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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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begnadigt hatte – allerdings verbrachten diese Menschen den Rest ihres Lebens in einem nie enden wollenden Angstzustand.
    Jetzt wurde der Verurteilte auf den Operationstisch gehoben. Sein Schädel wurde geöffnet; an seinem Nacken nahm man einen Einschnitt vor und durchtrennte den zentralen Nervenstamm unmittelbar unterhalb des Gehirns. Vorsichtig, um die umliegenden Membranen nicht zu beschädigen, entnahm man das Gehirn. Auch wenn die Ärzte es leugneten, das menschliche Gehirn war etwas Besonderes, und es einem Menschen zu entnehmen verlangte jedem Ehrfurcht ab. Von diesem Augenblick an war der Verurteilte auch dem Gesetz nach tot.
    In einem New Yorker Hospital hätte man zunächst eine Kardiktomie durchgeführt, woraufhin man den Patienten für tot erklärt hätte. Auf We Made It galt ein Mensch als tot, wenn seine Körpertemperatur 32 Grad Fahrenheit unterschritt. Das war jedoch ein rein juristisches Problem. Irgendwo mußte man eben die Linie ziehen.
    Die Ärzte verbrannten das Gehirn und sammelten die Asche ein, damit sie sie in einer Urne bestatten konnten. Dann war die Haut an der Reihe. Sie wurde lebend und in einem Stück abgezogen. Maschinen übernahmen den Großteil der Arbeit, doch die Maschinen auf Mount Lookitthat waren technisch nicht hoch genug entwickelt, um ohne menschliche Aufsicht zu operieren. Die Ärzte arbeiteten, als nähmen sie ein ungewöhnlich komplexes und wertvolles Puzzlespiel auseinander. Jedes einzelne Teil verstauten sie in einem separaten Tank. Dann entnahm einer der Ärzte eine winzige Materialprobe, um sie auf Unverträglichkeiten zu überprüfen – Transplantationen waren nicht einfach; jederzeit mußte man damit rechnen, daß der Körper des Empfängers das Transplantat abstieß, auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer solchen Reaktion durch den Einsatz komplexer Biochemikalien drastisch verringert wurde. Nach Abschluß der Tests wurden die einzelnen Behälter detailliert gekennzeichnet und in den benachbarten Raum gerollt, wo die Organbanken standen.
     
    Matt hatte sich verirrt. Er wanderte durch die Gänge und hielt nach einer Tür mit der Aufschrift ›Vivarium‹ Ausschau. Einige der Türen, an denen er vorüberkam, waren tatsächlich mit Schildern versehen, andere jedoch nicht. Das Hospital war riesig. Es bestand durchaus die Möglichkeit, daß er tagelang hier umherwandern würde, ohne auch nur in die Nähe dieses Vivariums zu kommen, das der Torposten erwähnt hatte.
    Einzelne Gestalten kamen ihm entgegen; entweder trugen sie Polizeiuniformen oder weiße Kittel. Wenn er jemanden kommen sah, drückte sich Matt an die Wand und rührte sich nicht mehr, bis der Betreffende vorüber war. Niemand bemerkte ihn. Seine seltsame Unsichtbarkeit schützte ihn gut.
    Aber er irrte ziellos umher.
    Wenn er doch nur eine Karte hätte …
    Einige der Türen führten vermutlich in Büros, und in einigen (wenn nicht sogar in allen) dieser Büros mußte es einen Gebäudeplan geben, der vielleicht sogar fest an der Wand hinter dem Schreibtisch montiert wäre. Immerhin war dieser Ort geradezu unglaublich kompliziert. Matt nickte unbewußt mit dem Kopf, als wolle er sich seine Vermutung selbst bestätigen. Er erreichte eine Tür, auf der ein seltsames Symbol prangte. Überdies hatte jemand eine Aufschrift an der Tür angebracht: FÜR UNBEFUGTE ZUTRITT VERBOTEN. Vielleicht …
    Er öffnete die Tür … und erstarrte fast im selben Augenblick. Der Anblick, der sich ihm bot, erschütterte ihn bis ins Mark.
    Glastanks füllten den Raum bis unter die Decke wie riesige Aquarien; jeder einzelne war in mehrere kleine Abteilungen unterteilt. Sie waren labyrinthartig angeordnet und erinnerten in gewisser Weise an die Regale in einer öffentlichen Bücherei. Im ersten Augenblick vermochte Matt nichts in den Tanks zu erkennen; doch nach und nach wurde er sich bewußt, um was es sich bei den asymmetrischen Formen in allen möglichen Schattierungen handelte.
    Er trat ein. Er hatte die Kontrolle über seine Beine verloren; sie bewegten sich von selbst. Diese flachen, dunkelroten Dinger, die weichen, fremdartig aussehenden Gebilde, die durchscheinenden Membranen und die zylindrischen Tanks voller roter Flüssigkeit … Ja, das waren Menschen gewesen. Und es gab auch Grabinschriften:
    AB, Rhesus positiv. Zuckergehalt … Anzahl der Thrombozyten …
    Schilddrüse, männlich. Abstoßungsklasse C, 2, pn, 31. Zu aktiv für Körper unter einem Gewicht von …
    Linker Humerus, lebend. Knochenmarktyp 0, Rhesus

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