Ringwelt 12: Weltenwandler
versteckten Kameras und seinem Teleskop, das ihm einen Überblick von der Position der Hobo Kelly aus lieferte. Massige, gekrümmte Träger unterteilten die Kuppel in einzelne Tortenstücke. Ebenso wie die Abdichtung der Öffnung in der Kuppeldecke, glitzerten auch die Träger wie Spiegel.
Carlos murmelte irgendetwas, das mit »Verstärkung durch Stasis-Felder«, zu tun hatte. Dann wandte er sich an Forward. »Was versetzen Sie denn in Vibration? Eine Megatonne Blei vielleicht?«
»Blei umhüllt von Weicheisen war unsere Testmasse. Doch das ist drei Jahre her. Ich habe den Haken in letzter Zeit nicht mehr benutzt, doch wir hatten ein paar vielversprechende Experimente mit einer Neutroniumkugel, die von einem Stasisfeld umhüllt war. Zehn Milliarden metrische Tonnen.«
Sigmund zuckte zusammen. Neutronium? Das existierte doch nur im Inneren von Neutronensternen, oder etwa nicht? So viel hatte er doch von diesem BVS-1-Zwischenfall im Gedächtnis behalten, da war sich Sigmund ganz sicher.
Vielleicht hätte Carlos dazu ja noch eine Bemerkung gemacht, doch nun ergriff Beo das Wort. »Wozu das alles?«
»Kommunikation beispielsweise«, antwortete Forward. »Überall in der Galaxis muss es intelligentes Leben geben, das meiste davon viel zu weit entfernt für unsere Schiffe. Wahrscheinlich bilden Gravitationswellen die beste Methode, um mit ihnen in Verbindung zu treten.«
»Aber Gravitationswellen pflanzen sich mit Lichtgeschwindigkeit fort, oder nicht? Wären nicht Hyperwellen viel besser?«
»Wir können nicht darauf vertrauen, dass sie im Besitz von Hyperraumtechnologie sind. Wer außer den Outsidern käme schon auf die Idee, Experimente so weit außerhalb der Sonne durchzuführen? Falls wir mit Lebewesen in Verbindung treten wollen, die keinen Kontakt mit den Outsidern hatten, müssen wir Gravitationswellen benutzen … sobald wir wissen, wie es funktioniert.«
Das Gespräch wurde noch technischer – und für Sigmund noch unverständlicher. Er hatte keinen blassen Schimmer, wovon die dort unten redeten. Aber es erschien ihm nicht bedrohlich.
Und es erklärte auch nicht, warum ein Experte auf dem Gebiet der Gravitationstheorie sich zur falschen Zeit am falschen Ort befand.
Hin und wieder erkannte Sigmund in dem Fachchinesisch der Wissenschaftler Namen wieder, die ihm durchaus vertraut waren. Viele davon gehörten der Quicksilver Group an. Andere befanden sich außerhalb des Systems – häufig auf Jinx –, und die meisten versuchten, Forschungsgelder vom Institut für Wissenschaften einzuwerben.
»Arbeiten Sie noch immer im Institut, Doktor?«, erkundigte sich Carlos.
Forward schüttelte den Kopf. »Sie haben die Finanzierung meiner Projekte eingestellt. Nicht genügend Resultate. Doch ich darf diese Station hier weiterhin benutzen, die im Eigentum des Instituts steht. Eines Tages werden sie die verkaufen, dann müssen wir hier ausziehen.«
Die Forschungsarbeiten hier – und alleine schon der Betrieb der Anlage – konnten nicht ganz billig sein. Wenn Forward nicht vom Institut finanziert wird, von wem dann?, fragte sich Sigmund. Oder log der Jinxianer sie hier gerade an?
Schließlich kamen die Besucher auf Forward Station auch auf das geheimnisvolle Verschwinden des Hyperraummotors zu sprechen. Beos Theorie über ein Weltraummonster tat Forward schlichtweg ab. Dann legten die beiden Physiker wieder los. Gravitation, Hyperraum-Physik und Kosmologie verschmolzen zu einem völlig unentwirrbaren, äußerst geheimnisvollen Durcheinander.
Sigmund nahm einen Schluck von seinem Kaffee und wartete darauf, dass das Gespräch wieder halbwegs verständlich wurde. Er selbst war zu dem Schluss gekommen, über das Fachgebiet der Kosmologie genau drei Dinge zu wissen: Ziel war es, Fragen über die Entstehung des Universums zu beantworten. Theorien kamen mit einem Mal in Mode und verschwanden dann wieder in der Versenkung – was nicht weiter überraschend war, denn die Ursprünge, um die es eigentlich ging, ließen sich niemals direkt beobachten. Und nichts von alledem konnte ihn selbst in irgendeiner Weise betreffen.
Bei diesem dritten ›Faktum der Kosmologie‹ täuschte sich Sigmund. Er verstand nicht einmal die Fragen, die hier aufgeworfen wurden, geschweige denn, dass er sie hätte beantworten können, aber er verstand Menschen. Carlos versuchte, dieses Gespräch in eine bestimmte Richtung zu steuern. Hatte Wu vergessen, dass er sich im Unterschlupf eines mutmaßlichen Piraten befand und nicht auf einem
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