Ringwelt 10: Hüter der Ringwelt

Möglichkeit gefunden, in die Unterkunft der Brüter zu gelangen, und sie starben, wenn sie ertappt wurden. Andere hörten einfach auf zu essen. Innerhalb der ersten tausend Jahre hatten wir die Hälfte von uns verloren. Nachfolger aus den Brütern heranzuzüchten war zu riskant. So förderte die natürliche Auslese ihren Tribut.
    Die, die letztendlich die Reise von dreihundertfünfzigtausend Falans hinter sich brachten, waren Teil einer Rasse, die auch überleben konnte, wenn sie nicht ständig den Geruch ihrer eigenen Blutlinie wahrnahm.
    Wir schwenkten von unserer eigentlichen Zielwelt ab. Eine Kolonie dort war bereits gescheitert, doch wir wussten nicht auf welche Weise und in welchem Ausmaß. Wir dachten, wir würden vielleicht auf andere Protektoren stoßen, und unser Schiff war wenig mehr als eine empfindliche Seifenblase. Wir dachten … ja, Roxanny?«
    »Die Erde?«
    »Ja, eure Heimatwelt, die Erde. Wir hätten die Erde erobern können. Eure Ableger des Lebensbaums wuchsen nicht richtig. Eure Protektoren waren gestorben. Ihre Nachfahren mutierten in die verschiedensten Richtungen. Wir wussten das nicht. Ich habe zu wenig über die Erd-Kolonie erfahren, bevor eure Brüter, die sich inzwischen weiterentwickelt hatten, damit anfingen Radiowellen ins All hinauszuplärren. Inzwischen …«
    Proserpina blinzelte und hub erneut an. »Wir trafen also in der direkten Nachbarschaft ein. Wir fanden sogar Welten, die wir hätten erobern wollen, doch unser Ehrgeiz ging auch darüber hinaus. Also suchten wir uns ein System mit einem Gasriesen, der seinem Zentralgestirn recht nah war. Wir vermuteten, dass er ursprünglich in einer für Planeten typischeren Entfernung zu dem Stern entstanden ist. Im Laufe der Jahrmilliarden wurde er immer näher gezogen und hat die anderen, kleineren Welten einfach verschluckt, während er immer näher kam. Und damit hatten wir ein Planetensystem gefunden, das schon ganz nach unseren Wünschen leer gefegt war, und ein Großteil der in diesem System befindlichen Masse befand sich in einem einzigen Himmelskörper – einem Planeten, der etwa zwanzigmal so groß war wie der Jupiter, Roxanny.
    Also begannen wir mit der Konstruktion. So sehr in der Nähe einer Sonne hatten wir Schwierigkeiten, aber wir konnten das Magnetfeld der Sonne dazu nutzen, die Massen einzuschließen und festzuhalten, mit denen wir arbeiten wollten, vor allem den Wasserstoff, den wir für die Fusionsantriebe brauchten, um den Ring in Rotation zu versetzen.
    Sterne mit ausgedehnten Planetensystemen formen sich stets in Sternhaufen. In der Nähe unseres damaligen Standortes gab es Planeten mit Sternen, und einige dieser Planeten waren ähnlich wie Pak. Wir untersuchten, auf welchen dieser Planeten sich möglicherweise gefährliche Feinde würden entwickeln können. Dann sammelten wir Proben der örtlichen ökologischen Systeme ein und siedelten sie auf Karten ihrer eigenen Welten an.
    Wir haben uns der Erde niemals genähert, Roxanny. Wir haben uns zu sehr gefürchtet. Aus der Ferne haben wir das System ausgiebig studiert. Die Karte der Erde wurde zur Heimat unserer eigenen Brüter. Wir haben fünfzigtausend Falans gebraucht, um eine funktionierende Ökologie auf der Innenseite der Ringwelt anzusiedeln, aber wir haben dort angefangen – die Karte der Erde war das erste Erprobungsgebiet.«
    »Wale«, unterbrach Louis sie. »Es gibt Wale im Großen Ozean. Irgendein Protektor muss die Erde aufgesucht haben!«
    »Das ist vielleicht geschehen, nachdem ich schon von den anderen isoliert war«, meinte Proserpina. »Wembleth, kannst du dem Ganzen folgen?« Proserpina wechselte die Sprache und redete jetzt hastig auf ihn ein. Dann kehrte sie wieder zu Interspeak zurück. »Später werde ich Wembleth Himmelskarten und Diagramme zeigen. Ihr zwei solltet versuchen, ihm zu erklären, was eine ›Kugelwelt‹ ist. Roxanny, diese Karten unserer eigenen Welt sind Gefängnisse. Wir wussten, dass einige von uns die Gesetze missachten würden. Wir haben die Gefängnisse als Erstes errichtet, um einander zu warnen. Jeder Straftäter sollte isoliert werden – dann hat er eine eigene Welt zu regieren und eine Bevölkerung zur Verfügung, die seiner eigenen Art entspricht, genauso, als hätte jeder von ihnen die Heimatwelt der Pak erobert, aber damit waren alle zu Geiseln der Mehrheit geworden. Ich war einer von ihnen.«
    »Warum?«
    »Oh, Roxanny!« Proserpinas Körpersprache verriet Ungeduld und bitteres Lachen. »Wir hatten gedacht, wir