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Ringwelt

Titel: Ringwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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entgegenflatterte. Mit beiden Armen links und rechts am Gestänge verankert, ritt er jetzt auf seinem Rad wieder dem Abgrund zu. Er pendelte hin und her wie eine Gallionsfigur in den Brechern bei Windstärke zehn.
    Louis' Magen explodierte. Er spuckte sein Essen über das Gestänge und seinen Ärmel aus. Doch er lockerte seinen Griff nicht um einen Millimeter.
    Dann holte er noch einmal mit den Knien Schwung. Das Flugrad ging mit, stellte sich hoch, kippte und schwang jetzt wieder im unsichtbaren Spinnennetz aus - diesmal mit dem Sattel nach oben. Louis hielt die Luft an, wartete, balancierte, glich aus.
    Endlich lag das Ding ruhig. Er spähte vorsichtig nach oben.
    Eine Frau beobachtete ihn.
    Sie schien vollkommen kahlköpfig zu sein. Ihr Gesicht erinnerte Louis an das Drahtporträt in dem Haus des Himmels. Das galt für ihre Gesichtsform und ihren Gesichtsausdruck. Sie verhielt sich so still und bewegungslos wie eine Göttin oder wie eine tote Frau. Am liebsten hätte sich Louis vor ihrem Blick versteckt.
    »Dolmetscher, wir werden beobachtet«, sagte er, anstatt sich zu verstecken. »Gib die Meldung an Nessus weiter.«
    »Einen Moment, Louis. Ich bin noch nicht ganz bei der Sache. Ich habe deine Kletterpartie beobachtet .«
    »Okay. Sie ist kahlköpfig bis auf einen dünnen Haarkranz über den Ohren, der um die Schädelbasis herumführt. Die Haarsträhnen hängen ihr bis zu den Schultern herab.«
    In Wirklichkeit fiel ihr das Haar voll über die eine Schulter, während sie sich vorbeugte. Ihre Schädelform war edel, und das Gesicht von geradezu klassischer Schönheit, wenn sie ihn auch mit ihren Blicken durchbohrte wie eine Martini-Olive. »Ich glaube, sie gehört zu der Rasse der Baumeister. Zumindest scheint sie in der Kultur dieser Leute aufgewachsen zu sein. Hast du mich verstanden?«
    »Ja. Wo hast du denn das Klettern gelernt, Louis? Was bist du nur für ein Mensch!«
    Louis hielt sich krampfhaft an seinem Flugrad fest und lachte. »Du bist ein Kdaptist«, sagte er, »gib es zu!«
    »Ich wurde in diesen Glauben erzogen, aber er hat mich nicht überzeugt.«
    »Natürlich hat er dich nicht überzeugt. Hast du Nessus sprechen können?«
    »Ja. Ich habe die Sirene benutzt.«
    »Dann gib ihm folgende Fakten durch. Die Dame ist ungefähr sechs Meter von mir entfernt. Sie beobachtet mich wie eine giftige Schlange. Sie mag mich also nicht besonders. Trotzdem interessiert sie sich nur für mich. Sie klappert zwar manchmal mit den Augendeckeln, aber - sie wendet keine Sekunde den Blick von mir ab.
    Sie sitzt in einer Art Kabine. Früher müssen die Wände der Kabine mal aus Glas gewesen sein. Doch das Glas ist längst kaputtgegangen oder herausgenommen worden. Die Kabine besteht nur noch aus ein paar Stufen und einer Plattform. Die Dame läßt die Beine über die Plattform herabhängen. Wahrscheinlich macht es ihr Spaß, ihre Gefangenen zu beobachten.
    Sie trägt eine Art Kombination, die ihr bis zu den Knien und Ellenbogen reicht. Das Material bauscht sich über ihrem Bu .« Ach, zum Teufel, so etwas interessierte doch eine fremde Rasse nicht! Hauptsache, das Material war fest. Aus Kunststoff wahrscheinlich.
    »Sie hat ...« Wieder unterbrach sich Louis Wu. Das Mädchen hatte nämlich etwas gesagt.
    Er wartete. Das Mädchen wiederholte den Satz. Es war nur ein kurzer Satz. Trotzdem verstand Louis natürlich kein Wort davon.
    Dann stand das Mädchen auf und stieg anmutig die Treppe hinauf.
    »Sie ist weggegangen«, berichtete Louis. »Wahrscheinlich bin ich ihr zu langweilig!«
    »Vielleicht ging sie zurück auf ihre Horchstation?« fauchte der Kzin.
    »Mag sein.«
    »Nessus läßt dir sagen, du sollst deine Laserlampe auf Beleuchtung einstellen und sie einschalten, wenn das Mädchen zurückkommt! Ich muß die Slaver-Flinte vor ihr verstecken. Sie dreht bestimmt das Magnetfeld ab und läßt uns abstürzen, wenn sie sieht, daß wir bewaffnet sind!«
    »Wie kommen wir dann aus dieser Falle heraus?« stöhnte Louis.
    »Abwarten! Nessus sagt, er will einen anderen Trick ausprobieren. Er kommt auf jeden Fall hierher.«
    Louis legte die Wange auf das Metallgestänge. Seine Erleichterung war so groß, daß er die Entscheidung des Puppetiers gar nicht erst in Zweifel zog.
    »Louis, soll ich ihm das ausreden? Wir sitzen doch dann alle drei in der Falle!«
    »Laß mich mal ein bißchen verschnaufen«, murmelte Louis. »Nessus weiß schon, was er tut.« Er konnte sich auf die Feigheit des Puppetiers ganz bestimmt

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