Ringwelt
sich an der Kinnspitze verfangen hatte und jetzt wie ein Fallschirm sich nach unten bauschte.
Die Flugtornister und die anderen Flugzeuge waren nicht mehr besetzt. Aber die Piloten mußten doch irgendwo abgeblieben sein! Louis zwängte seinen Kopf in den Nacken, immer weiter nach hinten ...
Der Keller dieses Gefängnisses war eine dunkle, spitz zulaufende Grube. In der nach oben hin weiter werdenden Kegelwand waren in regelmäßigen Abständen Stufen eingelassen - konzentrische Ringe, in denen Zellen aneinanderklebten wie Bienenwaben. Falltüren verschlossen diese Zellen und bildeten gleichzeitig die Verbindung zu dem kegelförmigen Innenraum des Gefängnisses. Die konzentrischen Ringe waren durch Wendeltreppen miteineinader verbunden. Sie mündeten unten in der Spitze der kegelförmigen Grube. Dort schimmerten die gebleichten Gebeine der ehemaligen Wagenbesitzer, die von ihrer eigenen Schwerkraft gezwungen wurden, ihren Fahrersitz aufzugeben.
Vielleicht hatten sie vorher verzweifelt versucht, sich aus dem unsichtbaren Spinnennetz zu befreien. Als ihnen das nicht gelungen war, hatten sie einen Todessturz dem qualvollen Hungertod offenbar vorgezogen.
»Ich verstehe nur nicht, was der Kzin hier mit dem Grabwerkzeug ausrichten soll!«
»Wieso?« flötete der Puppetier in der Leitung.
»Wenn er damit eine Bresche in die Mauer schlägt«, erklärte Louis mit dicker Zunge, »hilft uns das überhaupt nichts! Das gleiche gilt für die Decke! Falls der Kzin zufällig den Generator trifft, der uns hier in der Luft festhält, gibt es einen Sturz in eine Tiefe von dreißig Metern! Wenn wir nichts unternehmen, müssen wir in der Luft verhungern. Natürlich können wir auch Selbstmord begehen, indem wir uns einfach fallen lassen!«
»Ich verstehe.«
»Ist das Ihre einzige Reaktion, Nessus?«
»Ich brauche noch mehr Fakten. Können Sie mir nicht Ihre Umgebung eingehender Beschreiben? Ich sehe auf meinem Monitor nur ein Stück Wand.«
Der Dolmetscher und Louis lösten sich in der Beschreibung des Gefängnisses ab. Der Kzin hatte seinen Scheinwerfer jetzt ebenfalls anstellen können. Das half ihnen, sich noch ein besseres Bild von dieser Todesfalle zu verschaffen.
»Die verrottenden Flugwagen im Magnetfeld und die Skelette deuten darauf hin, daß niemand diese Todesfalle betreut«, berichtete der Kzin. »Diese Polizeifalle muß noch Fleugzeuge eingesammelt haben, als die Stadt bereits von ihren Bewohnern verlassen worden war.«
»Mag sein«, flötete der Puppetier. »Trotzdem überwacht jemand unser Gespräch.«
Louis spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er sah, wie die Ohren des Kzin sich aufstellten wie rosige Fächer.
»Wo steckt dieser Kerl?« brüllte der Kzin.
»Ich kann nur seine Richtung orten. Der Empfänger ist ganz in Ihrer Nähe. Ich vermute, er ist über Ihnen!«
Instinktiv versuchte Louis, nach oben zu blicken. Das war vollkommen unmöglich. Sein Kopf hing über dem Abgrund, und er hatte zwei Sicherheitsballons und das Flugrad zwischen sich und der Decke. »Wir haben also die Zivilisation auf dieser Welt doch noch entdeckt«, sagte Louis laut.
»Vielleicht. Allerdings hätte ein zivilisierter Mensch auf diesem Planeten dann auch die Kanone im Gefängnis repariert. Lassen Sie mich mal in aller Ruhe nachdenken .«
Und der Puppetier flötete jetzt etwas Klassisches aus der irdischen Kultur - irgendein Leitmotiv von Beethoven. Louis klebte die Zunge am Gaumen. Er hatte Hunger und Durst. In seinem Kopf klopfte es wie in einer uralten Kesselschmiede.
Louis hatte bereits jede Hoffnung aufgegeben, als der Puppetier sich wieder im Bordempfänger meldete. »Ich hätte die Slaver-Flinte vorgezogen. Aber die Verhältnisse verbieten das. Louis, Sie werden die Initiative ergreifen müssen! Sie stammen von den Affen ab. Sie können also besser klettern als der Dolmetscher.«
»Ich soll klettern ?« lallte Louis entsetzt.
»Fragen Sie erst, wenn ich mit meinen Anweisungen fertig bin, Louis! Nehmen Sie Ihre Laserlampe und bohren Sie damit ein Loch in den Ballon vor Ihrem Gesicht. Sie müssen sich an der Ballonhülle festhalten, sobald Sie aus Ihrem Pilotensattel fallen. Sie können sich so lange an der Hülle festhalten, bis Sie auf Ihr Flugrad hinaufgeklettert sind. Dann .«
»Sind Sie verrückt geworden, Nessus?«
»Lassen Sie mich erst ausreden. Sie müssen die Kanone vernichten, die Ihr Flugzeug lahmgelegt hat. Vielleicht finden Sie auch noch die andere Kanone, die Sie im Gefängnis in Schach halten soll.
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