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Riley - Im Schein der Finsternis -

Riley - Im Schein der Finsternis -

Titel: Riley - Im Schein der Finsternis - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël , Ulrike Laszlo
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Speichel mehr erzeugte, den ich tatsächlich hätte schlucken können, tat ich es trotzdem. Wie es scheint, wird man alte Gewohnheiten so schnell nicht los.
    »Ganz zu schweigen davon, dass du so gut wie nichts über das Hier und Jetzt weißt.«
    Jetzt schenkte ich ihm meine ungeteilte Aufmerksamkeit.
    »Du hast keine Ahnung, wie das alles funktioniert, richtig?«, fragte Bodhi.
    Ich sah ihm in die Augen.
    »Niemand steckt hier irgendwo fest, Riley. Im Ernst, wofür hältst du diesen Ort denn?«
    Ich war mir, ehrlich gesagt, nicht sicher, denn zu viele Fragen stürmten auf mich ein.
    Er senkte seinen Kopf und hielt seinen grünen Strohhalm mit den Zähnen fest. »Dann schätze ich mal, dass du niemals herausfinden wirst, wozu du hier fähig bist. Da du anscheinend glaubst, hier gefangen zu sein.«
    Ich riss staunend den Mund auf und bekam erst einmal kein Wort heraus. »Du meinst, ich kann … ich kann vielleicht … kann vielleicht tatsächlich eines Tages dreizehn werden?«, brachte ich schließlich hervor. Ich presste meine Lippen aufeinander. Das wäre zu schön, um wahr zu sein.
    Aber Bodhi zuckte nur verhalten und unverbindlich die Schultern. »Mir sind keine Grenzen bekannt – dort ist sehr vieles möglich. Aber traurig ist, dass du dort niemals ankommen wirst, wenn du keinen Weg hier heraus findest.«
    Ich starrte auf meine tanzenden, heißen Zehen. Die Stimme in meinem Kopf feuerte mich an: » Konzentriere dich. Fokussiere. Schau dir diesen Ort an, so wie er wirklich ist, nicht so, wie Rebecca ihn dir vorführen will.«
    Und das tat ich dann auch.
    Kurz darauf legte sich der Wind, das Feuer erlosch, die Erde hörte auf, sich zu bewegen, und meine Zehen kühlten ab. Nur meine Haare waren immer noch zerzaust.
    »Damit kannst du dich später noch beschäftigen.« Bodhi lachte und fasste mir unter das Kinn. »Vorher müssen wir allerdings noch einige Seelen befreien.«

 

EINUNDZWANZIG
     
    B uttercup und ich schlugen eine Richtung ein, Bodhi die andere. Wir gingen auf die gequälten Seelen zu, die uns am nächsten standen, nahmen sie an der Hand und tauchten in ihre Welt des Schmerzes ein, bis wir ihnen den kleinen Moment der Stille zeigen konnten, von dem aus sie ihrer Hölle entfliehen konnten.
    Und wenn ihr glaubt, das klinge ganz einfach, wenn ihr denkt, das sei kinderleicht, dann lasst mich euch sagen, dass es das keineswegs ist.
    Nicht einmal ansatzweise.
    In Wahrheit waren wir einigen sehr düsteren Dingen ausgesetzt. Und auch einigen beängstigenden, ziemlich schrecklichen und sehr traurigen Sachen. Und was mich betrifft, kann ich nur sagen, dass ich Leid gesehen habe, das ich mir zuvor niemals hätte vorstellen können – und mir auch niemals hätte ausmalen wollen .
    Ich spürte den Schlag der Peitsche auf meinem nackten Rücken, der meine Haut aufplatzen ließ und zum Bluten brachte.
    Ich sah mit unbeschreiblicher Angst eine Bowlingkugel vor mir, die absichtlich auf mich zugeschossen wurde, knapp an meinem Gesicht vorbeirollte und mich nur um wenige Zentimeter verfehlte.
    Ich hörte das grauenhafte Knacken, als dieselbe Bowlingkugel einen weniger vom Glück begünstigten Freund traf, und ich wusste, dass noch einer meiner Brüder sein Leben hatte lassen müssen.
    Ich machte trotzdem einfach weiter, bot Hoffnung, Liebe und Mitgefühl an – die drei stärksten Kräfte im Universum –, und wenn ich sah, dass sich eine kleine Lücke der Stille auftat, dann ermutigte ich sie, diese Chance zu nützen, sich darauf zu konzentrieren und den Spalt zu weiten, bis sie hineinschlüpfen konnten.
    Bis er groß genug war, damit sie darin davonfliegen konnten.
    Und währenddessen geschah etwas Merkwürdiges.
    Jedes Mal, wenn wir eine Seele befreiten, wurde Rebeccas Welt, ihre dunkle, schimmernde Blase des Zorns, ein wenig kleiner.
    Obwohl ich sie nicht sehen konnte, wusste ich aufgrund von Buttercups Verhalten – er senkte den Kopf und zog den Schwanz ein –, dass Rebecca sich irgendwo in unserer Nähe befand. Aber bis auf Weiteres wagte sie es nicht, sich uns zu zeigen, und, ehrlich gesagt, fühlte ich mich von der Aufgabe, die ich gerade bewältigte, so bestärkt, dass es mir wahrscheinlich egal gewesen wäre, wenn sie aufgetaucht wäre.
    Plötzlich gab es etwas, was mir vorher gefehlt hatte: einen starken Glauben an mich selbst und die Verheißung auf eine Zukunft, an die ich nicht einmal zu denken gewagt hatte. Wenn es wahr war, was Bodhi gesagt hatte, dann würde sich vielleicht mein größter Traum doch

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