Ringwelt
zu einem Punkt, der sich in Dunst auflöste.
Prill saß stumm neben dem Puppetier. Sie konnte ihm nicht helfen, aber sie konnte sich auch nicht von ihm losreißen. Louis spürte, wie sehr sie litt.
»Wir müssen etwas für sie tun«, sagte Louis zu dem Dolmetscher auf der Brücke. »Nessus hatte sie an den Tasp gewöhnt. Der Tasp ist weg, und nun leidet sie schrecklich unter den Entwöhnungssymptomen. Wenn sie sich nicht selbst umbringt, wird sie vielleicht Nessus oder mich töten.«
»Louis, du erwartest doch hoffentlich keinen Rat von mir«, fauchte der Kzin.
»Du hast recht. Ich wollte mich nur mit jemand aussprechen.«
Geteilter Schmerz ist halber Schmerz. Dazu braucht man die Gabe, gut zuhören zu können. Louis versuchte, zuzuhören; aber ihm fehlten einfach die Sprachkenntnisse. Außerdem wollte Prill sich ihm nicht anvertrauen. Louis knirschte mit den Zähnen. Prill wich nicht von der Brücke. Sie war gleichsam ein lebendiges schlechtes Gewissen. Er bemühte sich jetzt ernsthaft darum, ihre Sprache zu lernen.
Louis erzählte Prill von Teela, von Nessus und ihren kläglichen Versuchen, Gott zu spielen.
»Auch ich glaubte, ich sei so etwas wie ein Gott«, beichtete Prill. »Wie kam ich nur auf diese Idee? Ich habe den Ring nicht gebaut. Die Ringwelt ist viel, viel älter als ich.«
Prill lernte jetzt auch Louis' Sprache. Sie verständigte sich mit ihm in kurzen Sätzen und einfachen Begriffen.
»Jeder möchte gern einmal Gott spielen«, sagte Louis. Jeder möchte Macht ausüben, ohne Verantwortung zu übernehmen. Das konnte er Prill nicht sagen. Dazu fehlten ihm die Worte.
»Dann kam er zu mir. Der Zweiköpfige. Und er hatte die Maschine, nicht wahr?«
»Die Tasp-Maschine. Die Wollustgeißel.«
»Tasp«, sagte sie nachdenklich. »Diese Maschine machte ihn zum Gott. Er hat diese Maschine verloren und damit auch seine Macht. Ist der Zweiköpfige tot?«
»Das ist schwer zu sagen. Er hält es für eine Dummheit, wenn man sterben muß.«
»Dummheit, wenn man den Kopf verliert«, sagte Prill lächelnd.
Sie interessierte sich jetzt auch wieder für andere Dinge - für den Sex, für die Landschaft der Ringwelt und für Sprachstunden. Und als die Lebensmittel knapp wurden, war auch der Bann gebrochen, den Nessus mit dem Tasp ausgeübt hatte.
Der Kzin und Prill versuchten sich im nächsten Eingeborenendorf als Götterpaar. Das funktionierte recht gut. Das Fell des Tigerwesens war jetzt wieder dicht und lang, so daß Kzin als »Kriegsgott« großen Eindruck machte. Dieses Götterspiel war notwendig, damit sie etwas zu essen hatten.
Und die Spenden flossen reichlich. Trotzdem war der Kzin mit seinem Erfolg nicht ganz zufrieden. »Es stört mich, wenn ich nur ein unvollkommener Gott bin, Louis«, klagte der Kzin.
»Sie opfern dir doch alle!«
»Aber sie fragen mich auch um Rat, Louis! Die Frauen wenden sich immer an Prill, und meistens verstehe ich kein Wort davon, was da gesprochen wird. Eigentlich sollten die Männer sich ebenfalls an Prill halten, denn sie ist ja schließlich ein menschliches Wesen. Aber die Männer fragen mich , Louis! Warum möchten sie Auskunft von einem fremden Wesen, wenn es um menschliche Probleme geht, Louis?«
»Du bist ein Mann, und ein Gott ist nur ein Symbol, auch wenn das Symbol lebendig wird. Du bist also ein lebendiges männliches Symbol.«
»Lächerlich, Louis! Ich habe nicht mal äußerliche Geschlechtsmerkmale, wie das bei dir der Fall ist.«
»Du bist groß, stark und siehst gefährlich aus, Dolmetscher. Das macht dich automatisch zu einem Symbol der Männlichkeit. Wenn du auf diesen Aspekt verzichten willst, verlierst du deine göttliche Würde.«
»Gut. Dann brauche ich eine Mikrophonanlage, damit du mit Rede und Antwort einspringen kannst, wenn ich in Verlegenheit komme, Louis.«
Prill zeigte Louis im Lagerraum ein paar elektronische Geräte, die früher von der Verkehrspolizei verwendet worden waren. Die Geräte waren mit Batterien bestückt. Es gelang ihnen zwei Gerätesätze wieder betriebsklar zu machen.
»Du bist viel klüger, als ich dachte«, sagte Louis voll Anerkennung zu Prill, als sie sich abends zur Ruhe legten.
»Viel gebildeter, als man das von einer Matrosenhure erwarten konnte.«
Prill lachte. »Du törichtes Kind! Hast du mir nicht selbst erzählt, daß eure Schiffe sehr schnell fliegen?«
»Richtig. Sie fliegen schneller als das Licht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nun übertreibst du mal wieder«, sagte sie lachend. »Unsere
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