Ringwelt
Louis mitleidig.
»Mir war das egal«, murmelte Teela. »Ich wollte nur jemand sagen, daß ich mir ganz verlassen vorkam. Doch es war niemand da, dem ich mich anvertrauen konnte. So setzte ich mich auf eine Steinbank und weinte. Stundenlang weinte ich vor mich hin. Ich hatte Angst, wegzugehen, denn ich wußte ja, daß du mich suchen würdest, Louis. Und dann kam - er.«
Teela deutete mit dem Kopf auf ihren Begleiter.
»Er war natürlich ganz verwirrt, mich auf einer Steinbank sitzen zu sehen. Er fragte mich etwas, das ich nicht verstehen konnte. Und er versuchte, mich zu trösten.«
Louis nickte stumm. Teela würde Hilfe oder Trost bei jedem Fremden suchen, der ihr über den Weg lief. Und ihr Glück sorgte schon dafür, daß sie so etwas auch tun konnte.
Ihr Begleiter war ein ungewöhnlicher Mann.
Er war ein »Held!«. Das sah man sofort. Er mußte sich nicht erst einem feuerspeienden Drachen zum Duell stellen. Man brauchte nur seine Muskeln zu betrachten, seine breiten Schultern und das lange schwarze Schwert. Das kühne Gesicht war dem Porträt im Turm des Himmels verblüffend ähnlich.
Der Held war glatt rasiert. Nein, das war unwahrscheinlich.
Er mußte tatsächlich aus dem Geschlecht der Baumeister stammen. Offenbar war er ein Halbblut. Sein Haar war lang, und seine Augenbrauen kühn gewölbt. Um die Hüften trug er einen Lendenschurz, der aus einem Tierfell angefertigt war.
»Er gab mir zu essen«, fuhr Teela fort, »und nahm mich in Schutz. Vier Männer versuchten mich gestern zu rauben. Er vertrieb sie alle - nur mit seinem Schwert! Und er hat in wenigen Tagen ganz gut Interworld gelernt.«
»Hat er das?« meinte Louis skeptisch.
»Er beherrscht viele Sprachen! Er ist ein Sprachtalent!«
»Kein sehr netter Seitenhieb von dir«, meinte Louis grollend.
»Wie bitte?«
»Ach, vergiß es. Und wie ging es weiter?«
»Er ist alt, Louis. Er hat eine große Dosis von einem Verjüngungsmittel eingenommen. Aber das ist schon lange her. Er behauptet, er hätte das Mittel von einem bösen Zauberer bekommen. Er ist so alt, daß sich seine Großeltern noch an den Fall der Städte erinnern konnten.«
»Soso!«
»Weißt du, was für eine Tätigkeit er ausübt?« Teelas Lächeln wurde geheimnisvoll und schalkhaft zugleich. »Er ist ausgezogen, um etwas zu suchen. Vor langer, langer Zeit hat er einen Eid abgelegt, daß er den Pfeiler des Himmelsbogens suchen würde. Das ist sein Beruf. Er sucht den Pfeiler schon ein paar hundert Jahre lang.«
Sie lächelte. Er hatte Teela schon oft mit glänzenden Augen gesehen. Doch diesmal spiegelte sich mehr darin als Lebensfreude. Louis las Liebe und Zärtlichkeit darin.
»Du bist deswegen stolz auf ihn? Du kleiner Dummkopf! Weißt du denn nicht, daß es gar keinen Himmelsbogen gibt?«
»Ich weiß es, Louis.«
»Warum sagst du es ihm dann nicht?«
»Wenn du es ihm sagst, werde ich dich hassen, Louis. Er hat so viele Jahre seines Lebens für diesen Wunschtraum geopfert. Und er tut viel Gutes auf seiner Wanderung. Er beherrscht ein paar handwerkliche Fertigkeiten und bringt sie anderen bei, während er über die Ringwelt zieht.«
»Was kann er anderen schon vermitteln! Er ist gewiß nicht sehr gebildet.«
»Nein, das ist er nicht.« So wie sie das sagte, spielte es für sie auch keine Rolle. »Aber wenn ich ihn begleite, kann ich vielen Menschen viele Kenntnisse vermitteln.«
»Ich wußte ja, daß so etwas kommen mußte«, stöhnte Louis.
Wußte sie, daß sie ihm weh tat?
Sie blickte ihn nicht an.
»Wir haben zwei Tage lang auf dem Platz gewartet, ehe ich begriff, daß du meinem Flugzeug gefolgt bist - nicht mir. Er erzählte mir von dieser Göttin im fliegenden Turm, die Flugzeuge in ihre Netze lockt. Wir zogen deshalb zu ihrem Altar unter ihrem Göttersitz. Und dann fiel das Gebäude plötzlich auseinander. Sucher meinte ...«
»Wer?«
»Sucher! So nennt er sich, weil er den Himmelsbogen sucht. Nun, er probierte die Motoren in den alten Flugzeugen aus. Er sagte, daß die Fahrer immer ihre Motoren abschalteten, wenn sie von dem Polizeinetz eingefangen wurden, damit ihre elektrischen Anlagen nicht durchbrannten.«
Louis, der Dolmetscher und Nessus sahen sich gegenseitig stumm an. Mindestens die Hälfte der »Wracks« mußte also noch funktionstüchtig gewesen sein.
»Wir fanden auch ein Flugzeug, das noch funktionierte. Wir flogen hinter euch her, müssen euch aber in der Dunkelheit verfehlt haben. Zum Glück fing uns euer Polizeinetz wegen überhöhter
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