Ringwelt
Geschwindigkeit ein -und da sind wir nun!«
Der Held lehnte lässig an der Wand des Schlafzimmers und betrachtete den Kzin mit einem leicht angedeuteten Lächeln. Der Dolmetscher hielt dem Blick des Helden stand. Louis hatte den Eindruck, die beiden überlegten sich, wer in einem Duell wohl Sieger bleiben würde.
Prill blickte aus dem Erkerfenster. Sie erschauerte, als der Sturm an dem Gebäude rüttelte. Auch Teela runzelte die Brauen. »Ich hoffe, das Haus ist auch massiv genug gebaut«, sagte sie.
Louis sah sie betroffen an. Wie sehr hatte Teela sich verändert!
Doch keiner außer ihr hatte die Gefahr dieses Orkans am eigenen Leib spüren müssen .
»Ich brauche deine Hilfe«, fuhr Teela leise fort. »Ich möchte Sucher für mich haben - verstehst du?«
»Ja.«
»Er begehrt mich ebenfalls. Aber er hat einen unbegreiflichen sturen Ehrenstandpunkt. Als ich ihm von dir erzählte, Louis - das war auf dem Weg zum Altar der Göttin unter dem Polizeigebäude -, wurde er plötzlich ganz komisch. Er schlief nicht mehr mit mir. Er denkt, ich bin dein Besitz, Louis.«
»Meine Sklavin?«
»Ja. Vielleicht sind die Frauen hier das Eigentum der Männer. Du sagst ihm doch, daß ich dir nicht gehöre, nicht wahr, Louis?«
Louis spürte ein schmerzhaftes Würgen im Hals. »Vielleicht erspare ich uns eine Menge Erklärungen«, sagte er heiser, »wenn ich dich einfach an ihn verkaufe. Wäre das eine akzeptable Lösung für dich?«
»Ja, das wäre das Richtige. Ich möchte mit ihm um die Ringwelt herumwandern. Ich liebe ihn, Louis!«
»Natürlich, mein Kleines. Ihr beide seid füreinander erschaffen worden«, murmelte Louis Wu. »Das Schicksal hatte beschlossen, daß ihr beide euch begegnen sollt. Die Billionen Ehepaare, die das gleiche Schicksal erfahren haben, wußten ganz genau .«
Sie sah ihn schräg an. »Louis, du bist doch nicht etwa . sarkastisch, oder?«
»Vor einem Monat konntest du Sarkasmus noch nicht von einem Glastransistor unterscheiden, Teela. Nein - so unheimlich das klingt -, ich bin nicht sarkastisch. Die Billionen Ehepaare spielen gar keine Rolle, weil sie ja nicht als Versuchstiere aus Nessus' Geburtslotterie-Retorte stammen.«
Sie starrten ihn jetzt alle an. Doch Louis hatte nur Augen für Teela.
»Wir mußten auf der Ringwelt notlanden«, sagte Louis ernst, »weil die Ringwelt für dich die ideale Umgebung ist. Wahrscheinlich mußtest du Dinge lernen, die du nicht auf der Erde lernen kannst. Vielleicht gab es auch noch andere Gründe - ein besseres Verjüngungsmittel zum Beispiel und mehr Luft und Raum zum Atmen. Aber der Hauptgrund deines Hierseins ist deine Lehrzeit.«
»Was soll ich denn hier lernen?«
»Den Schmerz, die Angst, den Verlust. Du bist schon eine ganz andere Frau geworden, seit wir hier gelandet sind. Früher warst du eine Art von -Abstraktion. Eine Legende, ein Kunstprodukt.« Sie sah ihn nur stumm an.
»Wir mußten notlanden, um dich hier abzusetzen, Teela. Wir flogen ein paar hunderttausend Meilen, um dich mit >Sucher< zusammenzubringen. Dein Flugrad verunglückte genau an der Stelle, wo er dich finden sollte. Weil Sucher der Mann ist, den zu lieben du geboren bist, Teela.«
Teela lächelte bei diesem Satz, doch Louis' Gesicht wurde ganz ernst. »Dein Glück verlangte eine Schonfrist, in der du ihn kennenlernen solltest. Deshalb mußten der Kzin und ich mit dem Kopf nach unten über einem dreißig Meter tiefen Abgrund hängen .«
»Louis!«
». zwanzig Stunden lang. Aber es kommt noch schlimmer.«
»Das kommt auf den Standpunkt an«, fauchte der Dolmetscher erbost.
»Du hast dich in mich verliebt«, fuhr Louis ungerührt fort, »weil du einen Grund brauchtest, um dich unserer Expedition zur Ringwelt anzuschließen. Du liebst mich nicht mehr, weil du mich nicht mehr zu lieben brauchst. Du bist ja jetzt hier. Und ich liebte dich aus dem Grund, weil das Glück für Teela Brown mich als Marionette ausgesucht hat.«
»Louis!«
»Doch die eigentliche Marionette bist du, Teela. Du wirst nach den Flötentönen deines Glückes bis zu deinem Lebensende tanzen, mein Kleines. Nur ein Wesen, das über uns allen steht, wird wissen, ob du einen freien Willen besitzt. Du wirst es schwer haben, ihn durchzusetzen.«
Teela war sehr bleich geworden, und ihre Schultern waren sehr straff und gerade. Daß sie nicht weinte, verdankte sie einer bemerkenswerten Selbstbeherrschung. Bemerkenswert deshalb, weil sie bisher nie Selbstbeherrschung bewiesen hatte.
Der Mann, der sich Sucher nannte,
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