Ringwelt 04: Brennans Legende
Wand. Das Objektiv war auf die Trainingsmaschinen gerichtet. Sie versuchte es erneut. »Entweder stelle ich mich zu dumm an«, berichtete sie ihren Zuschauern, »oder der Outsider könnte mich zum Frühstück vernaschen. Mal sehen, was es sonst noch so gibt.« Sie sah sich um. »Das ist merkwürdig«, sagte sie schließlich.
Das Merkwürdige war: Es gab sonst nichts mehr bis auf die Luke, die zurück in die Steuerkabine führte.
Eine zweistündige Suche, bei der Tina von Nate La Pan unterstützt wurde, bestätigte ihre Vermutung. Das Lebenserhaltungssystem bestand aus einer Steuerkabine von der Größe, wie sie in einem gewöhnlichen Einmannschiff anzutreffen war, einem Trainingsraum von der gleichen Größe und einer Kiste mit Süßkartoffeln darin.
Ansonsten gab es noch einen gewaltigen Lufttank. Für den Fall, daß der Rumpf punktiert wurde, existierten keine Sicherheitsvorrichtungen. Der Tank war so gut wie leer. Er mußte schon so leer gewesen sein, als das Schiff im Sonnensystem ankam.
Tina fand eine sehr komplizierte Luftreinigungsmaschinerie, offensichtlich dazu gedacht, selbst die schwächsten, kaum wahrnehmbaren Spuren biochemischer Ausdünstungen oder Gase aus der Luft zu entfernen. Alles sah aus, als sei es wieder und wieder repariert worden.
Die Apparate zur Umwandlung flüssiger und fester Stoffwechselprodukte waren ebenso verwickelt aufgebaut.
Es erschien unglaublich, aber der einsame Outsider hatte allem Anschein nach die gesamte Reisedauer in zwei winzigen Kabinen zugebracht und nur eine einzige Sorte Nahrung zu sich genommen.
Er hatte keine Schiffsbibliothek zur Verfügung gehabt, die ihm Abwechslung geboten, und keinen Autopiloten, der ihm das Steuern erleichtert, seinen Treibstoffvorrat überwacht hätte und rechtzeitig Meteoriten ausgewichen wäre. Und doch war das Schiff Jahrzehnte unterwegs gewesen. Mindestens. In Anbetracht der komplizierten Recyclingapparate schien der gewaltige Lufttank nur dem einen Zweck gedient zu haben, Luft zu ersetzen, die per Osmose durch die Schiffshülle entwichen war!
»Das war’s!« sagte Einar schließlich. »Kommen Sie zurück, alle beide. Wir legen eine Pause ein. Ich frage die U Thant nach weiteren Instruktionen. Nate, packen Sie ein paar von diesen Kartoffeln in einen Druckbehälter. Wir können sie später untersuchen.«
»Durchsuchen Sie das Schiff noch einmal«, ordnete Nick Sohl an. »Vielleicht entdecken Sie einen vereinfachten Autopiloten. Keinen Computer, sondern eine mechanische Vorrichtung, die das Schiff auf Kurs hält. Könnten Sie irgendein Schlupfloch übersehen haben, irgendeine Stelle, wo sich der Outsider versteckt hält? Versuchen Sie insbesondere, in den Lufttank zu kommen. Der gibt ganz sicher ein hübsches Notversteck ab.« Er drehte den Sender herunter und blickte Garner an. »Selbstverständlich werden sie nichts finden. Luke, fällt Ihnen vielleicht noch etwas anderes ein?«
»Ich würde sie gerne die Luft analysieren lassen. Besitzen sie die notwendigen Apparaturen?«
»Na klar.«
»Und das Material, aus dem das Bullauge besteht. Die Chemie dieser Kartoffelpflanze.«
»Damit sind sie wahrscheinlich fertig, bevor diese Nachricht sie erreicht.« Er drehte den Sender wieder hoch. »Wenn Sie mit der Analyse Ihres Fundes fertig sind, könnten Sie sich vielleicht Gedanken machen, wie wir das Schiff am besten nach Hause schleppen. Bleiben Sie in der Nähe und halten Sie den Antrieb heiß. Falls Sie in einen Notfall geraten, zögern Sie nicht, die Fusionsflamme einzusetzen. Sohl Ende.«
Er starrte noch eine Zeit lang auf den Schirm, nachdem dieser längst dunkel geworden war. Schließlich sagte er: »Ein riesiges Einmannschiff! Bei Finagle, ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte!«
»Gesteuert von einer Art Super-Belter «, ergänzte Garner. »Einer ganz allein. Er scheint weder Unterhaltung noch Abwechslung zu brauchen. Es scheint ihm egal zu sein, was er ißt. Er ist stark wie King Kong und besitzt annähernd humanoide Gestalt.«
Nick grinste. »Würde ihn das nicht zu einem Angehörigen einer überlegenen Spezies machen?«
»Das läßt sich schwer bestreiten. Nick, das ist eine ernste Angelegenheit. Wir müssen abwarten und sehen, was er als nächstes unternimmt.«
Brennan rührte sich.
Er hatte sich stundenlang nicht bewegt. Er lag auf dem Rücken zwischen den Wurzeln, hatte die Augen geschlossen und die Glieder – die Fäuste geballt – rings um den geschwollenen Leib
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