Ringwelt 03: Ringwelt-Thron
weiteren Gangs kletterte er die Hartholztreppe zu einer Mauerkrone hinauf und rannte auf der Krone entlang, um einem Dickicht aus großen gelben Bovisten auszuweichen, die mit beeindruckenden Dornen ausgestattet waren. Am Ende der Mauer sprang er und landete drei Meter tiefer im Dreck.
Der Garten war ein Jagdpark der Kzinti gewesen. Zwei Jahre lang hatten Louis und die Städtebauer die Pflanzen gehegt. Bei ihrer Ankunft an Bord der Hidden Patriarch waren sie vollkommen verwildert gewesen. Einst hatten sie Vieh als Nahrung gedient, genau wie das Vieh die Kzinti-Seefahrer ernährt hatte. Die Tiere waren verschwunden. Louis erwartete nicht, noch welche anzutreffen. Höchstens Akolyth, der ihn aus irgendeinem Zitrusdickicht ansprang.
Doch der Kzin blieb spurlos verschwunden.
Die Hidden Patriarch besaß acht gewaltige Hauptmasten mit schier unzähligen Segeln. Die Winden, mit deren Hilfe sie aufgezogen wurden, benötigten die Körperkräfte eines Kzin. Oder eines Protektors? Louis näherte sich dem Fockmast mit dem vorderen Krähennest. Er atmete schwer. Seine Beine fühlten sich an wie Pudding.
Irgendjemand wartete am Bug auf ihn.
Louis fluchte lautlos in sich hinein. Er hatte keine Luft zum Reden. Einen Augenblick später erkannte er die Gestalt des Protektors.
Louis verlangsamte seinen Lauf. Bram stand da wie eine Statue. Louis konnte nicht erkennen, ob der Protektor überhaupt atmete.
»Ich schätze, du hast gewonnen«, ächzte Louis.
»Hatten wir ein Wettrennen?«
Bram konnte unmöglich von Louis’ Ankunft an Bord wissen, es sei denn, der Städtebauerjunge hatte ihn in der Küche aufgesucht oder der Protektor hatte das Fußgetrappel an Deck vernommen und beschlossen nachzusehen. Er mußte gerannt sein. »Was auch immer«, antwortete Louis. »Ich hatte ein wenig Bewegung nötig.«
Voraus erstreckte sich eine Bergkette … eine unirdische Bergkette. Kegelförmige Berge, weit auseinander gezogen und von unterschiedlicher Höhe, zogen sich nach links und rechts bis in die Unendlichkeit. Ohne einen Horizont konnte sich Louis keine rechte Vorstellung von ihrer Größe machen. Die meisten waren hoch genug, um eisbedeckte Gipfel zu besitzen, doch unterhalb der Frostgrenze waren sie von einem saftig grünen Flickenteppich überzogen.
Dann begriffen seine Augen/sein Verstand, was hinter ihnen in die Höhe ragte. Die Berge waren winzig.
Nein, halt. Der Randwall war tausend Meilen hoch. Von den dreißig oder vierzig Kegelbergen waren fünf oder sechs kaum mehr als Ausläufer, die sich gegen den Randwall lehnten, doch zwei oder drei waren sicher so hoch wie der Mount Everest.
Der Hinterste schwebte heran. Hinter ihm kam ein orangefarbener Bausch in Sicht.
Der Kzin trottete heran. Er war erschöpft und außer Atem. »Danke, Akolyth«, sagte Louis. »Ich hatte es wirklich nötig. Ich hatte genug Adrenalin für eine ganze Armee im Blut.«
Der Kzin hechelte. »Vater. Ließ mich. Gewinnen. Wollte mich. Nicht töten.«
»Ah.«
»Wie. Bist du. An mir. Vorbeigekommen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht im Garten.«
»Aber wie?«
»Bram, sicher weißt du, was eine Hetzjagd ist?«
»Ich kenne den Begriff nicht«, erwiderte der Protektor.
»Stet. Akolyth, die meisten Raubtiere und Jäger verfehlen ihre Beute acht von neun Mal. Wenn die Beute entflieht, suchen sie sich eine langsamere. Nur wenige jagende Spezies suchen sich eine Beute aus und verfolgen sie bis zum bitteren Ende. Wölfe tun das. Menschen auch. Große Katzen sind keine Hetzjäger. Kzinti auch nicht. Deine Vorfahren haben gelernt, einen Feind zu verfolgen, damit er sich später nicht wieder gegen sie erheben kann, doch das ist erlerntes Wissen. Es ist noch nicht in euren Genen verankert …«
»Du wußtest, daß du gewinnen würdest.«
»Ja.«
Der Kzin blinzelte. »Und wenn wir nur bis zum Garten gelaufen wären?«
»Dann hättest du gewonnen.«
»Ich danke dir für die Lektion.«
»Ich danke dir.« Das hat er nett gesagt, dachte Louis. Wer hatte ihm das beigebracht?
»Louis, sieh dich um. Reagiere«, sagte Bram.
Reagieren? »Beeindruckend. So viel Grün! Von der Ebene bis zur Frostgrenze ist alles Grün. Es sollte eigentlich keine Überraschung sein. Schließlich bestehen diese Berge aus Grundschlamm vom Meeresboden. Reiner Dünger.«
»Und?«
»Einige der Rohre haben offensichtlich aufgehört, Flup anzuliefern. Das erklärt die niedrigeren Berge. Was von ihnen noch übrig ist, besteht wahrscheinlich nur noch aus hartem Fels. Die höchsten
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