Ringwelt 06: Flatlander
teilnahmslos. Hilft es, wenn ich sage, daß es mir leid tut? Wissen Sie was? Ich betrinke mich zusammen mit Ihnen, falls Taffy keine Zeit hat.«
»Vielleicht komme ich auf Ihr Angebot zurück. Chiron, Gespräch beenden. Chiron, wähle die zwo-sieben-eins-eins.« Futz. Da mußte ich wohl durch, ob es mir nun gefiel oder nicht.
Vor ihrer Tür hatte ein Beamter Posten bezogen. Er überprüfte meine Retinaabdrücke und verglich sie mit den Daten im Zentralcomputer. Schließlich grinste er auf mich herab und setzte zu einer Bemerkung an. Er stutzte, als er meinen Gesichtsausdruck sah, und änderte seine Meinung. Statt dessen sagte er: »Sie sehen aus, als wollte man Sie in die Organbänke stecken.«
»Ich fühle mich, als wäre ich bereits drin.«
Er ließ mich passieren.
Partyzeit. Naomi trug leuchtend transparente Stoffetzen, Blau durchsetzt mit Purpur. Die Schmetterlingsflügel auf ihren Augenlidern waren irisierend blau. Sie lächelte und zog mich herein, und für einen Augenblick vergaß ich, warum ich hergekommen war. Dann huschte ihr Blick zur Uhr. Ich sah ebenfalls hin. 1810 städtischer Zeit.
0628 städtischer Zeit. Früher Morgen. Zwei orangegoldene Halbkugeln blendeten mich, als ich erwachte. Ich blickte auf. Der Beamte vor Naomis Tür war von Laura Drury abgelöst worden.
Ich fragte: »Wie lange noch?«
»Eine halbe Stunde.«
Futz, das wußte ich selbst. In meinem Schädel breitete sich dicker Nebel aus. Später erinnerte ich mich an die Kälte in Drurys Stimme. So früh am Morgen war ich jedoch nicht in der Verfassung, ihren Tonfall zu bemerken.
»Ich möchte sie nicht schlafen lassen«, sagte ich, »aber ich möchte sie auch nicht wecken. Was soll ich nur tun?«
»Ich kenne sie nicht. Wenn sie glücklich eingeschlafen ist, dann lassen Sie sie schlafen.«
»Glücklich?« Ich schüttelte den Kopf. Naomi war nicht glücklich gewesen. Sollte ich sie wecken? Nein. Statt dessen sagte ich: »Danke übrigens für Ihren Anruf. Das war sehr freundlich von Ihnen.«
»Schon in Ordnung.«
Ich überlegte, ob ich Laura sagen sollte, daß sie entweder ihr Telefon reparieren lassen oder aufhören sollte, die Kommandos zu nuscheln – so benommen war ich. Aber blitzschnell besann ich mich eines besseren. Ich wollte doch nicht etwa allen Ernstes einer Lunie erzählen, daß sie sich nackt vor einem Flatlander gezeigt hatte. Nicht ich. Ich winkte ab, drehte mich um und taumelte in Richtung der Aufzüge davon.
Auf der obersten Ebene angekommen stellte ich fest, daß mir nach Alleinsein zumute war. Ich schlug den Weg zu meinem Zimmer ein, änderte meine Meinung aber wieder, noch bevor ich dort angekommen war.
Taffy musterte mich einen Augenblick lang kritisch. Dann zog sie mich herein, half mir aus meiner verknitterten Kleidung, legte mich bäuchlings auf das Bett, goß Öl auf meinen Rücken und machte sich daran, mich zu massieren. Als sie spürte, daß ein Teil der Anspannung aus mir gewichen war, fragte sie: »Möchtest du vielleicht reden?«
»Hmmm … ich glaube nicht.«
»Was möchtest du? Kaffee? Schlafen?«
»Mehr Massage«, sagte ich. »Sie war die perfekte Gastgeberin.«
»Es war immerhin ihre letzte Chance.«
»Wir schwelgten in Erinnerungen. Sie wollte eine Lücke von zehn Jahren in einer einzigen Nacht schließen. Wir redeten eine Menge.«
Taffy schwieg.
»Taffy? Hast du eigentlich Kinder?«
Ihre Hände verharrten einen Augenblick, bevor sie fortfuhren, meine Wadenmuskeln und Achillessehnen zu kneten. »Eines Tages vielleicht.«
»Mit mir zusammen?«
»Was bringt dich jetzt auf diesen Gedanken?«
»Naomi. Chris Penzler. Sie haben beide zu lange gewartet. Ich möchte nicht warten, bis es zu spät ist.«
»Schwangere Frauen geben keine guten Chirurgen ab«, erwiderte sie. »Sie sind schwerfällig. Ich muß meinen Beruf wenigstens sechs oder sieben Monate an den Nagel hängen. Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken.«
»In Ordnung.«
»Und ich möchte erst meine Zeit auf dem Mond hinter mich bringen.«
»In Ordnung.«
»Ich möchte heiraten. Ein Fünfzehn-Jahres-Kontrakt. Ich habe keine Lust, ein Kind alleine großzuziehen.«
In meinem müde benebelten Zustand hatte ich noch gar nicht so weit gedacht. Fünfzehn Jahre! Trotzdem … »Klingt vernünftig. Wie viele Geburtsrechte besitzt du?«
»Nur zwei.«
»Gut. Ich auch. Warum brauchen wir sie nicht beide auf? Das ist effizienter.«
Sie küßte mich auf den Rücken, bevor sie mit dem Massieren meiner Unterschenkel und
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