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Ringwelt 06: Flatlander

Ringwelt 06: Flatlander

Titel: Ringwelt 06: Flatlander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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verfolgen. Macht es dir etwas aus, wenn ich dir ein Taxi rufe?«
    Als der Wagen kam, warf ich eine Zehn-Kredits-Münze in den Schlitz und half ihr beim Einsteigen. Ich notierte mir noch Taffys Adresse, bevor das Taxi davonschwebte.
    Im ARM-Hauptquartier herrschte morgendliche Betriebsamkeit. Von allen Seiten wurde ich gegrüßt, und ich antwortete, ohne stehen zu bleiben. Alles Wichtige würde schließlich über den einen oder anderen Kanal zu mir vordringen.
    Ich passierte Julies Kabine und warf einen Blick hinein. Sie befand sich in tiefer Konzentration und hing schlaff in ihrer Konturliege, während sie hinter geschlossenen Augenlidern geistige Notizen anfertigte.
    Kenneth Graham.
    Ein Terminal, das mit dem Großrechner im Keller verbunden war, nahm den größten Teil meines Schreibtisches ein. Ich hatte mehrere Monate gebraucht, um zu lernen, wie es bedient wurde. Ich tippte eine Bestellung für Donuts und Kaffee ein, dann:
    INFORMATIONSSUCHE. KENNETH GRAHAM. LIMITIERTE LIZENZ FÜR CHIRURGIE. ALLGEMEINE LIZENZ: VERKAUF VON AUSRÜSTUNGSTEILEN ZUR DIREKTEN GEHIRNSTIMULATION VERMITTELS STROM. ANSCHRIFT: NEAR WEST LOS ANGELES.
    Papier strömte beinahe gleichzeitig aus dem Drucker, Blatt auf Blatt. Ich mußte nicht erst nachlesen, um zu wissen, daß ich recht hatte.
     
    Neue Technologien schaffen neue Gewohnheiten, neue Gesetze, neue ethische Vorstellungen, neue Verbrechen. Fast die Hälfte aller Aktivitäten der ARM, der Polizei der Vereinten Nationen, beschäftigte sich mit der Kontrolle und Verfolgung von Verbrechen, die ein Jahrhundert zuvor überhaupt noch nicht existiert hatten. Organdiebstahl und -handel beispielsweise war das Resultat einer jahrtausendelangen Entwicklung auf dem Gebiet der Medizin, von Millionen Leben, die sich selbstlos dem Ideal hingegeben hatten, die Kranken zu heilen. Der Fortschritt hatte diese Ideale Wirklichkeit werden lassen, und, wie üblich, neue Probleme geschaffen.
    Im Jahre 1900 n. Chr. war es Karl Landsteiner gelungen, menschliches Blut in vier grundsätzliche Typen zu unterteilen. Damit hatten Patienten erstmals eine echte Chance, eine Transfusion zu überleben. Die Technik der Transplantation war mit dem fortschreitenden zwanzigsten Jahrhundert immer weiter vervollkommnet worden. Das gesamte Blut, Knochen, Haut, lebendige Nieren, lebendige Herzen, all das konnte von einem Körper in den anderen verpflanzt werden. Spender hatten allein in diesen hundert Jahren Zehntausende von Leben gerettet, indem sie ihre Körper nach ihrem Ableben der Medizin überlassen hatten.
    Doch die Zahl der Spender war beschränkt, und nicht wenige starben auf eine Art und Weise, die es unmöglich machte, irgendetwas von Wert zu retten.
    Die eigentliche Flut hatte vor etwas weniger als hundert Jahren eingesetzt. Ein einziger gesunder Spender (selbstverständlich gab es ein derartiges Wesen nur in der Fantasie) konnte ein ganzes Dutzend Leben retten. Warum also sollte ein zum Tod verurteilter Mörder ohne jeden Sinn sterben? Zuerst waren es nur ein paar vereinzelte Staaten gewesen, doch dann hatten die meisten Nationen der Welt neue Gesetze erlassen. Zum Tod verurteilte Kriminelle wurden fortan in einem Hospital exekutiert, und Chirurgen retteten von den Delinquenten, was zu retten war – und alles für die Organbänke.
    Die Milliarden Menschen auf der Welt wollten leben, und die Organbänke waren das Leben selbst. Ein Mensch konnte nahezu ewig leben, solange es die Ärzte schafften, Ersatzteile schneller in ihn einzubauen, als dessen eigene Organe sich abnutzten. Doch das vermochten sie auch nur so lange, wie der Vorrat in den Organbänken reichte.
    Hunderte verstreuter Menschenrechtsorganisationen, die einst die Todesstrafe hatten abschaffen wollen, starben einen leisen, unauffälligen Tod. Jeder wird irgendwann einmal krank.
    Und trotzdem blieben die Bestände der Organbänke karg. Noch immer starben Patienten aus Mangel an geeigneten Organen, die ihr Leben hätten retten können. Die Gesetzgeber der Welt hatten auf den ständig wachsenden Druck der Bevölkerung reagiert: Die Todesstrafe für Mord ersten, zweiten und dritten Grades wurde eingeführt. Dann für Überfälle mit einer tödlichen Waffe. Schließlich für eine ganze Reihe der verschiedensten Verbrechen: Vergewaltigung, Betrug, Unterschlagung, das Zeugen von Kindern ohne Lizenz, vier oder mehr Fälle von Falscher Werbeaussage. Nahezu ein Jahrhundert lang hatte der Trend stetig zugenommen, während die wahlberechtigten Bürger der Welt

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