Ringwelt
haben.«
»Sicher. Dann könnten Sie wenigstens die Schuld auf andere abwälzen, nicht wahr, Dolmetscher?«
»Nein - ich hoffe nur, daß unser Kurs sich jetzt nicht mit der Ringwelt schneidet. Unsere Geschwindigkeit ist ziemlich hoch. Wir würden damit über das System hinausfliegen und die lokale Singularität überwinden. Dann könnten wir unseren Hyperantrieb zünden und zu der Flotte der Puppetiers zurückkehren. Das gelingt aber nur, wenn wir den Ring verfehlen.«
»Sie hatten es verdammt eilig, nicht wahr?« erwiderte Louis, der seine Verbitterung noch nicht überwunden hatte.
»Auf jeden Fall fliegen wir nicht in die Sonne. Die Laser hätten das Feuer nicht eröffnet, wenn unser Kurs nicht an der Sonne vorbeiführen würde.«
»Die Laser sind noch eingeschaltet«, mischte sich Teela in ihren Wortwechsel ein. »Ich kann zwar bereits die Sterne hinter den Dampfwolken erkennen, aber es schimmert immer noch violett auf. Das bedeutet, daß wir noch auf die Ringwelt zufliegen.«
»Das bedeutet es, wenn die Laser automatisch ausgelöst werden«, fluchte Louis.
»Werden wir den Aufprall überleben?« fragte Teela mit unschuldigem Augenaufschlag.
»Da mußt du Nessus fragen. Seine Leute haben ja die Liar gebaut. Schau mal zu, ob du ihn auseinanderrollen kannst!«
Teela schob ihre Hand unter das Netz und kraulte den Puppetier. Das hatte sie von Louis gelernt, der den Puppetier ja schon öfters aus seiner depressiven Phase herauslocken mußte.
»Sie sind ein kleiner Feigling«, tadelte sie den Puppetier. »Und dumm dazu! Nun fahren Sie schon Ihre Köpfe aus und schauen Sie mich an! Ihnen entgeht ja der ganze Trubel!«
Zwölf Stunden später befand sich Nessus immer noch im Zustand der Katatonie. Teela war den Tränen nahe. »Wenn ich ihm gut zurede, rollt er sich nur noch fester zusammen.«
»Du erzählst ihm dauernd, daß er was versäumt! Nessus ist nicht erlebnishungrig. Laß ihn in Ruhe. Er wird sich schon melden, wenn wir ihn brauchen. Auf jeden Fall rollt er sich auf, wenn er sein Leben verteidigen muß. Inzwischen soll er meinetwegen seinen Bauchnabel bespiegeln.«
Teela drehte sich unschlüssig um. »Hast du auch Angst?«
»Ja.«
»Ich dachte es mir.« Sie ging in der Kabine auf und ab. »Warum hat dann der Kzin keine Angst?«
»Ich glaube, er leidet sogar unter panischer Angst. Erinnerst du dich noch, wie er agierte, als er die Welt der Puppetiers zum erstenmal sah? Er hat Angst, aber er will sich das auf gar keinen Fall anmerken lassen. Nicht, wenn Nessus dabei ist.«
»Das begreife ich nicht!« Teela schüttelte den Kopf. »Warum hat jeder von euch Angst? Und warum habe ich keine?«
Liebe und Mitleid stritten sich in Louis. Er versuchte, ihr das zu erklären: »Du bist ein Glückskind, verstehst du? Deshalb hat das Schicksal dich immer verschont. Aber wir fürchten das Schicksal. Das kannst du einfach nicht begreifen, weil du nicht weißt, was das ist - Schmerz, Schicksalsschläge.«
»Das ist verrückt! Ich habe doch PSI-Kräfte!«
»Nein. Glück hat mit PSI nichts zu tun. Glück ist eine statistische Größe, und du bist ein mathematischer Glückspilz. Aus dreiundvierzig Milliarden menschlicher Lebewesen war es ja schließlich keine Kunst, einen Glückspilz herauszufischen. Nessus suchte ganz methodisch danach, indem er die Nachkommen von Leuten durch einen Computer aussieben ließ, die in der Geburtsprämienlotterie gewonnen hatten. Das trifft für dich bereits in der dritten Generation zu. Und wenn Nessus in der dritten Generation von beständigen Glückspilzen nichts Passendes gefunden hätte, hätte er die Glückspilze in der zweiten Generation durchgekämmt. Zehn Millionen gibt es mindestens davon .«
»Oh - was suchte er denn nun wirklich?«
»Dich. Denn von den Tausenden, die in Frage kamen, hat er alle diejenigen eliminiert, die trotzdem irgendwann mal Pech im Leben hatten -einen gebrochenen Finger, eine Niete beim Rummel, einen verlorenen Prozeß. Du warst das Mädchen, das immer Glück gehabt hat. Bei dir fiel der Toast nie auf die mit Butter bestrichene Seite.«
»Ich mag keinen Toast.«
»Das war ja auch nur im übertragenen Sinn gemeint!«
»Wenn man es genau betrachtet, behauptetest du, daß ich für Nessus ein Fetisch bin. Ein Monstrum. Ein Amulett, das Glück bringen soll.«
»Das bist du eben nicht! Nessus glaubt nur, er habe mit dir eine neues Prinzip entdeckt. Was er wirklich entdeckt hat, ist ein Mädchen, das den Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung
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