Ringwelt
konnte man nur ahnen. Er sah nur den oberen Rand des Walles, und als Louis länger hinüberstarrte, verschwand auch er. Vielleicht hatte sich dort auch nur ein Gebirge am Nachthimmel abgezeichnet.
Auf der anderen Seite, auf Steuerbord, zeigte sich die gleiche schwarzblaue Linie. Nun - beide Ringhälften waren ja identisch, schienen auch gleichweit entfernt zu sein. Das bedeutete also, daß die Liar ungefähr auf der Mittelachse zwischen den beiden Ringwallhälften aufgeprallt sein mußte. Das bedeutete weiterhin, daß beide Mauerkronen eine halbe Million Meilen von ihnen entfernt waren.
Louis schluckte. »Dolmetscher, was halten Sie davon?«
»Ich meine, daß der Wall auf Backbord ein wenig höher ist!«
»Okay.« Louis drehte den Knüppel nach links. Die anderen Flugräder folgten automatisch.
Louis schaltete wieder den Monitor auf das Flugrad von Nessus ein. Der Puppetier klammerte sich mit allen drei Beinen auf seinem Sattel fest. Seine Köpfe hatte er unter dem Sattel in seiner Mähne versteckt. Er flog blind durch die Nacht.
»Sind Sie sicher, Dolmetscher?« fragte Teela.
»Natürlich«, erwiderte der Kzin. »Die Wand auf Backbord ist sichtbar höher!«
Louis mußte im stillen lächeln. Er war zwar nie militärisch ausgebildet worden, hatte aber trotzdem Kriegserfahrung. Vor vielen Jahren hatte ihn eine Revolution auf »Wunderland« überrascht. Drei Monate lang hatte er dort als Partisan gekämpft, ehe ihn ein Schiff aufnahm und zur Erde zurückbrachte.
Es gehörte zu den Eigenschaften eines guten Offiziers, daß er rasch Entscheidungen traf. Wenn die Entscheidung auch noch richtig war, um so besser für die Befehlsempfänger .
Die Rinne im Lavagraben blieb zurück, legte sich als silbernes Band quer zu ihrem Kurs. Der Ringbogen über ihnen leuchtete viel heller als der Mond auf der Erde. Aber Mondlicht reicht in der Regel nicht aus, das Land so hell zu erleuchten, daß man Einzelheiten vom Flugzeug aus erkennen kann.
Die Lufträder beschleunigten stetig. Knapp unter der Schallgrenze schlug ein sausendes Geräusch durch, wurde zu einem Brausen und erstarb dann plötzlich wieder. Die Schalltasche legte sich jetzt keilförmig um das Flugrad, und wieder herrschte absolute Stille.
Kurz darauf erreichte die Formation ihre Reisegeschwindigkeit. Louis machte es sich auf seinem Sattel bequem. Wahrscheinlich mußte er einen ganzen Monat in diesem Ding verbringen. Louis tat gut daran, sich rechtzeitig dieser Lage anzupassen.
Er probierte die Systeme durch und versuchte, seine Hand in die Schalltasche hineinzuschieben. Diese »Tasche« war ein Kraftfeld, ein Netzwerk aus Kraftvektoren, das die Luftströmung um den Raum herumleiten sollte, in dem das Luftrad schwebte. Sie fühlte sich an wie ein extrem steifer Wind, der von allen Seiten auf das Luftfahrzeug zuströmte. Das Flugzeug befand sich in einer Schuzthülle aus Windströmungen.
Diese Hülle war offenbar idiotensicher.
Er probierte das aus, indem er ein Taschentuch fallen ließ. Das Tuch blieb vibrierend in der Lufttasche hängen. Louis wollte jede Wette eingehen, daß er bei einem Sturz vom Sattel in dieser Lufttasche aufgefangen wurde und in aller Ruhe in sein Flugzeug zurückklettern konnte.
Allerdings war es gar nicht so einfach, aus dem Sattel zu fallen.
Typisch, dachte Louis. Auf so etwas konnten nur die Puppetiers kommen.
Aus der Trinkanlage kam destilliertes Wasser. Die Küchenautomatik lieferte ihm rötlich-braune gepreßte Fladen. Sechsmal hintereinander wählte er eine Nahrungskombination. Sechsmal wurde ihm eine andere Speise vorgesetzt. Alle schmeckten hervorragend. Wenigstens die Mahlzeiten würden ihm etwas Abwechslung bieten.
Aber wenn sie die Automatik nicht unterwegs mit frischen Pflanzen und Wasser auftankten, würde ihm bald die Nahrung ausgehen.
Nessus regte sich auf dem Schirm der Konferenzschaltung. Zuerst schob sich ein Kopf über den Rand des Sattels, dann kam auch der zweite zum Vorschein. Er bediente mit dem Mund einen Schalter und flötete dann: »Louis, können wir uns mal unter vier Augen unterhalten?«
Der Kzin und Teela dösten auf ihren Miniaturschirmen vor sich hin. Louis koppelte sie aus dem System und sagte: »Immer zu.«
»Was ist inzwischen geschehen?«
»Haben Sie nicht mitgehört?«
»Meine Ohren befinden sich in meinen Köpfen. Mein Gehör war blockiert.«
»Wie fühlen Sie sich jetzt?«
»Vielleicht verfalle ich wieder in Katatonie. Ich bin sehr einsam, Louis.«
»Mir geht es nicht viel besser. Nun
Weitere Kostenlose Bücher