Ringwelt
Wissenschaft belehrte uns, daß so etwas nicht möglich ist.«
»Vielleicht hat unsere Wissenschaft bessere Theorien entwickelt, Prill.«
Sie erschrak. Louis erkannte das an ihrem unwillkürlichen Muskelspiel.
»Die Langeweile kann tödlich werden, wenn ein Raumschiff Jahre dazu braucht, von einer Welt zur anderen zu reisen. Deswegen waren Unterhaltung und Erholung auf einem Raumschiff auch so wichtig. Eine Matrosenhure muß viele Künste und Disziplinen beherrschen. Sie kommt nicht ohne medizinische Kenntnisse des Leibes und der Seele aus. Selbstverständlich beherrscht sie die Kunst der Liebe und die Kunst der Konversation. Auch eine technische Ausbildung gehört dazu, damit sie aus Versehen nicht wichtige Schiffseinrichtungen beschädigt. Matrosenhuren müssen gesund sein, und nach den Vorschriften unserer Zunft muß jede Hetäre ein oder mehrere Musikinstrumente beherrschen.«
Louis schaute das Mädchen verblüfft an. Pril lachte und berührte ihn hier und dort .
Die Sendegeräte arbeiteten tadellos. So gewöhnte sich jetzt auch Louis daran, den Hintersten zu spielen, indem er die vielen Anliegen und Fragen der Gläubigen beantwortete, und dem Kzin die passenden »Offenbarungen« mit Hilfe eines kleinen Lautsprechers ins Ohr flüsterte. Wenn sich mal ein Fehler einschlich, war das nicht so schlimm. Der fliegende Wolkenkratzer reiste immer noch schneller als die Nachrichten auf der Ringwelt.
Monate vergingen.
Das Land stieg stetig an, wurde immer kahler und unfruchtbarer. Die Faust Gottes wuchs ihnen entgegen. Der Flug und das Leben an Bord wurden zur Routine. So brauchte Louis einige Zeit, bis er begriff, wie es um ihn stand.
»Kleine, elektrische Stromstöße wirken auf das Schmerz- und Lustzentrum des Gehirns ein«, sagte er eines Tages zu Prill. »Jetzt weißt du, wie der Tasp arbeitet.«
Prill sah ihn groß an. »Warum erklärst du mir das? Und warum machst du so ein komisches Gesicht?«
»Wir verlassen die Zivilisation. Wir werden nur noch wenige Dörfer auf unserem Weg antreffen. Du solltest über den Tasp Bescheid wissen, ehe du deine Entscheidung triffst.«
»Entscheidung?«
»Sollen wir dich im nächsten Dorf absetzen? Oder willst du lieber bis zur Liar mitfliegen und dann mit diesem Wolkenkratzer in die Zivilisation zurückkehren?«
»Ihr habt doch Platz für mich auf der Liar, nicht wahr?«
»Sicher. Aber wir ...«
»Ich habe die Wilden hier satt. Ich möchte zu euch, in das Universum der Menschheit.«
»Hm - vielleicht gefällt dir manches bei uns gar nicht. Zum Beispiel lassen die Menschen bei uns die Haare so wachsen, wie ich sie trage. Du brauchst also eine Perücke.«
Prill zog eine Grimasse. »Nun, ich werde mich schon anpassen können.«
Dann lachte sie laut. »Willst du etwa allein nach Hause reisen - ohne mich? Der Große mit dem orangefarbenen Pelz kann dir doch keine Frau ersetzen, oder?«
»Dieses Argument habe ich schon einmal gehört!«
»Ich kann auch deiner Welt etwas bieten, Louis. Ihr wißt nämlich noch sehr wenig über das Liebesleben Bescheid.«
Gegen diese Behauptung wagte Louis keinen Widerspruch.
24. Die Faust Gottes
Das Land wurde dürr und die Atemluft dünn. Es gab keine frischen Früchte mehr, und der Fleischvorrat schmolz zusammen. Das war die wüste Bergflanke, deren Gipfel die Faust Gottes darstellte. Und diese Wüste war nach Louis' Schätzung größer als die Oberfläche der Erde.
Der Kzin betrachtete den Himmel durch das große Fenster über der Brücke. »Louis, kannst du von hier aus den galaktischen Kern orten?«
»Weshalb? Wir wissen doch, wo wir sind.«
»Tu es trotzdem.«
Louis hatte nur andeutungsweise ein paar Sterne identifiziert, hatte in den Monaten, die sie unter diesem Himmel lebten, ein paar verzerrte Konstellationen zu enträtseln versucht. »Dort, denke ich. Hinter dem Bogen der Ringwelt.«
»Richtig. Der galaktische Kern liegt in der gleichen Ebene mit der Ringwelt.«
»Das sagte ich doch.«
»Denke daran, daß das Material, aus dem das Fundament der Ringwelt besteht, Neutrinos auffängt, Louis. Vermutlich wird es auch noch andere subatomare Partikel einfangen.« Der Kzin verfolgte irgendeinen wichtigen Gedanken.
». Ja, jetzt habe ich es! Die Ringwelt ist immun gegen die Explosion des galaktischen Kerns! Wann ist dir diese Erleuchtung gekommen?«
»Eben erst. Ich hatte mir die Lage des galaktischen Kerns ausgerechnet.«
»Aber sie wird nicht ganz von der Strahlung verschont bleiben. Besonders am Rand des Ringes wird
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