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Ringkampf: Roman (German Edition)

Ringkampf: Roman (German Edition)

Titel: Ringkampf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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sagte er eisig. »Du versuchst, Elisabeth aus der Produktion hinauszuekeln.«
    Coras glühende Zigarettenspitze drehte sich in seine Richtung. »Hättest du die Güte, mir auch noch zu verraten, warum ich mich an deiner Allerwertesten vergreife? «
    In seine Stimme klirrte antarktische Kälte. »Dein Stolz hat es bis heute nicht verkraftet, daß ich dich damals verlassen und Elisabeth geheiratet habe.«
    Die Dramaturgin zog tief an ihrer Zigarette.
    »Nein, nein, mein Lieber.« Sie lächelte schwach. »Ich
muß dich enttäuschen. Seit den Tagen, in denen ich dir nachgeheult habe, ist viel Wasser den Main hinuntergeflossen. An deinem ehelichen Aas mache ich mir die Finger nicht mehr dreckig.« Sie formte einen langgezogenen Rauchkringel. »Und außerdem: Wenn ich mich wirklich an dirrächen wollte, so müßte ich im Gegenteil dafür sorgen, daß dir dieses Schattengewächs überhaupt nicht mehr von den Fersen weicht. Diese Schlingpflanze quält dich mit ihrer — mit ihrer unqualifizierten Bewunderung und dumpfen Ergebenheit doch viel mehr, als ich es jemals könnte.«
    »Cora, ich warne dich – « Alexander Ravens Blickirrte panisch durch den Raum. Seine Augen schillerten grün vor Wut.
    Die Dramaturgin fixierte ihre abgebrannte Zigarette. »In deinem beeindruckenden Abschiedsbrief hast du mir damals geschrieben, daß du nicht anders handeln könntest. Daß du dich so entscheiden mußtest, wie du dich entschieden hast. Mittlerweile ist mir klar geworden, welch höherer Zweck den Helden fortgerufen hat.« Sie zerquetschte ihren Zigarettenstummel. Glut-und Tabakkrümel spritzten aus dem flachen Aschenbecher heraus. »Du hast mir immererklärt, du stündest an einem Abgrund — und könntest es nicht verantworten, mich mit hinabzureißen.« Sie lachte höhnisch auf. »Die Wahrheit ist anders herum, mein Lieber. Mit mir konntest du es dir nicht leisten, am Rande deinermystischen Abgründe selbstverliebte Pirouetten zu drehen. Das ist alles. Du wußtest: Wenn du bei mir abstürzt, fange ich dich nicht auf. Deshalb bist du abgehauen.« Die Dramaturgin erstickte die letzten schwelenden Glutkörner. »Aber nun ist ja alles wieder in Ordnung. Nun hast
du ja wieder dein allzeit bereites weibliches Sprungtuch unter dir. — Doch Vorsicht: Eines Tages reißt das Sprungtuch, und dann wirst du merken, daß auf dem Grunde deiner neblig verklärten Schluchten auch nur Beton ist.«
    Kaltes Schweigen pfiff durch die Kluft, die ihre Worte aufgesprengt hatten.
    Alexander Ravens Stimme zitterte. »Ich gehe jetzt«, sagte ertonlos.
    Cora lachte abermals auf. »Ich sehe, du bist deinen alten Methoden treu geblieben. Abgänge waren ja schon immer deine große Stärke. Aber heute tue ich ausnahmsweise das gleiche: Ich gehe ebenfalls — und zwar zurück nach New York. Ich habe die Schnauze endgültig voll. Von dir, von Wagner und von all den anderen plärrenden Männerbabys, die es als persönliche Beleidigung empfinden, daß die Erde ihnen den Rücken zukehrt. Bringt euren Scheiß ohne mich zu Ende!«
    Die Tür krachte ins Schloß. Wotan stürzte aus seinem Bilderrahmen. Alexander Ravens Hände krampften sich um die volle Zigarettenschachtel, die Cora auf dem Schreibtisch liegengelassen hatte.
     
    In dieser Nacht kehrte der Regisseur an den Hals seiner ältesten Geliebten zurück. Die Lichter in seinem Arbeitszimmer waren bis auf eines gelöscht. Kaum wagte er es, ihr ins klare Auge zu schauen. Doch seine Furcht verflog, je länger er sie ansah. Mitleidsvoll stand sie vor ihm, vorwurfsfrei nach all den Jahren, abermals bereit, sich ihm zu schenken.
    Seine Finger zitterten, als er ihren Bauch berührte. Seine Hände umfaßten ihren schlanken Hals. Sie öffnete
sich ihm, und ihre reine, siebenundfünfzigprozentige Seele ergoß sich in seine ausgedörrte Kehle.

25
    Der Generalmanager pfefferte wütend die Zeitung auf den Tisch. Zum fünften Mal hatte er das Interview mit der Kulturdezernentin durchgelesen, und zum fünften Mal war ihm die Galle hochgekocht. Noch bei ihrem letzten Treffen hatte Renate Krösch ihm zugesichert, die Haushalts-Nachforderungen für die beginnende Spielzeit würden bewilligt. Und nun mußte er aus der Zeitung erfahren, daß die Stadt ihr finanzielles Konsolidierungsprogramm ohne Zugeständnisse durchziehen wolle. Ein munteres Weiter so in der Subventionspolitik könne es nicht geben.
    Hermann Preuss lachte sarkastisch auf. Ohne die verlangten neun Millionen würde es gar kein Weiter so mehr geben. Bei ihrem

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