Ring aus Feuer
Entschuldigung für die gefühllose Art, wie er Tessa behandelt hatte. Und er mied sie nun, weil er sich in ihrer Gegenwart einfach nicht wie ein zivilisierter Mann verhalten konnte.
Wenn es um Tessa Marlowe ging, benahm er sich plötzlich völlig unberechenbar. Er wollte sie besitzen und über sie bestimmen. Tessa musste ihn für einen Unmenschen halten. Aber das war immer noch besser, als dass ihr bewusst würde, welch unheimliche Macht sie über ihn hatte.
Sie brauchte nur ihre tiefgrünen Augen auf ihn zu richten und ihre sinnlichen Lippen etwas zu schürzen, und Stavros war verloren. Wenn er dann noch ihren Körper berührte, verließ ihn sein gesunder Menschenverstand.
Sto diavolo! Er wollte ihr beinahe glauben. Aber dann würde er zum Idioten werden, genau wie sein Vater.
Vorsichtig goss Tessa den kräftigen heißen Kaffee aus der Kanne in zwei kleine Tassen.
„Das sieht gut aus“, bemerkte Vassilis und beugte sich weiter vor. „Viel besser als beim ersten Mal.“
Sie lachte und fühlte sich so lebendig wie seit Wochen nicht mehr. Ihr erster Versuch, griechischen Kaffee zu brauen, war eine Katastrophe gewesen. Und jetzt, nach mehreren Tagen der Übung, war das Ergebnis endlich genießbar.
Amüsiert sah sie dem alten Mann in die Augen, der sie unter buschigen Brauen aufmerksam betrachtete. Manchmal war ihr die Ähnlichkeit zwischen Stavros und seinem Vater fast unheimlich. Die gleichen Augen, die gleiche Statur, das gleiche Temperament.
Und sie fragte sich, ob Stavros – genau wie sein Vater – einen weichen Kern hatte, den er sorgsam vor der Öffentlichkeit verbarg. Leider würde sie ihm nie nahe genug sein, um das herauszufinden. Diese Gewissheit versetzte ihr einen schmerzhaften Stich.
„Nicht schlecht“, lobte Vassilis sie und stellte seine Tasse wieder ab. „Um ganz ehrlich zu sein …“ Er brach ab und zog die Augenbrauen hoch.
Tessa spürte das unverkennbare Prickeln, das über ihre Haut lief, sobald Stavros in ihrer Nähe war. Da stand er mit düsterer Miene, so als bereite er sich auf eine weitere Auseinandersetzung mit ihr vor. Vermutlich wollte er seinen Unmut darüber äußern, dass sie ohne seine ausdrückliche Erlaubnis täglich zu seinem Vater fuhr.
Ihre Arme waren wie gelähmt. Fühlte sie sich stark genug für einen neuen Streit?
„Wie schön, dass die Familie sich trifft“, begann Stavros schneidend. „Ihr zwei wirkt ja recht vertraut miteinander.“
Trotz seiner sarkastischen Begrüßung reagierte Tessa sofort auf seine männliche Ausstrahlung und seine tiefe, erotische Stimme.
„Stavros! Was machst du denn hier?“, erkundigte sich Vassilis. „Ist im Büro etwas vorgefallen? Du bist früh zurück.“
„Alles läuft bestens, patera. Ich wollte einfach mal etwas früher Feierabend machen.“
Vassilis’ Gesichtsausdruck verriet, dass das nur selten vorkam. Tessa wandte sich Stavros zu. Angesichts seiner negativen Ausstrahlung war sie froh, dass sie bereits saß.
Schweigend betrachtete Stavros ihr Gesicht. Man sah ihm an, dass er genau wie sie an ihren gemeinsamen Kuss zurückdachte. An die alles verzehrende Leidenschaft zwischen ihnen, an die gewaltige Gefühlsexplosion. Und an die Vorwürfe, die sie verletzt und enttäuscht hatten.
Sie wandte sich ab und nahm einen Schluck von dem Kaffee. Dabei zitterte ihre Hand so stark, dass sie die heiße Flüssigkeit fast verschüttete.
„Möchtest du auch einen Kaffee haben?“, hörte sie Vassilis fragen. „Tessa macht einen ganz passablen metrio.“
„Nein, danke. Dieses Vergnügen hebe ich mir für einen späteren Zeitpunkt auf.“
Das Wort Vergnügen betonte er besonders, und Tessa lief es eiskalt den Rücken hinunter. Erfolglos versuchte sie, sich auf die Kaffeetasse in ihrer Hand zu konzentrieren. Aber eine unsichtbare Macht zwang sie, zu ihm hochzublicken.
„Ich habe etwas Wichtiges zu besprechen“, fuhr er fort und sah sie eindringlich an. „ Mit meiner Frau.“
Auf dem Weg zurück zur Villa sagte Stavros kein Wort. Tessa schwankte zwischen Erleichterung und Nervosität, und ihre Unsicherheit brachte sie fast um den Verstand.
Anstatt sie wegen der ständigen Besuche bei seinem Vater auszufragen oder ihr weitere Anschuldigungen an den Kopf zu werfen, starrte Stavros stumm auf die Straße.
Später im Haus dirigierte er sie in sein Arbeitszimmer und bat sie, an seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Dieses Mal setzte sie sich gehorsam auf den kleinen Stuhl, obwohl sie das in eine schwächere Position
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