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Ringkampf: Roman (German Edition)

Ringkampf: Roman (German Edition)

Titel: Ringkampf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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Käsefaden vom Kinn. »Freut mich. Komm rein.«
    Der elastische Jüngling tänzelte um sie herum in den Flur. Wohlerzogen erkundigte er sich, ob er die Schuhe ausziehen solle.
    Die Dramaturgin ließ ihren Blick an seinen Waden hinunterklettern und nickte. Sie kehrte zu ihrem angebissenen Jammerfladen zurück. Der junge Mann folgte barfüßig.
    »Dauert nicht mehr lange«, kaute sie. »Zieh dich ruhig schon mal aus.«
    Cora knetete kleine Kugeln aus dem Teigrand, während sie beobachtete, wie sich ihr Hausbesuch mit einem Griff das weiße T-Shirt über den Kopf streifte und einhändig lässig die Jeans aufknöpfte. Immerhin sah er besser aus als die Pizza. Sie fegte die Reste ihres desolaten Abendmahls vom Tisch. Der junge Herr glitt heran und legte seine warmen Handflächen auf ihre Hüften. Mit unendlich braunem Dackelblick zog er ihr das Hemd aus der Hose.
    Cora schüttelte den Kopf. »Ausziehen kann ich mich
alleine. Aber vielleicht könntest du dich derweil ein wenig um dich kümmern.«
    Der Jüngling lächelte ergeben. Die Dramaturgin verfolgte das rasch entstehende Werk mit Erleichterung. Den ganzen Tag war sie von männlichen Laiendarstellern umringt. Wenigstens nachts wollte sie einen Profi. Schon seit längerem hatte sie sich mit keinem Hobbyficker mehr eingelassen.
    Sie schälte sich aus ihren Kleidern, kickte den zusammengerollten Slip vom Fußgelenk und machte es sich auf dem Tisch bequem.
    Ihr später Gast präsentierte sich wie der Rekrut beim großen Zapfenstreich. Zwischen ihren Schenkeln ging er in die Knie. Seine Zunge hielt, was sein Schwanz versprach. Auch seine Handarbeit ließ keine Wünsche offen. Seit den Häkelschlüpfern ihrer Großmutter hatte Cora nichts Besseres mehr erlebt.
    In ihrem sanft geschüttelten Hirn begannen die Gedanken zu flippern. Grundlegende Einsichten waren ihr stets beim Vögeln gekommen.
    Sie schoß die kleine Silberkugel an einigen abgewetzten Männchen vorbei. Hier gab es nichts mehr zu punkten. Die Kugel rollte durch ein Tor, über dem das Gesicht von ihrem letzten Beziehungsversuch strahlte. Sie hatte sich redlich bemüht. Doch der Mann war ihr zu glücklich gewesen. Glückliche Männer sollten bei glücklichen Kühen weiden. Die Kugel rollte ins Aus.
    Das zweite Geschoß trudelte durch verschlungenere Hirnwindungen. Umsonst bemühte sich Cora, es aus dem Labyrinth hervorzulocken und auf gerade Bahnen zu lenken. Dieser Hirnstollen war als Endlager gedacht. Was hier ruhte, sollte keine Rolle mehr spielen. Wie
ferngesteuert taumelte die Kugel auf ihr dunkles Ziel zu.
    Cora öffnete die Augen. Sie wollte nicht mitansehen, was in ihrem Schädel ablief.
    Vor ihr schwitzte der Callboy. Sie fuhr mit ihren Händen über das hübsche, glänzende Gesicht. Kein seelischer Extremsportler, der mit hochalpinem Ehrgeiz von einem Gipfel der Verzweiflung zum nächsten stürmte. Kein von sich selbst Erschöpfter, bei dem es einzig noch aus den Tränensäcken tropfte.
    Cora zog den Callboy zu sich auf den Tisch. Sie drehte ihn auf den Rücken, setzte sich rittlings und grub ihre Zähne in das zarte, unbehaarte Brustfleisch.
    Sie wollte an ihrem Entschluß festhalten, sich die verknoteten Männer ein für allemal aus dem Kopf zu schlagen. Aus der Geschichte mit Alexander hatte sie gelernt, daß man gordische Männer nur mit dem Schwert lieben konnte. Was diesen jedoch nicht daran hinderte, heute abend wieder durch ihre Gehirngänge zu spuken.
    Cora spannte ihre Schenkel und gab dem Callboy die Sporen. Sie versuchte sich auf seine wohlgeformten Ohrläppchen zu konzentrieren.
    Der Fehler von Alexander war nicht, daß er sich in die Erkenntnis verschossen hatte, die Erde sei ein kalter Planet. Antarktische Lebensgefühle hielt Cora für die einzig realistischen. Sein Fehler war, daß er sich zu einem Heimchen am Herd geflüchtet hatte, anstatt sich ein paar wärmere Unterhosen zu kaufen.
    Cora und ihr Callboy fielen in Trab.
    Um Beziehungskisten wirksam unter die Erde zu bringen, mußte man sie des natürlichen Erschöpfungstodes
sterben lassen. Euthanasierte Liebschaften liefen Gefahr, als ewige Zombies umherzuirren.
    Der Callboy galoppierte mit Cora davon. Alexander und die anderen Leichen verschwanden in einer Staubwolke. Vor ihnen öffnete sich freies Gelände. Kein Laut außer dem gleichmäßigen Getrappel der Tischbeine. Am Firmament begann es zu funkeln. Immer tiefer flogen sie in die Nacht hinein. Das Himmelsgewölbe bekam Risse. Die Erde zitterte. Trümmer stürzten herab. Tot

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