihn auf dem Handy an – vermutlich war er gerade in seiner Werkstatt ganz am Ende der Räucherei. White meldete sich sofort, gab aber nicht die Antwort, auf die David Harris gehofft hatte. Es hatte nachts keine Probleme gegeben. Keinen Alarm.
Er hängte ein und fragte sich, ob es ein Einbruchsversuch gewesen war. Eilig hängte er die Lachse wieder auf und überprüfte die nächsten vier Öfen, in denen aber alles in Ordnung war. An den Kühlhäusern bemerkte er entsetzt, dass das Vorhängeschloss an der ersten Tür ebenfalls offen herabbaumelte.
Scheiße!
Er riss die schwere Schiebetür auf und rechnete schon damit, ein leeres Kühlhaus vorzufinden. Die kalte Luft traf ihn wie ein Schock. Doch alles sah normal aus. Die geräucherten Lachse hingen in ordentlichen Reihen an dem automatischen Transportsystem. Sechs Reihen, zwischen denen kein Mensch hindurchpasste, bildeten eine feste Wand. Erleichtert schloss er die Tür.
Erst als seine Mitarbeiter die Fische viel später versandfertig machten, entdeckten sie, was ihm entgangen war.
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»MITTWOCH, 5. MAI, 8.30 UHR. Dies ist die sechsundzwanzigste Besprechung der Operation Violin .« Und wir treten verdammt nochmal auf der Stelle , hätte er am liebsten hinzugefügt. Doch solche Tiefpunkte gab es bei fast jeder Ermittlung.
Roy Grace war schlechtgelaunt. Seine größte Sorge galt Cleo, die fast in Ohnmacht gefallen war, als sie morgens aus der Dusche kam. Sie bestand darauf, das Wasser sei lediglich zu heiß gewesen, doch er wollte sie umgehend ins Krankenhaus bringen. Sie hatte sich geweigert und gesagt, es gehe ihr bestens, sie hätten zu wenig Personal im Leichenschauhaus und könnten nicht auf sie verzichten.
Er machte sich auch Sorgen wegen des Falls. Es war eine Mordermittlung, doch der zündende Funke fehlte. Zwar hatte er seine vertrauten Mitarbeiter im Team, vermisste aber die übliche Konzentration und Entschlossenheit. Er kannte auch den Grund. Es war der falsche Grund, aber er war menschlich. Das Opfer war ja nur Ewan Preece.
Obwohl er auf eine so schreckliche Weise gestorben war, weinte ihm bei der Sussex Police niemand eine Träne nach. Trotzdem würde er einige Zivilbeamte zur Beerdigung schicken, um die Trauergemeinde im Auge zu behalten.
Preece mochte ein unerfreuliches Subjekt gewesen sein, aber man hatte ihn ermordet. Und es war nicht seine Aufgabe, Urteile zu fällen, sondern den Mörder zu finden und hinter Gitter zu bringen. Und dafür brauchte er ein motiviertes Team.
»Bevor wir die einzelnen Berichte durchgehen, fasse ich noch mal kurz zusammen.« Er stand auf und deutete auf die Tafel, auf der drei rote Überschriften zu sehen waren. »Eine erste Theorie lautet, dass keine Verbindung zwischen dem Mord an Preece und dem Tod des Radfahrers Tony Revere besteht. Preece hat sich ständig Feinde gemacht. Er könnte sich mit jemandem um ein Drogenrevier gestritten oder einen Kumpel hintergangen haben. Oder er war einfach mit der falschen Frau im Bett.«
Duncan Crocker hob die Hand. »Bei diesem Ansatz stört mich die Sache mit der Kamera, Chef. Warum haben sie ihn nicht einfach getötet? Weshalb die teure Kamera ruinieren?«
»Da draußen laufen jede Menge Sadisten herum«, erwiderte Grace. »Aber bei der Sache mit der Kamera gebe ich Ihnen recht. Darauf kommen wir noch zurück. So, die zweite lautet, dass Preece von jemandem getötet wurde, der auf die Belohnung
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